Heute Abend treffen Dnjepr Dnjepropetrowsk und der FC Sevilla im Europa League-Finale aufeinander. Juande Ramos hat beide Teams schon trainiert. Wir sprachen mit ihm.
Klingt doch nach paradiesischen Zuständen für Trainer wie Sie.
Die Arbeit mit der Mannschaft dort war in der Tat sehr angenehm. Die Spieler in Osteuropa bringen von Hause aus sehr viel Disziplin mit, das hat es mir leicht gemacht. Außerdem waren Sie sehr lernwillig, nicht nur was fußballerische Dinge anging, sondern auch das ganze Drumherum. Nach und nach haben wir die Spieler davon überzeugt, ihre Ernährungsgewohnheiten zu ändern und stärker auf ihre Regeneration zu achten. Alle haben da mitgezogen.
Gab es trotzdem Dinge, die für Sie ungewohnt waren? Als Spanier in der Ukraine, das klingt erst einmal nach Kulturschock.
Nein, da gab es eigentlich nichts. Gut, gerade im Winter war es schon ziemlich kalt. Eine vernünftige Vorbereitung war da nicht möglich, also sind wir immer ins Trainingslager gefahren. Nach Spanien zum Beispiel (lacht).
Dnjepr wird von dem Oligarchen Igor Kolomojskij geführt, einem der reichsten Männer der Ukraine. War die Zusammenarbeit mit ihm kompliziert?
Überhaupt nicht. Er hat sich nie in sportliche Dinge eingemischt. Ich glaube, er konnte unsere Situation ganz gut einschätzen.
Wie meinen Sie das?
Dnjepr ist ein kleiner Verein, der immer im Schatten von Dynamo Kiew oder jetzt Schachtjor Donezk stand. Die Möglichkeiten dort sind größer. Als wir ankamen, hat der Verein fast nie international gespielt. Erst in den vergangenen Jahren ist Dnjepr gewachsen, unsere Ergebnisse wurden immer besser, auch im Umfeld hat sich viel getan. Alles andere als Platz drei hinter den zwei Großen wäre zu meiner Zeit aber unrealistisch gewesen.
Dabei sollte doch genug Geld vorhanden sein, um größere Ziele anzugehen.
Im Vergleich zu Donezk etwa spielen bei Dnjepr nur wenige Ausländer. Es gibt Brasilianer, einen Portugiesen, Tschechen oder Rumänen, aber die meisten sind Einheimische. Spieler aus der Region oder anderen Teilen der Ukraine. Das macht die Mannschaft speziell. Das Zusammenhörigkeitsgefühl ist sehr ausgeprägt.
Reicht das gegen Titelverteidiger Sevilla aus, um zu bestehen?
Sevilla ist der klare Favorit. Sie haben die besseren Individualisten und sind die stärkere Mannschaft. Ihr Stil ist ein völlig anderer, sie greifen an, sind offensiv ausgerichtet. Aber man weiß ja, in einem Spiel kann viel passieren. Der Bessere gewinnt nicht automatisch.
Señor Ramos, diese Frage muss erlaubt sein: Warum haben Sie bei Dnjepr aufgehört?
Aufgrund der politischen Situation, die sich im Laufe des vergangenen Jahres immer mehr verschlechtert hatte. Meine Frau lebte mit mir all die Zeit in Dnjepropetrowsk, aber wir haben dann gespürt, dass es besser ist, nach Hause zurückzukehren. Mehr möchte ich dazu nicht sagen. Es war eine familiäre Entscheidung.