Heribert Bruchhagen macht am Saisonende Schluss. Vorher muss er aber mit der Eintracht die Klasse halten. Wie er das schaffen will, verrät er im Interview.
Was sind die Hauptgründe für die Talfahrt?
Fußball ist ein Ergebnissport, in der sich eine gewisse Eigendynamik entwickeln kann – positiver aber auch negativer Natur. Wir haben leider Letzteres zu spüren bekommen. Viele Spiele, die wir verloren haben, standen auf der Kippe und hätten auch zu unseren Gunsten ausgehen können. Und wenn ein Spieler wie Alex Meier, der in der vergangenen Saison Bundesliga-Torschützenkönig war, verletzungsbedingt fehlt, trifft uns das sehr hart. Das ist beim FC Bayern anders, da kann einen Ausfall von Ribéry oder Robben problemlos kompensiert werden.
War es ein Fehler, Armin Veh nach seinem freiwilligen Abschied 2014 noch einmal nach Frankfurt zu holen?
Fußball ist hypothetisch. Journalisten haben es leicht. Die können die Dinge hinterher analysieren und kritisieren. In Amerika spricht man von den Monday-Morning-Quarterbacks – das sind Leute, die im Nachhinein immer alles besser wissen und anders gemacht hätten. Es ist ja auch so, dass Ihnen nach einem Abstieg von 100 Menschen immer 100 Menschen sagen werden, dass der Trainer zu spät entlassen worden ist. Keiner macht die Aussage: Wenn der alte Trainer geblieben wäre, hätte es für den Klassenerhalt gereicht.
Wie schwer fiel es Ihnen, Armin Veh, zu dem Sie ein gutes Verhältnis haben, von seiner Entlassung zu unterrichten.
Das ist natürlich alles andere als angenehm. Die Eintracht ist trainerstabil. In den 13 Jahren bei diesem Eintracht musste ich nur zweimal Trainer entlassen – Michael Skibbe und eben Armin Veh. Als ich Armin Veh unsere Entscheidung mitteilte, hatte ich den Eindruck, dass er fast ein bisschen erleichtert war. Aber ich kann mich da auch täuschen. Auf jeden Fall habe ich immer noch ein absolutes Vertrauensverhältnis zu Armin Veh. Wir stehen regelmäßig in Kontakt.
Haben Sie sich schon mit dem Szenario befasst, dass die Eintracht tatsächlich absteigt oder sind solche Gedankspiele tabu?
Natürlich habe ich mich damit befasst. Ich bin noch bis zum 30. Juni im Amt. Es gehört zu meiner Pflicht, die Dinge für die Eintracht zu regeln – bis zum letzten Arbeitstag. Und dazu gehört auch, sich mit dem Worst Case zu beschäftigen und darauf vorbereitet zu sein. In sportlicher Hinsicht ist aber noch nichts entschieden, und ich bin überzeugt, dass wir es schaffen werden. Fünf Teams befinden sich in einer ähnlich prekären Situation wie wir. Unsere Mannschaft hat die Chance, in den direkten Duellen gegen Darmstadt, Hoffenheim und Bremen das Blatt zu wenden.
Die Spieler können auf dem Platz rennen und kämpfen. Wie fühlt sich für Sie als Vorstandsvorsitzenden der Abstiegskampf an?
Das belastet einen im täglichen Leben – und besonders natürlich in der Arbeit. Egal ob bei Gesprächen mit Sponsoren oder mit Mitarbeitern, das Thema Klassenerhalt schwingt immer mit. Auf den Fluren in der Geschäftsstelle ist das zu spüren. Beim Einkaufen oder im Taxi, immer wieder wird man auf das Thema angesprochen. Als Verantwortlicher muss man sich da selbst trainieren. Man darf keine Resignation zeigen, muss weiter entscheidungsstark sein. Selbstzweifel sind im Fußball sowieso nicht erlaubt.
Der frühere Eintracht-Trainer Friedhelm Funkel hat einmal gesagt: „Wenn Bruchhagen weg ist, dann bricht der ganze Verein zusammen. Dann ist es wieder wie früher.“
Das ist überpointiert. Gut, der Verein steht heute schuldenfrei da. Wir haben in der Saison 2005/2006 das Pokalfinale erreicht und uns für den Uefa-Cup qualifiziert – das war ein wirtschaftlicher Wendepunkt.
Ende der Saison wollen Sie sich in den Ruhestand verabschieden. Können Sie ohne Fußball überhaupt leben?
(Lacht) Das muss sich erst noch herausstellen. Ich bin jetzt 67 Jahre alt und seit 29 Jahren im Fußballgeschäft. Ich freue mich auf andere Dinge. Ich denke, dass es nicht unangenehm sein wird, in der Früh mit dem Gefühl zum Bäcker zu gehen, heute keine Entscheidungen treffen und Verantwortung tragen zu müssen.
An welche Entscheidung erinnern Sie sich besonders gerne?
Ich habe den Alex Meier aus der Nordheide geholt. Und dann zwölf Jahre später zu sehen, wie der Alex zum Bundesliga-Torschützenkönig gekürt wird, das war für mich schon ein sehr glücklicher Moment.