In Bremen hasst ein Ex-Rapper ab, in Augsburg lässt man einfach mal den FC Chelsea zappeln – die Saisonvorschau.
Das ist neu: Und, zack, gehört der FC Augsburg plötzlich zu den Big Playern auf Europas Fußball-Bühne! Zumindest, was das Selbstverständnis angeht. Oder hätte man in Augsburg vor zwei Jahren noch das coole Pokerface aufgesetzt, wenn der FC Chelsea (!) 25 Millionen Euro (!) für Linksverteidiger Abdul Rahman Baba (!) geboten hätte? Vermutlich nicht. Eher wahrscheinlich: die Augsburger hätten den Mann im Schlaf geweckt, ihm im Auto zum Flughafen die Zähne geputzt und dann mit einer eilig gecharterten Maschine eigenhändig an die Stamford Bridge gekarrt. Nun aber ist alles anders: der Tabellenfünfte der Vorsaison geht sogar das Risiko ein und lässt Baba im DFB-Pokal gegen Elversberg spielen. Ein dummes Foul der Elversberger und Chelsea überlegt sich das mit den 25 Millionen sicherlich noch mal. Was also auf jeden Fall neu ist: Augsburg ist jetzt cool.
Das fehlt irgendwie: Flair. Mögen die Augsburger auch noch so eine überraschende Saison 2014/15 gespielt haben, mit noch so wenigen Mitteln den fünften Platz errungen haben, vielleicht sogar cool geworden sein – sexy ist der Klub trotzdem noch nicht. Dafür fehlen eine knuffiges Oldschool-Stadion (siehe Darmstadt), eine krasse Fanszene (siehe Frankfurt) oder viel Lärm um nichts (siehe Schalke). Stattdessen spielt der FCA in einem Zweckbau, hat einen zweckmäßigen Kader, einen zweckmäßigen Trainer und eine ganz anständige Fanszene. Das alles wiederum hat jedoch dazu geführt, dass der FCA inzwischen eine sehr starke Mannschaft zusammen hat. Vielleicht sollte man sich das mit dem Flair erst gar nicht auf die Fahnen schreiben. Cool ist man ja eh schon.
Aufreger der Sommerpause: Piotr Trochowski. Einst galt „Troche“ als kommender Superstar im deutschen Mittelfeld. Dann machte seine Karriere einen ersten Knick nach unten, der in Polen geborene Nationalspieler wechselte 2005 von Bayern München zum HSV. Weil man bei diesem Klub traditionell immer noch einen weiteren Knick nach unten in der Karriere macht (jedenfalls in den vergangenen 30 Jahren), ging Trochowski 2011 zum FC Sevilla. Dort hat er in vier Jahren 59 Spiele gemacht. Motto: so lala. Nun sollte es endlich wieder mal einen Knick nach oben gehen, der inzwischen 31-jährige Mittelfeldmann heuerte beim Euro-League-Teilnehmer Augsburg an, um dort mit seiner Erfahrung ein gutes Gegengewicht zu all den Europa-Rookies zu bilden. Das lief offenbar auch an ganz gut an, wenn man den ersten Berichten von Trochowskis Trainingseinheiten Glauben schenken mag. Nur: vor einer Woche riss sich der 35-malige Nationalspieler den Meniskus und wurde operiert. Aber immerhin kann der Mann wieder lachen. Wenn man unter lachen extrem gebeutelt in die Kamera schauen meint.
Wäre diese Mannschaft ein Youtube-Clip, dann dieser:
Verdammt cool, diese Augsburger. Irgendwie auch goldig. Nun gut, sonderlich sexy (noch) nicht. Haben sich aber ganz langsam in unsere Herzen gerasenmäht.
11FREUNDE-Orakel: In der Europa League schaffen es die Augsburger überraschend ins Halbfinale, was irgendwie schweinegeil wäre, weil dann doch jede Sau den FCA kennt. In der Bundesliga kann der Klub die Leistung aus dem Vorjahr nicht ganz wiederholen, erreicht aber einen starken einstelligen Tabellenplatz und hat eine gute Zeit. Was den abgewanderten Linksverteidiger Baba ärgern wird, der sich zwar auf der Ersatzbank vom FC Chelsea dumm und dämlich verdienen darf, dann aber doch feststellt, wie toll so ein Stammplatz bei einem ambitionierten Bundesliga-Team doch eigentlich ist. Schießt den FCA beinahe ins Euro-League-Finale: Piotr Trochowski.