Beim VfB Stuttgart tobt ein unübersichtlicher Machtkampf. Dabei geht es um eine einfache Frage: Was haben die Mitglieder noch zu sagen?
Schon diese kleine Auswahl der Aktivitäten zeigt, dass niemand, der beim VfB etwas werden oder bleiben will, es sich mit Porth verscherzen sollte. Wer das im Hinterkopf behält, blickt womöglich anders auf die große Schlacht beim VfB, die auf den ersten Blick eher daherkommt wie ein Infight zweier Funktionäre.
Da ist auf der einen Seite der Vorstandsvorsitzende Thomas Hitzlsperger, Ex-Fußballer, Mitglied der Meistermannschaft von 2007, erklärter Hoffnungsträger, sympathischer Menschenfischer, seit Jahren das vielbeschworene „Gesicht des neuen VfB“. Da ist auf der anderen Seite Claus Vogt, Unternehmer, Präsident des Hauptvereins und Vorsitzender des AG-Aufsichtsrates, er gilt als Mann der Mitglieder, der Fanbasis. In der Theorie müssten die beiden Funktionäre gut miteinander auskommen. In der Praxis sind beide auf beindruckende Weise zerstritten. Wer wieviel Schuld daran trägt, ist nur noch schwer nachzuvollziehen. Das Tischtuch ist auf jeden Fall derart zerschnitten, dass Hitzlsperger Ende letzten Jahres einen offenen Brief veröffentlichte, in dem er Vogt auf derart harsche Weise anging, dass bis heute viele Beobachter kaum glauben können, dass dieser Brief tatsächlich von Hitzlsperger verfasst wurde – zu sehr widersprach der Duktus dem konzilianten und empathischen Ton, mit dem er sonst kommuniziert.
In der Berichterstattung über die VfB-Krise geht es viel um den Umgang mit der Datenaffäre, um die Frage, wer wie gut oder schlecht mit der untersuchenden Kanzlei kooperiert hat. Und die bisherigen Erkenntnisse lassen in der Tat den Schluss zu, dass schon im Vorfeld seitens des Klubs alles dafür getan wurde, um eine möglichst handzahme und klubnahe Kanzlei mit der Untersuchung zu beauftragen, und dass es vorwiegend dem entschiedenen Engagement des Präsidenten Vogt zu verdanken war, dass am Ende ESECON den Zuschlag bekam. Und in den Folgemonaten gab es, auch das ergibt sich aus den Unterlagen, zahlreiche Bemühungen aus AG und Verein, die Untersuchungen zu behindern, zu verschleppen, zu verteuern, bloß um nicht die Verantwortlichen für den Datenschutzskandal benennen zu müssen. Eine Verschleppungsstrategie, die nicht Hitzlsperger orchestriert hat, die aber natürlich auch sein Bild in der Öffentlichkeit beschädigt. Ein Kollateralschaden, den so vor Jahresfrist auch niemand für möglich gehalten hätte.
Dabei wird ja alles rauskommen. Schon weil die Affäre längst nicht nur den Klub, Kanzlei und Öffentlichkeit beschäftigt, sondern auch Gegenstand einer Untersuchung durch den Landesdatenschutzbeauftragten ist, der demnächst womöglich ein saftiges Bußgeld gegen den VfB verhängen wird. Fast müßig, all die Tricks und Finten zu beschreiben, mit denen versucht wurde, den Präsidenten Claus Vogt, obwohl überzeugend gewählt, aus dem Amt zu drängen. Und es ist natürlich Interpretationssache, ob die überraschende Kandidatur Hitzlspergers als Präsident ernst gemeint war oder nur eine Finte zur schlussendlichen Installierung eines vermeintlichen Kompromisskandidaten zu benennen.
Wer die Unterlagen sichtet, die hin- und hergeschickten Mails studiert, bekommt einen Eindruck von den umfangreichen und bisweilen hart am Rande der Nötigung navigierenden Bemühungen einiger Funktionäre jenseits des Vorstandsvorsitzenden, die am Ende nur ein Ziel hatten: einen pflegeleichteren Präsidenten als Vogt zu bestellen.
Der hatte in den letzten Monaten ebenfalls Fehler gemacht, nicht immer hatte man den Eindruck, Vogt sei tatsächlich noch Herr des Verfahrens. Was man dem Präsidenten jedoch nie vorwerfen konnte, war ein Bruch seines zentralen Wahlversprechens: nur den Mitgliedern verpflichtet zu sein. Das würde ein glattgebürsteter Nachfolger sicher anders sehen. Der würde durchwinken, dass zur rechtlichen Bewertung der ESECON-Erkenntnisse eine freundlich gesonnene Kanzlei beauftragt würde, die schon bei der Ausgliederung behilflich war. Und der sollte dann auch durchwinken, was bei der Ausgliederung noch ins Reich der Fabel verwiesen wurde: nämlich, dass die AG sich vom Hauptverein emanzipiert und den Einfluss der Mitglieder weiter reduziert.
Dabei waren es genau diese zugesicherte Mitbestimmung, die damals ein überwältigendes Votum für die Ausgliederung sicherten. Wäre es nach den Präsidiumsmitgliedern Mutschler und Gaiser gegangen, hätten die Mitglieder schon am 18. März über all das befinden sollen, nur im Rahmen eines digitalen Treffens, womöglich ohne Abschlussbericht zur Datenaffäre. Es war also alles gerichtet, um Claus Vogt aus dem Amt zu drängen. Bis zum Donnerschlag am Mittwochmorgen.
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