Joachim Löw sah sich nach dem 0:1 gegen Frankreich mit massivem Widerstand gegen seinen taktischen Plan konfrontiert. Aber der Bundestrainer ließ sich davon nicht beirren. Und behielt Recht.
Ganz am Ende wurde den deutschen Fans in der Münchner Arena noch einmal ein besonderer Moment der Freude zuteil. Es lief bereits die Nachspielzeit im Duell der Nationalmannschaft gegen Portugal. Cristiano Ronaldo versuchte es ein letztes Mal auf der linken Seite, er probierte es mit einer Finte gegen seinen Gegenspieler – und traf den Ball dabei so unglücklich mit seinem Standbein, dass er ins Toraus kullerte.
Auf den Rängen brach hämischer Jubel aus. Zwingend nötig wäre es nicht gewesen, sich am Missgeschick des fünfmaligen Weltfußballers Ronaldo zu ergötzen. Die eigene Mannschaft hatte den deutschen Fans an diesem Abend eigentlich genügend Anlässe zum Jubeln geliefert. Viel mehr jedenfalls, als die meisten in ihren kühnsten Träumen zu hoffen gewagt hätten.
„Die Energie war da. Wir hatten deutlich mehr Freude in der Offensive.“
Joshua Kimmich, 26 Jahre alt und seit der Europameisterschaft 2016 in Frankreich fester Bestandteil der deutschen Nationalmannschaft, wurde nach dem 4:2‑Sieg gegen die Portugiesen gefragt, ob es das beste Turnierspiel gewesen sei, das er mit dem Team erlebt habe. Die Frage war durchaus berechtigt. So leicht und beschwingt hat man die Deutschen jedenfalls lange nicht mehr erlebt. „Die Energie war da“, sagte Thomas Müller. „Wir hatten deutlich mehr Freude in der Offensive.“
Genau darum war es gegangen nach dem trägen EM-Auftakt gegen den Weltmeister Frankreich, der im Land zu großer Ernüchterung geführt hatte und wie immer in solchen Situationen einige Überreaktionen zur Folge hatte. Nach der 0:1‑Niederlage war plötzlich alles schlecht, obwohl der Ansatz von Bundestrainer Löw, gegen die offensivfreudigen Franzosen den Fokus eher auf die eigenen Defensive zu richten, alles andere als ein Verrat an der nationalen Sache gewesen war.
Trotzdem musste nun natürlich alles anders werden. Löw sah sich mit massivem Widerstand gegen seinen taktischen Plan konfrontiert. Viererkette – jetzt!, lautete die Forderung an den Bundestrainer. Aber Löw ließ sich davon nicht beirren. Und behielt Recht. Der Sieg gegen Portugal war daher auch ein ganz persönlicher Sieg für den Bundestrainer. Weil er nicht einknickte, weil er an seiner Idee festhielt, nicht aus Trotz, sondern aus Überzeugung. „Der Plan ist eigentlich gut aufgegangen“, sagte Löw. Die Grundzüge hatte er schon in der Pressekonferenz am Tag vor dem Spiel skizziert. Dass es beim 3−4−3 bleiben würde, ließ er dabei recht deutlich erkennen. Verbunden mit der Vorgabe, dass dieses System deutlich offensiver interpretiert werden müsse, nämlich „nach vorne dynamischer, intensiver, präziser“. Und genau das taten die Deutschen gegen Portugal von der ersten Minute an.