In der israelischen Liga wird demnächst erstmalig eine Schiedsrichterin pfeifen. Das ist aber nicht die einzige Premiere. Sapir Berman wird auch die erste trans Frau in einer ersten Männerliga sein.
Lucy Clark ist Schiedsrichterin. Seit mehr als zwanzig Jahren pfeift sie in den unteren englischen Ligen. Davor spielte sie selbst, war Trainerin und entschloss sich dann, als Schiedsrichterin weiterzumachen. Bekannt wurde sie allerdings erst vor drei Jahren: Seit ihrem Coming-Out 2018 ist sie die erste bekannte trans Frau der Welt, die als Schiedsrichterin aktiv ist.
Auch Sapir Berman aus Israel ist Schiedsrichterin. Sie wird nun die erste trans Frau in einer ersten Liga sein, in der israelischen gab es vor ihr überhaupt noch keine Frau. Bisher leitete Berman Spiele in den beiden oberen Ligen des Landes unter ihrem biologischen Geschlecht als Mann. Am Dienstag verkündete sie auf einer Pressekonferenz im Ramat-Gan-Stadion, dem Sitz des israelischen Fußballverbandes IFA, dass sie ihre Transition starten möchte. Lange habe sie ihre weibliche Identität geheimgehalten, aus Angst, die Gesellschaft würde sie nicht akzeptieren. „Als Mann war ich erfolgreich. Aber wenn ich alleine war, war ich eine Frau.“ Letztlich entschied sie sich für den Schritt des Coming-Outs und nun auch für den Schritt in die Öffentlichkeit, um sie selbst sein zu können, für ihr eigenes Wohlbefinden, wie die 26-Jährige sagt. Auch wenn sie nicht wisse, wie lange ihre Transition andauern werde.
Israel ist bekannt für die Toleranz gegenüber queeren Personen, in Tel Aviv findet eine der größten Pride-Paraden der Welt statt. Was natürlich nicht heißt, dass es keine Kreise gäbe, in denen konservative Einstellungen vorherrschen. Das beeinflusste Bermans Entscheidung. „Dass Fußball so ein maskuliner Sport ist, hat meine Entscheidung ein bisschen verzögert. Ich wusste nicht, wie man mich akzeptieren würden, ich wusste nicht, ob man mich akzeptieren würden.“ Letzten Endes habe sie sich nicht weiter verstecken können. Und die Reaktionen sind größtenteils positiv.
„Ich erhalte viel Liebe in den Sozialen Medien, sei es von Menschen, die mir alles Gute wünschen, oder Menschen, die mich als Botschafterin sehen. Sie geben mir viel Kraft.“ Auch die IFA versicherte der Schiedsrichterin die volle Unterstützung. In Zukunft soll ihr zum Beispiel eine separate Umkleidekabine zur Verfügung gestellt werden. Ronit Tirosch, Chefin des nationalen Schiedsrichterverbandes, nannte Bermans Entscheidung einen „historischen Schritt“. Eins ihrer Ziele sei nun erreicht, eine Frau als Unparteiische in der ersten Liga tätig. Yariv Teper, Geschäftsführer des Verbandes, hatte sich hingegen zunächst Sorgen um Berman gemacht, Depressionen oder sogar Suizidgedanken befürchtet. Doch „sobald sie mir erzählte, was los war, war ich erleichtert und sagte ihr, wir würden sie auf ihrem Weg unterstützen.“ Mittlerweile befindet sich der israelische Verband in Gesprächen mit der UEFA und der FIFA, wie trans Schiedsrichter*innen begleitet werden können.
Berman gilt als vielversprechendes Talent im israelischen Schiedsrichterwesen. Seit zehn Jahren leitet sie bereits Spiele, 2019 ist sie in der ersten israelischen Liga angekommen. Sie träumt davon, internationale Spiele zu pfeifen. Auf die Frage, ob sie nun Angst vor Reaktionen auf ihre Transition habe, antwortete die Schiedsrichterin: „Ich bin in meinem Beruf Anfeindungen und sexistische Bemerkungen von Fans gewohnt.“
Nachdem sie in dieser Saison bereits drei Spiele in der ersten und elf in der zweiten Liga leitete, steht am Sonntag ihr Debüt als Frau an. In den Playoffs gegen den Abstieg treffen dann Hapoel Haifa und Beitar Jerusalem aufeinander. Lucy Clark, die britische trans Schiedsrichterin, meint: „Wenn sie ihren Namen auf dem Spielbericht sieht, wenn Sapir raus auf den Platz geht und der Stadionsprecher ankündigt, dass das heutige Spiel der Männer von ihr geleitet wird, wird sie brilliant sein.“