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Seite 2: Warum sich in Chemnitz endlich etwas ändern muss

Dass der Chem­nitzer FC mit der Gedenk­ver­an­stal­tung im Sta­dion ein Eigentor der übelsten Sorte geschossen hat, ist dem Verein zumin­dest mitt­ler­weile auf­ge­fallen. Am Sonn­tag­morgen erklärte er eilig, es habe sich bei der Schwei­ge­mi­nute nicht um eine offi­zi­elle Trau­er­be­kun­dung gehan­delt. Es sei hin­gegen ein Gebot der Mit­mensch­lich­keit“ gewesen, den CFC-Fans die gemein­same Trauer zu ermög­li­chen, aber keine Wür­di­gung des Lebens­in­halts des Ver­stor­benen“. Zudem habe sich der Verein in Über­ein­stim­mung“ mit den Sicher­heits­be­hörden für die Durch­füh­rung des Geden­kens ent­schieden.

Dem zumin­dest wider­sprach die Spre­cherin der ört­li­chen Polizei. Es sind viel­mehr Bedenken von uns geäu­ßert worden“, sagte Poli­zei­spre­cherin Jana Ulb­richt gegen­über der Freie Presse. Öffent­lich wird bereits dar­über spe­ku­liert, ob die Ver­ant­wort­li­chen des CFC von extrem rechten und gewalt­tä­tigen Anhän­gern erpresst und zur Trau­er­in­sze­nie­rung gezwungen wurden. Der Verein hat am Mon­tag­morgen des­halb Straf­an­zeige gegen Unbe­kannt gestellt. Der Insol­venz­ver­walter des Klubs spricht vom Anfangs­ver­dacht“ einer schwer­wie­genden Nöti­gung.

Alte Sorgen

In jedem Fall wirft die Affäre um den Tod von Thomas Haller kein gutes Licht auf den CFC, dessen Fans ohnehin für ihre Ver­bin­dungen zur rechten Szene berüch­tigt sind. Die Fan­gruppe Kaotic Chem­nitz war es, die im ver­gan­genen Spät­sommer die pogrom­ar­tigen Aus­schrei­tungen hun­derter und tau­sender Neo­nazis in der Stadt mit einem im Netz gepos­teten Aufruf initi­ierte.

Berichte über das Enga­ge­ment gestan­dener Neo­nazis in der Fan­szene des CFC gibt es immer wieder. Bun­des­weite Bekannt­heit etwa hat die Gruppe New Society / NS-Boys“ erhalten. Ihr Name zeigt klar die poli­ti­sche Gesin­nung. Beste Kon­takte pflegen die Chem­nitzer auch zu rechten Fans von Energie Cottbus. Auch dort wurde Haller am Samstag mit­tels eines Trans­par­ents gedacht.

Ins­be­son­dere vor diesem Hin­ter­grund hätte der Chem­nitzer FC nie­mals die Trau­er­ver­an­stal­tung für Haller erlauben dürfen. Der Verein muss sich end­lich dage­gegn wehren, dass sein Sta­dion zur Anlauf­stelle für Rechte aller Cou­leur wird. Das gilt auch und gerade, wenn eine der Ikonen der Szene dort von seinen Weg­be­glei­tern ein letztes Mal Aner­ken­nung gezollt werden soll.

Unwis­sen­heit und Weg­gu­cken

Das Pro­blem scheint aber nicht zuletzt im Verein selbst zu liegen. Die Fan­be­auf­tragte des CFC und sozi­al­de­mo­kra­ti­sche (!) Stadt­rats­ab­ge­ord­nete Peggy Schel­len­berger kon­do­lierte auf ihrer Face­book-Seite: Wir waren immer fair, straight, unpo­li­tisch und herz­lich zuein­ander“. Der Post ist mitt­ler­weile gelöscht. Und Stürmer Daniel Frahn wurde nach Ver­eins­an­gaben für seine Aktion im Spiel gegen Alt­glie­nicke zwar mit einer Geld­strafe belegt, der fade Bei­geschmack bleibt aber bestehen. Das Shirt, das er nach seinem Tor in die Höhe hielt, wurde immerhin in Neo­nazi-Kreisen pro­du­ziert und getragen. Frahn erklärte, dass ihm diese Zusam­men­hänge nicht bewusst gewesen seien. Von einem 31-jäh­rigen, erfah­renen Fuß­baller seines For­mats sollte man aller­dings doch erwarten können, sich noch einmal genauer zu erkun­digen, bevor er sich mit den ört­li­chen Hoo­li­gans gemein macht.

Leider haben die Unwis­sen­heit und das Negieren in Chem­nitz fast schon eine trau­rige Tra­di­tion. Am Sonntag ist Geschäfts­führer Thomas Uhlig infolge der Ereig­nisse von seinem Posten zurück­ge­treten und hat damit die Haupt­ver­ant­wor­tung auf sich genommen. Der Chem­nitzer FC sollte sich darauf aller­dings nicht aus­ruhen und klar Stel­lung beziehen gegen die weit ver­wur­zelten rechten Struk­turen in seiner Fan­szene – und den Worten dann auch end­lich eine ange­mes­sene Praxis folgen lassen, anstatt die Neo­nazis weiter zu hofieren. Ansonsten dürfte die nächste Welle der Empö­rung nicht lange auf sich warten lassen.