Die erste Corona-bedingte Trainerentlassung in Deutschland, Spielausfälle von der Bezirksoberliga Hessen bis zur Serie A. Die Pandemie frisst sich durch den Fußball. Kann das gutgehen?
In der Welt des SC Rot-Weiß Oberhausen ist Dimitrios Pappas so etwas wie eine Legende. Sieben Jahre lang hat er als Spieler die Knochen hingehalten, zum Schluss sogar in der Zweiten Mannschaft. Dort begann auch seine Trainerkarriere, bis er die U19-Mannschaft von RWO übernahm und zu Saisonbeginn dann die erste Mannschaft, die in der Regionalliga West spielt. So einen entlässt man nicht mal so, selbst nach nur vier Punkten aus den ersten sieben Spielen nicht. Doch RWO-Präsident Hajo Sommers sah sich zum Handeln gezwungen, obwohl er über Pappas sagte: „Er ist eine ehrliche Haut und geradlinig, das mag ich sehr an ihm.“
Normalerweise hätte Sommers an seinem Trainer gerne länger festgehalten: „Wenn mir einer garantiert hätte, dass wir die Saison zu Ende spielen werden, hätten wir noch nicht so früh die Reißleine gezogen.“ Doch bei einem möglichen Saisonabbruch aufgrund der Corona-Pandemie nach der Hälfte der gespielten Partien würden die Spiele wahrscheinlich gewertet. „In diesem Moment wollen wir auf keinen Fall auf einem Abstiegsplatz stehen, ansonsten haben wir uns 15 Jahre lang umsonst den Arsch aufgerissen“, erklärte Sommers. Bei einem Abstieg in die Oberliga Nordrhein müsste der Klub etwa das mühsam hochgepäppelte Nachwuchsleistungszentrum schließen.
Für Dimitrios Pappas bedeutet das die zweifelhafte Ehre der ersten Corona-bedingten Trainerentlassung in Deutschland. Sommers Sorge wegen eines Saisonabbruchs ist aber nicht nur im Ruhrgebiet berechtigt, wo gerade die Infektionszahlen nach oben schnellen. In ganz Deutschland frisst sich die Pandemie gerade durch die Spielpläne des Amateurfußballs. In der Kreisoberliga Hessen wurden Corona-bedingt genauso Spiele abgesagt wie in Südbaden, wo es innerhalb von zehn Tage sogar rund 100 waren, und im Kreis Hamm ist „Kontaktsport“ zunächst bis zum 25. Oktober komplett untersagt. Und das sind nur einige von vielen Beispielen.
Die Vorschriften sehen bei den meisten Fußballverbänden vor, dass das ganze Team in Quarantäne muss, wenn ein Mitspieler positiv getestet wurde. Angesichts steigender Zahlen wird das absehbar immer öfter passieren. In Bayern können sich die Verantwortlichen deshalb sogar ein wenig auf die Schulter klopfen, dass sie die Saison nicht wie fast überall sonst im Frühjahr abgebrochen haben, sondern bis ins nächste Frühjahr verlängert haben. Dort wird die Spielzeit 2019/21 ausgetragen, und im Spielplan ist im Zweifelsfall noch Platz. Ein zum Auffüllen geplanter Ligapokal kann leichter gestrichen werden als Ligaspiele, die über Auf- und Abstieg entscheiden. Auch in Berlin wurde der Spielplan ausgejätet, die Mannschaften spielen eine einfache Runde, weil unter den aktuellen Hygiene-Bedingungen die Kapazitäten bei den Umkleidekabinen nicht ausreichen würden. Und der Präsident des brandenburgischen Fußballverbandes, Jens Kaden, warnte seine Klubs in dieser Woche generell: „Wir spielen auf Bewährung.“