Dass in der Bundesliga trotz Pandemie gespielt wird, wurde oft kritiklos hingenommen. Nun beschwert sich der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks – und hat messerscharfe Argumente.
Dass Robert Andrich ausgerechnet seine Frisur noch Probleme bereiten würde, hätte der Mittelfeldspieler von Union Berlin wohl auch nicht gedacht. Schließlich trägt Andrich seine Haare eher nach dem Modell „wenig Arbeit“. Kurz an den Seiten, etwas weniger kurz das Haupthaar. Weshalb die Bild-Zeitung vor einer Woche fragte: „Topgestylt trotz Corona-Lockdown – Wie geht das denn?“
Und der Berliner erklärte: „Meine Frau versucht manchmal den Rasierer anzulegen, das klappt nicht so gut.“ Also suchte sich der Mittelfeldspieler Hilfe:„Das haben wir ein, zweimal gemacht, dass mein Friseur vorbeikommt, natürlich mit den ganzen Auflagen, er schneidet mich mit Maske.“
Eine Aussage, die den Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks erzürnt haben dürfte. Ihr Präsident, Harald Esser, erklärte gestern in einem Brief an DFB-Präsident Fritz Keller: „Mit großer Verwunderung mussten wir daher an den vergangenen Spieltagen feststellen, dass ein Großteil der Fußballprofis sich mit frischgeschnittenen Haaren auf dem Platz präsentierte: Einrasierte Scheitel, auf wenige Millimeter getrimmtes Nacken- und Schläfenhaar, saubere Konturen. Frisuren, die nur professionelle Friseurinnen und Friseure mit Profi-Equipment schneiden können.“
Das Problem: Seit dem 16. Dezember sind nach den verschärften Maßnahmen der Bundesregierung und der Länder alle Friseurbetriebe in Deutschland geschlossen – und auch Hausbesuche verboten. Weshalb sich Andrich vor einer Woche bei einer Nachfrage der Bild-Zeitung korrigierte. Der Besuch, der ihm die Haare rasiert hätte, sei ein Freund gewesen.
Die Bild-Zeitung berichtete heute von einem französischen Friseur, der sich „Jardin de Paix“ nennt und in dieser Woche bei Instagram Videos hochgeladen hatte, auf denen er den Leipziger Spielern Justin Kluivert, Dayot Upamecano, Amadou Haidara und Nordi Mukiele die Haare rasiert. Die Spieler sagten, die Videos seien vor dem Lockdown entstanden.
Bereits im Oktober hatte abermals die Bild-Zeitung berichtet, dass jener Friseur aus Paris vor einem Champions-League-Spiel per Privatjet angereist sei und drei Leipziger frisiert habe.
Seiten auf Kontostand – wenn es nach Harald Esser ginge, sollte diese Formel jetzt auch für die Profis mit Millionengehältern gelten. Schließlich würden, laut Esser, die frischfrisierten Matten der Bundesligaspieler die Nachfrage in der Bevölkerung nach privaten Hausbesuchen steigern. „Die Kunden rufen immer wieder an und fragen nach Terminen unter der Hand und wir sagen natürlich immer ‚Nein‘.“
Esser fordert ein Zeichen der Solidarität der Spieler: „Es ist ein großes Privileg, dass der Profifußball trotz einer Pandemie weiterhin stattfinden darf. Fußballer sind Vorbilder, nicht nur für junge Leute.“ Ein berechtigter Einwand? Eine Neiddebatte? Oder alles an den Haaren herbeigezogen? Esser verweist darauf, dass Verstöße gegen die Lockdownregeln teuer werden können: „Das sind mindestens 250 Euro, die für jede Seite dann fällig werden.“ Insgesamt also 500 Euro – sähe sonst ja seltsam aus.