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Am Montag ver­starb Michael Robinson im Alter von nur 61 Jahren nach einer Krebs­er­kran­kung. Lest hier unser Por­trät über ihn aus 11FREUNDE #99.

Heute morgen um sieben betrach­tete sich Michael Robinson beim Zäh­ne­putzen im Bade­zim­mer­spiegel. Da kam ihm wieder einmal der Gedanke, dass auch für einen Mann von 51 Jahren das Leben nur dann so richtig schön ist, wenn er sich gele­gent­lich wie ein Kind benimmt. Also ging er zurück ins Schlaf­zimmer, die Lippen noch voller Zahn­pasta, und sagte zu seiner dösenden Frau: Chris, gib mir einen Kuss.“ Schon klar, die Aktion klinge ver­mut­lich ziem­lich blöd, sagt Robinson, seriöse Brille, artige Kra­watte, ein paar Stunden später beim Mit­tag­essen, aber ich mache noch immer solche Sachen“. Nicht immer hat ihm sein Humor wirk­lich Freude gebracht, er erin­nert sich da etwa an die Sil­ber­hoch­zeits­reise nach Venedig, als er im Hotel­zimmer am Boden lag und sich krampf­haft an einem Stuhl fest­hielt. Seine Frau lachte herz­haft, weil sie es wie immer bei ihm für einen Scherz hielt. Tat­säch­lich hatte Robinson einen Herz­in­farkt. Aber gut, sagt Michael Robinson, du musst immer über dich selbst lachen können“, dieses bri­ti­sche Grund­ge­setz habe er auch nach 23 Jahren in Spa­nien tief ver­in­ner­licht.

Seine klas­si­schen angel­säch­si­schen Werte wie spie­le­ri­scher Humor und leicht­fü­ßiges Under­state­ment tragen ihren Teil dazu bei, dass Michael Robinson die unge­wöhn­lichste Fuß­ball­kar­riere hin­ge­legt hat: Er kam 1987 als Liver­pooler Euro­pa­cup­sieger nach Spa­nien, um bei CA Osa­suna in der Pri­mera Divi­sión seiner Pro­fi­kar­riere ein paar nette, letzte Jahre abzu­ringen, und wurde der her­aus­ra­gende Fern­seh­jour­na­list des spa­ni­schen Sports. Jah­re­lang lei­tete und mode­rierte er die meist gese­hene Fuß­ball­sen­dung, El día des­pués“ (Der Tag danach), heute hat er auf dem Bezahl­sender Digital Plus eine eigene monat­liche Sen­dung, Informe Robinson“. Er ist Chef­re­dak­teur und Mode­rator, gele­gent­lich auch noch Dreh­buch­schreiber des Pro­gramms. Und als wäre dies für einen ehe­ma­ligen Pro­fi­stürmer nicht schon erstaun­lich genug, betreibt Michael Robinson in seiner Sen­dung mit ein­wand­freien Ein­schalt­quoten jenen Qua­li­täts­jour­na­lismus, von dem die gelernten Fern­seh­ma­cher in Deutsch­land und sonst wo immer sagen, er sei im Fern­sehen nicht mög­lich.

Pas­send zur Exzen­trik des Sport­jour­na­lismus

Es sind tief­ge­hende Hin­ter­grund­be­richte über beson­dere oder absei­tige Themen, von denen die Fern­seh­profis doch behaupten, die Leute schal­teten ab: Doping im ita­lie­ni­schen Fuß­ball, Schwan­ger­schaft im Pro­fi­sport oder das Por­trät eines Base­ball­spie­lers, der in einem Ver­kehrs­un­fall ein Bein verlor und mit Pro­these ein vor­züg­li­cher Golfer wurde. 2009 wurde Informe Robinson“ als bestes Infor­ma­ti­ons­pro­gramm mit dem Premio Ondas“ aus­ge­zeichnet, dem pres­ti­ge­träch­tigsten spa­ni­schen Fern­seh­preis. Dass der Mode­rator ein Spa­nisch mit schrei­endem eng­li­schen Akzent spricht, wird vom Publikum nur als wei­teres Merkmal für die Ein­zig­ar­tig­keit der Sen­dung geliebt. Dank seines unver­kenn­baren Spa­nisch durfte Robinson sogar in der spa­ni­schen Ver­sion des Kino­films Shrek“ die Stimme der häss­li­chen Stief­schwester Doris spre­chen, und als ich mal in den Urlaub nach Anda­lu­sien fuhr, sagte einer der Sen­der­bosse zu mir: Bitte nicht! Dein Spa­nisch wird sonst zu gut.‘ “

In wenigen Län­dern wäre es vor­stellbar, dass ein nicht so leicht zu ver­ste­hender Aus­länder der größte Fern­seh­star wird. In Spa­nien passt es zur Exzen­trik des Sport­jour­na­lismus. Hier schreiben die Sport­ta­ges­zei­tungen gna­denlos par­tei­isch ent­weder für Real Madrid oder den FC Bar­ce­lona, und im Radio singen die Fuß­ball­kom­men­ta­toren die Wer­be­spots selber. Vor allem jedoch sagt die Beliebt­heit Robin­sons etwas über die spa­ni­sche Groß­zü­gig­keit – macht doch nichts, wenn ein Fremder unsere Sprache nicht richtig beherrscht, wir spre­chen seine ja über­haupt nicht. Und ein biss­chen hat mein Erfolg wohl auch damit zu tun, dass Spa­nier die Zunei­gung von Aus­län­dern suchen, um sich selbst ihre Größe zu bestä­tigen“, denkt Robinson: Die Deut­schen kommen zu tau­senden zu uns nach Mal­lorca, ein Eng­länder will in unserem Fern­sehen arbeiten – wir müssen groß­artig sein!“

Vor ihm stehen die Vor­speisen im Restau­rant Cas­tel­lana 179″ im Madrider Norden, Rie­sen­gar­nelen im Teig­mantel und ibe­ri­scher Schinken, an den Wänden hängen schwere Ölge­mälde. In Restau­rants wie diesem genießen die Madri­lenen das Schönste an ihrer Stadt: die Mit­tags­pause. Andere Metro­polen geben damit an, sie würden nie­mals schlafen. Madrid zele­briert das Inne­halten, jeden Tag wieder von 14 bis 17 Uhr. Die Madrider Mit­tags­pause ist eine Ode an die spa­ni­sche Lust, bei einem aus­gie­bigen Essen zusam­men­zu­kommen und zu reden; zu schwelgen. Robinson hat die Madrider Kunst, zu Mittag zu essen, mit Enthu­si­asmus über­nommen – und erst später wird klar, dass er sie nach all den Jahren noch immer mit einer recht bri­ti­schen Vor­stel­lung von einem guten Mahl kom­bi­niert: Als die anderen Gäste gegen 17 Uhr zurück zur Arbeit gehen, fängt er an, Gin Tonic zu bestellen. Messer und Gabel benutzt er noch als Diri­gen­ten­stab, um seine Worte zu unter­strei­chen.

Wie kommt es also, Michael, dass aus­ge­rechnet ein gelernter Fuß­baller Fuß­ball im Fern­sehen nicht wie gewohnt als plattes Spiel, son­dern aus unge­kannten Per­spek­tiven zeigt? Kellner, noch zwei Gin Tonic, bitte“, sagt Michael Robinson. Dann erzählt er seine Geschichte.

Ich stehe nicht auf für die Queen“

Michael Robinson

Er war ein Stürmer im großen Liver­pool­team der Acht­ziger mit Ian Rush, Graeme Souness, Alan Hansen. Kenny Dag­lish habe ich immer aus dem Pro­gramm­heft vor­ge­lesen, wäh­rend er vor dem Spiel auf der Toi­lette saß.“ 1984 gewann er den Euro­pacup, 24 mal spielte er für Irland, die Heimat seiner Mutter. Es war die Zeit des großen Klas­sen­kampfes in Eng­land, Pre­mier­mi­nis­terin Mar­garet That­cher zer­schlug den Sozi­al­staat und Michael Robinson, auf­ge­wachsen als Sohn eines Bed & Break­fast-Besit­zers in Black­pool, fühlte: Als Liver­pool­spieler muss­test du für deine Fans, für die Arbei­ter­klasse gegen That­cher kämpfen.“ Er ist bis heute ein beken­nender Sozi­al­de­mo­krat geblieben. Ich stehe nicht auf für die Queen.“ 

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Michael Robinson mit dem Euro­pa­pokal.

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Damals unter That­cher erfasste ihn die Sehn­sucht, weg zu wollen aus diesem Land. John Lennon war mein Jesus Christus. Wenn die Beatles sangen, dachte ich, ihre Texte han­delten von mir: Ich suchte auch mein ticket to ride, meinen Weg in die Welt.“ Von Liver­pool war er zu den Queens Park Ran­gers gewech­selt, als ihm ein bel­gi­scher Ver­mittler sagte, er könne ihn in Spa­nien bei Osa­suna unter­bringen. Robinson sagte zu, kaufte sich eine Land­karte und fand Osa­suna nicht. Ich dachte, es müsste ein sehr kleiner Ort sein.“ Er weilte schon zwei Tage bei seinem neuen Verein, als er seine Frau, die sich in der Stadt umge­sehen hatte, fragte, wie Osa­suna sei? Osa­suna exis­tiert nicht“, sagte sie ihm. Was? Es sei nur der Name des Ver­eins. Die Stadt hieße Pam­plona, infor­mierte ihn seine Frau.

Wir bauen ein neues Fuß­ball­pro­gramm auf, willst du da nicht mit­ar­beiten?“

Da wun­derte sich Robinson aber schon nicht mehr beson­ders. Im Hotel hatte ihn der Direktor begrüßt und am nächsten Morgen beim ersten Trai­ning stand jener Hotel­di­rektor im Trai­nings­anzug auf dem Fuß­ball­platz. Ich dachte, wow, was für eine Geste, der Direktor ver­ge­wis­sert sich höchst­per­sön­lich, ob es Zimmer 128 auch gut geht im neuen Land.“ Es stellte sich jedoch heraus, dass der Hotel­di­rektor auch der Trainer war. Vor Robin­sons erstem Spiel für Osa­suna rief der Hotel­fach­mann-Trainer die Elf zusammen. Sie sollten ein Vater­unser beten. Sie ver­loren 1:4 gegen Ath­letic Bilbao. Robin­sons Vater rief an, wie es denn so ginge. Wir sind so schlecht, dass wir vor dem Spiel beten“, ant­wor­tete Michael. Sie ver­mieden im ersten Jahr den Abstieg und wurden dann zweimal Fünfter in der Pri­mera Divi­sión, jeder Ball, der mir gegen den Kopf geschossen wurde, flog irgendwie ins Tor“, sagt Robinson und: Kellner, noch zwei Gin Tonic, bitte.“ Das Restau­rant ist nun außer uns leer.

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Michael Robinson im Trikot von Osa­suna.

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Mit 32 been­dete er seine Kar­riere, er dachte, er wisse, was er machen wollte, ich sah mich ja als Bohe­mien. Dreh­bü­cher würde ich schreiben.“ Weil er im Film­ge­schäft aber nur einen Freund im Rech­te­handel kannte, begann er zunächst einmal damit, die Rechte für die Box­kämpfe des Pro­mo­ters Don King in Europa zu ver­kaufen. Beim Ver­kaufs­ge­spräch mit Alfredo Relaño, dem dama­ligen Sport­chef von Canal Plus in Madrid, sagte dieser irgend­wann, hör mal, wir bauen ein neues Fuß­ball­pro­gramm auf, willst du da nicht mit­ar­beiten?“ – Was pas­siert dann mit meinen Box­rechten?“ – Die kaufe ich dir ab. Aber nur, wenn du bei uns unter­schreibst.“

Das war vor zwanzig Jahren. Heute spre­chen einige im spa­ni­schen Jour­na­lismus vom Robin­so­nismo, der spe­zi­ellen Denk­schule von ihm und seinem guten Dut­zend Redak­teure und Kame­ra­männer, die mit ihm die längste Zeit zusam­men­ar­beiten. In El día des­pués“, seiner ersten Sen­dung, erzählte der Nach­be­richt von Real Val­la­dolid gegen Atlé­tico Madrid schon einmal aus­schließ­lich von einem Rentner, der sich im besten Anzug mit seiner Frau zu der Partie auf­machte. Nach 15 Spiel­mi­nuten wollte der Mann mal kurz Chips kaufen gehen. Er ver­lief sich, fand seinen Platz nicht mehr, stürzte sich bei einem Tor seines Atléti wild­fremden Men­schen in die Arme und wurde, als er nach 65 Minuten end­lich seine Frau wie­der­fand, von dieser sauber zusam­men­ge­faltet.

Es war ein Drama, so lustig und gleichsam herz­er­grei­fend gefilmt, dass einem die Tränen kamen. Als Fuß­baller war Fuß­ball für mich nur Hotels, Sta­dion, Flug­hafen“, sagt Robinson. Dann fuhr ich als Co-Kom­men­tator zur WM 1990, und es wurde eine Offen­ba­rung: Ich begriff, was Fuß­ball für Mil­li­arden von Leuten alles bedeutet – zum Glück hatte ich es als Profi nicht begriffen, vor Angst hätte ich sonst gar nicht mehr spielen können! Doch von diesem sozialen Phä­nomen Fuß­ball, von diesem Pla­neten Fuß­ball, auf dem Leute die ver­rück­testen Sachen machen, wollte ich auf dem Bild­schirm erzählen.“

Was ihn als Fern­seh­ma­cher für immer­ge­prägt habe, sei Sydney Pol­lacks Kino­film Jen­seits von Afrika“ gewesen, der 1985 sieben Oscars gewann. In Jen­seits von Afrika‘ sah ich, wie Robert Red­ford Meryl Streep an einem Fluss die Haare wusch und es wirkte wie der schönste Lie­besakt“, Robin­sons Messer zeigt auf mich, kaum jemand spricht in Jen­seits von Afrika‘, kein Kom­men­tator erzählte mir, was ich fühlen sollte, die Bilder alleine, unter­legt nur von Musik, ergriffen mich. Und ich ver­stand: Worte und Bilder im Film sind wie Ehe­partner, sie leben viel zu oft nur zusammen, um sich zu streiten. Also ver­su­chen wir in unseren Bei­trägen in Informe Robinson‘ fast ohne Kom­mentar aus­zu­kommen. Wir lassen die Bilder spre­chen.“

Die Liebe zum Bild

Im besten Fall ist Informe Robinson“ des­halb wie unlängst das Inter­view mit Samuel Eto’o, dem vom FC Bar­ce­lona zu Inter Mai­land weg­ge­mobbten Stürmer. Robinson führte das Inter­view. Aber die Zuschauer hörten ihn kein ein­ziges Mal. Er schnitt das Gespräch so zusammen, dass nur Eto’os Ant­worten zu hören waren, doch was den Zuschauer wirk­lich bewegte, was die ganze Geschichte erzählte, waren nicht die Worte, son­dern Eto’os nervös kne­tende Hände, seine trau­rigen Augen, die Lang­sam­keit seines melan­cho­li­schen Lächelns, die Robinson immer wieder in Groß­auf­nahmen zeigte. Die Bilder ver­mit­telten unter­be­wusst die ver­letzte Seele des von Bar­ce­lonas Trainer Guar­diola ver­jagten Stür­mers. Und das Licht!“, ruft Robinson, sein Messer bebt in der Luft, ist dir das Licht auf­ge­fallen? Wir zeigten Eto’o in extrem wei­chem Licht. Das Licht war es, das ihn für den Zuschauer sym­pa­thisch machte.“

Solche Liebe zu Kino­bil­dern sorgt dafür, dass Informe Robinson“ ein­malig im Sport­fern­sehen ist. Leicht und tief zugleich sind die Bei­träge. Meis­tens begreift man danach eine Person, ein Ereignis besser als vorher. Über Spa­niens Euro­pa­meis­ter­schafts­sieg 2008 drehte Informe Robinson“ eine halb­stün­dige Doku­men­ta­tion. Die Fülle der intimen Details aus dem Team über­trug noch einmal das Hoch­ge­fühl jener Tage auf den Betrachter, aus deut­scher Sicht blieb vor allem hängen, was die spa­ni­schen Spieler als Schlüs­sel­mo­ment des Final­siegs gegen Deutsch­land erlebten. Nach dem 1:0 durch Fer­nando Torres zet­telte der deut­sche Kapitän Michael Bal­lack einige Schar­mützel an, in Deutsch­land, dem ewigen Land der Füh­rungs­spieler, wurde dies allen­falls so inter­pre­tiert, dass Bal­lack die Kol­legen auf­rüt­teln, Zei­chen setzen wollte. In Informe Robinson“ aber sagt der spa­ni­sche Spiel­ma­cher Xavi: Und dann merkten wir, dass das Spiel zu unseren Gunsten kippte, als Bal­lack sehr nervös wurde“, Fer­nando Torres sagt, auf einmal verlor Bal­lack den Faden“. Und dann redet wieder nur die Musik, nie ein Kom­men­tator.

Haupt­sache, du wählst nicht die Kon­ser­va­tiven“

Michael Robinson zu seinem Sohn

Der Essens­saal im Cas­tel­lana 179″ schließt nun, ich denke, wir gehen nach Hause, und Michael Robinson geht an die Bar, Kellner, noch zwei Gin Tonic, bitte“. Das Gespräch wird nun langsam etwas unzu­sam­men­hän­gend, dafür umso leb­hafter. Er erzählt von seinen Kin­dern, beide sind nach Groß­bri­tan­nien gegangen, der Sohn Liam, 23, arbeitet als Krea­tiver bei der berühmten Wer­be­agentur Saatchi & Saatchi. Haupt­sache, du wählst nicht die Kon­ser­va­tiven“, hat ihm Robinson mit­ge­geben. Die Tochter Amy, 17, geht in London auf das Col­lege, ihre Freun­dinnen halten mich für lustig, sie hält mich für nervös“. Da falle ihm ein, sagt Michael Robinson, wie sein Sohn neun war und eines sams­tags vor dem Haus Fuß­ball spielte. Robinson sah vom Balkon aus zu, der Sohn machte eine Schwalbe, Robinson schrie: Was tust du, du Tört­chen? Das ist Betrügen!“ Und der Sohn ant­wor­tete bloß: Stoitschkow macht das auch.“ Vor lauter Empö­rung habe er gar nichts mehr sagen können, sagt Michael Robinson. Aber, ver­dammt, das sei das Ein­zige, was ihm an Spa­nien, diesem wun­der­baren Land, wirk­lich miss­falle, diese Akzep­tanz des Betrü­gens, im Fuß­ball wie in der Politik. Kellner, noch zwei Gin Tonic, bitte.“

Mit einem Gedan­ken­sprung sind wir bei Groß­bri­tan­niens ehe­ma­ligem Pre­mier­mi­nister Tony Blair, er war mein Mes­sias und heute hasse ich ihn, jawohl: hasse ihn, er hat mich getäuscht, ich glaube an Kapi­ta­lismus mit einer sozialen Ader, ich dachte, Blair gibt mir ihn, statt­dessen tötete er nur hun­dert­tau­send Unschul­dige im Irak unter dem Vor­wand, den Ter­ro­rismus zu töten“. Von Blair ist es nur ein Schluck Gin Tonic zurück zum Fuß­ball, Trans­fers, Namen, Anek­doten, Iker Cas­illas, Ronald­inho, Rivaldo – den habe damals ja Depor­tivo La Coruñas Sport­di­rektor Ricardo Moar ent­deckt, sage ich, bah!“, brüllt Robinson, da habe ich ja mehr Fuß­baller für La Coruña ent­deckt als Moar!“ Wir rufen Ricardo Moar an, um das sofort zu über­prüfen.

Keinen Tag Arbeit

Moar klingt, als hätten wir ihn auf­ge­weckt, und redet dann, als hätte er nur auf unseren Anruf gewartet. Natür­lich habe er Rivaldo ent­deckt, wobei er ihn erst gar nicht ver­pflichten wollte, die Sache sei kom­pli­ziert. Ich gebe das Handy Robinson, Moar redet und redet. Irgend­wann legt Robinson das Handy auf die Bar, und schon sind wir zurück bei Blair, er hat mich betrogen!“ Als ich das Handy nehme, um es ein­zu­ste­cken, merke ich, dass Moar noch immer in der Lei­tung ist und redet.

Weißt du“, sagt Michael Robinson irgend­wann, und seine Augen leuchten, so oft denke ich: Ich habe in meinem Leben noch keinen ein­zigen Tag gear­beitet. Ich hatte durchweg solch groß­ar­tige Jobs, dass ich noch nie einen Tag als Arbeit emp­funden habe.“ Dann suchen wir nach der Aus­gangstür. Es ist 23.27 Uhr und unser Mit­tags­essen zu Ende.