Deutschland ist ausgeschieden und Jogi Löw Geschichte. Warum dafür eigentlich niemand etwas kann und doch jeder Schuld ist, weiß: die Einzelkritik.
Kai Havertz
Ließ sich früh fallen, was unbedingt gelobt werden muss, weil räumlich und nicht etwa unsportlich gemeint. Havertz suchte die Bindung zum Rest der Mannschaft, die ihm das statische System von Jogi Löw in den bisherigen Spielen genommen hatte. War so fast als klassischer Spielmacher unterwegs und füllte die Rolle fast zum Verlieben aus. Traf fast sehenswert per Dropkick. Dreimal „fast“ ergibt leider aber auch: nix. Aber gut, der junge Mann kommt aus Leverkusen, der kennt das.
Timo Werner
Falls sich die Eltern von Timo Werner am 6. März 1996 gefragt haben sollten, ob ihr gerade geborener Sohn nun ein Wandspieler sei oder nicht, und falls die Eltern seither nie so wirklich Gewissheit über die Antwort erlangt haben sollten, so sollten sie spätestens mit diesem Spiel erlöst worden sein, weil: No, Njet, Niemals. Stand aufgrund höherer Gewalt meist allein gegen mindestens zwei englische Verteidiger. Was ungefähr so aussichtsreich schien wie im Dunkeln nach Sonne zu suchen. Unter der Erde. Hatte in der 32. Minute dennoch die Führung auf dem Fuß. Wollte da aber zu sehr mit dem Kopf durch die Wand. Bezeichnend.
Serge Gnabry (ab 68. für Werner)
Gab den Engländern in seiner alten Heimat etwas zurück: den Ball. Vor dem 0:2. Insgesamt nicht gerade das Turnier des Serge Gnabry. Soweit die schlechten Nachrichten. Die guten: Es kommen noch ein paar. Und dass man sich darauf freuen kann.
Emre Can (ab 87. für Matthias Ginter)
Ein Wechsel wie die Verpflichtung von Bastian Schweinsteiger als ARD-Experte: Irgendwer wird sich dabei schon irgendwas gedacht haben. Irgendwie. Und ohne diesen „Irgendwer“ zu Nahe treten zu wollen oder überhaupt näher zu kennen – es war nicht seine beste Idee.
Leroy Sané (ab 87. für Robin Gosens)
Seine Bilanz: Eine Flanke, die von der englischen Abwehr zu kurz abgewehrt wurde. Damit um Welten gefährlicher als noch gegen Ungarn. Da sage noch einer, Jogi Löw habe seine Spieler nicht besser gemacht! Irgendwie.
Jamal Musiala (ab 90. +2 für Müller)
Wie schön es wäre, wäre die Idee zur Einwechslung von Musiala der letzte Gedanke vom Seitenlinien-Jogi als Bundestrainer gewesen: „Kann man Jamal probieren!“ Zur Belohnung hier das Datenblatt des 18-Jährigen zu #ENGGER: Tore, Torschüsse, Torvorlagen, Torschussvorlagen, Ballkontakte, gespielte Pässe, angekommene Pässe, Fehlpässe, Passquote, Zweikampfquote, Foul/Hand gespielt, Gefoult worden, Abseits: 0. Sänk ju for tschuhsing DFB.
Jogi Löw
War schon auch irgendwie traurig nach dem Ausscheiden. Klar, er hätte auch mal reagieren können. Mit einer taktischen Umstellung zum Beispiel. Aber was soll’s: In neun von zehn Fällen macht der Thomas Müller die Chance. Irgendwie. Dass er nach Spielschluss das „Interview“ mit Wellmer/Schweinsteiger überlebte, ohne „Sagt mal, Freunde, geht’s noch?!“ zu donnern, muss als herausragende Leistung gelten. Wirkte ansonsten wie einer, der kurz vor der Rente nochmal ein wirklich gutes Betriebsergebnis einfahren wollte, aber es sollte einfach nicht sein. Schwierige Marktlage aber auch. Und dann, als es soweit war, schien er auch einfach irgendwie froh drum, dass es rum ist. Mach es gut, Joachim Löw. Die Erinnerung an Dich wird bleiben. Irgendwie.