Er brauchte nur zwei Jahre, um in Frankfurt zur Legende zu werden – jetzt steht er vor der Rückkehr: Luka Jovic über seine Kindheit in Belgrad, dicke Waden und seine Liebe zur Eintracht.
Gingen Ihre Eltern mit nach Serbien?
Nein, ich wohnte mit anderen Jugendspielern in einer Art Fußballer-WG. Zu Beginn war das natürlich nicht einfach. Ich war jung, ich habe meine Familie vermisst. Aber man muss sich daran gewöhnen und schnell erwachsen werden.
Das haben Sie offensichtlich geschafft. Vor wenigen Wochen konnten Sie bereits ein erstes echtes Profijubiläum feiern. Wissen Sie, was wir meinen?
Natürlich, den 28. Mai 2014. Mein Debüt für Roter Stern Belgrad ist jetzt etwas mehr als fünf Jahre her.
Sie trafen damals nur drei Minuten nach Ihrer Einwechslung zum 3:3 gegen Novi Sad. Durch das Tor wurden Sie mit 16 Jahren, fünf Monaten und fünf Tagen zum jüngsten Torschützen der Vereinsgeschichte. Und Roter Stern Belgrad serbischer Meister.
Ich bekam die Chance, in einem der stärksten Roter-Stern-Teams aller Zeiten zu debütieren. Wir lagen mit 2:3 zurück, dann wurde ich eingewechselt. Ich habe die Szene im Kopf, als wäre sie gestern passiert: Ich bin gerade zwei Minuten auf dem Feld, da bekomme ich einen großartigen Chipball von Milos Ninkovic in die Tiefe gespielt. Ich pflücke ihn mit der Brust aus der Luft und schiebe ihn dann aus spitzem Winkel am Torwart vorbei in die lange Ecke. Das muss man sich mal vorstellen: Ich traf mit meinem ersten Torschuss als Profi! 15 Minuten später waren wir serbischer Meister. Ein großartiger Tag. Ich trage das Datum bis heute eingestickt auf meinen Fußballschuhen.
Durften Sie als 16-Jähriger überhaupt mitfeiern? Oder mussten Sie die Party um Mitternacht verlassen?
Ich habe damals nie mit den Erwachsenen gefeiert. Erst zum Schluss, in meiner letzten Saison, als ich 18 Jahre alt war, wurde es normaler, mit den Alten nach dem Spiel unterwegs zu sein. Aber als 16-Jähriger? Nein. Ich bin nach dem Spiel einfach nach Hause gegangen.
Denkt man an Roter Stern Belgrad, denkt man sofort an den legendären Spielertunnel. Einen etwas runtergerockten, grau betonierten und engen Gang, der aussieht, als würde man in einen Kerker geführt werden und nicht in ein Fußballstadion. Rutscht dem Gegner in diesem Tunnel das Herz automatisch in die Hose?
Das müssten Sie die Gegner fragen! Zum Beispiel die Liverpool-Spieler, die dort mit 0:2 verloren haben. (Lacht.) Aber klar, ich habe erlebt, wie manchen Gegenspielern dort die Knie schlotterten. Zumal unsere alten Hasen immer schon im Tunnel anfingen, die andere Mannschaft auch mit Trash-Talk einzuschüchtern. Für mich war der Gang aber irgendwann Routine. Ich kenne den Tunnel schon seit meiner Kindheit.
Warum das?
Es gibt in Belgrad einen Brauch. Hinter den Spielern laufen stets Kinder, ausgestattet mit Fahnen, die sie dann auf dem Platz schwenken. Wenn ich als Kind die Chance bekam, das zu tun, war das eine große Ehre. Allerdings musste ich auch mental darauf vorbereitet sein. Auf den Lärm im Tunnel. Auf das Getöse. Auf den Druck, den man spürt. Aber dementsprechend wurde ich als Spieler nicht mehr nervös, wenn ich ins „Marakana“ einlief.
Allgemein scheint Ihnen Druck nicht viel auszumachen. Roter-Stern-Präsident Zvezdan Terzic bestand angeblich darauf, dass Sie schon als 16-Jähriger die Rückennummer neun bekamen. Obwohl es deswegen zum Streit mit Platzhirsch Djordje Despotovic kam.
Er wunderte sich, warum ich als Kind diese Nummer bekommen sollte. Terzic, der einer meiner größten Förderer war, antwortete ihm: „Selbst wenn Robin van Persie jetzt von Manchester United käme, würde ich Jovic die Neun geben.“ Aber es war alles halb so wild. Ich kannte Despotovic zum Glück gut, er wohnte nur ein paar Minuten von mir entfernt. Wir hatten keinen Ärger.