Ein Kopfball zum Verlieben, ein Stürmer für die Denkmalpflege, Nickelback im Mittelfeld – die deutsche Mannschaft gegen Portugal in der Einzelkritik.
Manuel Neuer
Der Mann ist wie der beste Freund: Wenn man ihn braucht, ist er da. Parierte in der ersten Halbzeit stark gegen Cristiano Ronaldo und erwarb sich damit bei Mannschaftskollege Philipp Lahm den Hausfrauen-Status des Tages: Den Fehler des Kapitäns bügelte Neuer einfach aus. Anschließend durfte Neuer die tropische Hitze genießen, er hätte das durchaus auch mit Sonnenliege und Schirmchen-Drink tun dürfen – gegen die schwachen Portugiesen blieb er anschließend beschäftigungslos wie ein Sonnencreme-Einreiber beim Jahresurlaub des Albino-Vereins Buxtehude West.
Mats Hummels
„Der Jürgen Kohler“, schwärmte einst ein deutscher TV-Kommentator, „würde selbst einen Kasten Bier aus dem Strafraum köpfen!“ Der Jürgen Kohler hat seit gestern einen würdigen Nachfolger, nämlich den Mats Hummels. Der war gegen die Portugiesen dermaßen souverän in seinen Luftduellen, dass er wahrscheinlich eine Staffel Eurofighter aus dem Strafraum geköpfelt hätte, wenn man es denn von ihm verlangt hätte. Sein Kopfballtor zum 2:0 war außerdem von so eindrücklicher Schönheit, dass sich nach Informationen von 11FREUNDE eine Krise im Hause Hummels anbahnt: Vorzeige-Spielerfrau Cathy soll nach dem Spiel eine Affäre mit diesem Treffer angefangen haben.
Per Mertesacker
Angenommen, wir sollten mal auf einem alten Kutter in Seenot geraten. Mitten im Atlantischen Ozean. Von rechts käme eine Monsterwelle, von links eine Riesenkrake, von vorne Moby Dick und von hinten Moby Dicks Zwillingsbruder. Wir würden uns Per Mertesacker als Kapitän wünschen. So souverän wie sich Mertesacker als Abwehrchef gegen Portugal präsentierte, hätte er vermutlich auch noch die Titanic vor dem Untergang bewahrt. Eisberge und drohender Tod wären einfach weggegrätscht worden. Fürs erste reichte sein Einsatz für den Sieg im WM-Eröffnungsspiel. Jetzt warten wir, mit einer 1,98 Meter großen Popcorn-Tüte in der Hand, wer in den kommenden Spielen noch alles am Eisberg Merte zerschellen wird. My Per will go on.
Jerome Boateng
Na gut. Wer so gut spielt, wie Jerome Boateng gegen den angeblichen Weltfußballer Ronaldo, dem verzeihen wir auch die Nacktschnecken-Frisur auf dem zu sechs Achtel abrasierten Schädel. Boateng gegen Ronaldo – das Duell entwickelt sich langsam zu einem Klassiker im Weltfußball. Wie früher Matthäus gegen Maradona. Mit dem Unterschied, dass Boateng bislang sämtliche Aufeinandertreffen für sich entscheiden konnte und bislang noch nicht verhaltensauffällig wurde, wenn es um Fantasie-Hochzeiten mit ukrainischen Abiturientinnen geht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Benedikt Höwedes
Höwedes auf links hinten. Klang vor dem Anpfiff wie: „Christian Ströbele bei der CSU“ oder „Ferrari ab sofort nur noch mit Elektromotoren“. Dann bewies der Schalker seine Fähnlein-Fieselschweif-Qualitäten und war 90 Minuten lang allzeit bereit. Wir warten gespannt ab, welche Positionen Löw bei diesem Turnier noch für Höwedes vorgesehen hat. Unsere Favoriten: Torwart-Trainer, Küchenchef, Doktor Müller-Wohlfahrt-Double. Wir sind uns sicher: Der Höwedes wird das auch noch rocken.
Toni Kroos
Kroos ist der Nickelback der deutschen Nationalmannschaft: Es ist so einfach, sich über ihn zu beschweren und lustig zu machen, gleichzeitig hat er viele stille Bewunderer, die sich heimlich seine CDs kaufen bzw. sein Spiel bewundern. Gegen Portugal begann Kroos schwach – eine Minute lang war von ihm nichts zu sehen. Dann platzierte er einen Eckball auf das Haupt von Mats Hummels und spielte den Pass zum 3:0 durch Thomas Müller. Ach ja: Und in der Zwischenzeit verteilte er die Bälle geschickter als ein Balljunge im Wimbledon-Finale. Wir freuen uns schon aufs zweite deutsche Spiel, wenn Toni Kroos zum Anpfiff brüllt: „New balls, please!“
Philipp Lahm
Lahm hat in dieser Saison exakt drei Fehler gemacht. An den einen können wir uns nicht erinnern (vermutlich ein Fehlpass beim Stand von 8:0 gegen den HSV), die anderen beiden im Spiel gegen Portugal. Zweimal verlor Lahm den Ball auf seiner Position im zentralen Mittelfeld gegen heranstürmende Portugiesen, einmal führte das zu einer Torchance (siehe Neuer gegen Ronaldo), einmal wurde die Szene wegen Foulsspiels abgepfiffen. Nicht ganz so tragisch, möchte man meinen, aber weil das Philipp Lahm war, der einen beinahe wegweisenden Fehler produzierte, konnte man Deutschlandweit ein Raunen in deutschen Wohnzimmern vernehmen. Fehler von Lahm kommen nämlich so häufig vor, wie Frisurenwechsel von Joachim Löw: Högschdens alle zehn Jahre. Gut zu wissen: Sein Fehlerkontingent hat Lahm für diese WM bereits aufgebraucht.
Mesut Özil
Wann tritt der erste traurige Clown im Mesut-Özil-Trikot auf? Kein Fußballer auf dieser Welt bewegt sich depressiver über den Rasen, als der Mann vom FC Arsenal. Keiner schlenkert so unbeteiligt über den Platz, dass man aus der Ferne wetten würde, es handele sich um einen bekifften Flitzer und nicht um einen der besten Mittelfeldspieler der Welt. Gegen Portugal war Özil nicht auffällig, erwies sich seiner Mannschaft aber dennoch als immerfreie Anspielstation – der traurige-Clown-Aura zum Trotz. Sehr schade: Dass Özil bei seiner Auswechslung so betröppelt aus der Wäsche schaute, als wäre Mandy Capristo gerade mit dem Kopfballtor von Mats Hummels fremd gegangen. Zur Erinnerung: Da stand es gerade 3:0 für seine Mannschaft. Irgendein Körpertherapeut muss dem Mann doch endlich mal Freistunden anbieten.
Sami Khedira
Lieber Gott. In unserem nächsten Leben hätten wir gerne folgende körperliche Merkmale:
- das Gesicht von Mats Hummels
- den Körper von Manuel Neuer
- die Geschwindigkeit von André Schürrle
- die Gesamtgeilheit von Thomas Müller
- und vor allem: das Heilfleisch von Sami Khedira
Danke!
Mario Götze
Vor einigen Jahren war es doch noch so: Da bekam auf Linksaußen Marco Bode den Ball zugespielt und uns ging einer ab, wenn es dem guten Marco in zwei Minuten gelang, nicht nur den Ball unter Kontrolle zu bringen, sondern auch noch eine Ecke rauszuholen. Heute segelt eine 50-Meter-Flanke auf Mario Götze, und ehe wir noch unfallfrei „Marco Bode Fußballgott“ ausgesprochen haben, hat Götze den Ball angenommen, zwei Verteidiger umkurvt und aufs Tor geschossen. Dieser kleine Mann hat mehr Ballgefühl in der rechten Brustwarze als der gesamte deutsche 2002er-WM-Kader zusammen. Gewagte Prognose: Mario Götze wird nach der WM von begeisterten Brasilianern zwangsadoptiert.
Thomas Müller
Wo anfangen, wo aufhören, wenn es um die Lobpreisung für Thomas Müller geht? Monatelang hat sich Deutschland nun heiß gelabert, ob der Nationalmannschaft ein waschechter Mittelstürmer fehlt – seit gestern wissen wir: Das Land hat sich den Mund verbrannt. Kaum hat das Turnier begonnen, hat Thomas Müller auch schon drei Tore geschossen. Drei mehr als der angeblich talentierteste Mittelstürmer seiner Zeit, Wayne Rooney. Es waren die Müllerschen WM-Tore sechs, sieben und acht. Das allein hätte ausgereicht, um uns bei der Wahl unseres nächsten Steißtattoos zumindest über ein Müller-Konterfei nachdenken zu lassen. Was uns aber besonders verknallt macht, ist Müllers Verhalten, wenn die Kugel grade mal nicht rollt. Seine Tore bejubelt der Mann so oldschool, dass selbst Namensvetter Gerd dagegen wie ein 70er-Jahre-Poser wirkt. Und beim Kopfstößchen von Pepe schrie Müller nicht etwa nach der nächst gelegenen SWAT-Einheit, sondern reagierte so, wie man sich das von einem Typen mit zwei funktionierenden Hoden erwartet: Er sprang auf und fragte Pepe „WAS DIE SCHEISSE“ denn nun eigentlich sollte. Nach dem Spiel befürchtete Müller dann sogar einen Imageschaden und hoffte zaghaft, dass „da wirklich was gewesen“ sei. War es, lieber Thomas. Wir gehen jetzt mal los, und bauen dir einen Denkmal aus Natürlichkeit und Sympathie.
André Schürrle
Kam nach 63 Minuten für Özil, sprintete ein paarmal wildpferdartig durch des Gegners Hälfte und spielte Götze einen Pass zu, den der fast zum Tor verwertet hätte. Schürrle, so sagt man, sein ein idealer Einwechselspieler. Weil er sofort voll da sei. So wie wir früher auf den Studentenpartys, wenn wir uns mit der Bierpong auf den Abend vorbereiteten. Aber das ist eine andere Geschichte.
Shkodran Mustafi
Noch vor einigen Tagen durfte sich Shkodran Mustafi damit die Zeit vertrödeln, wo und wann und mit wie viel Bier er sich die Spiele seiner Landsleute in Brasilien anschauen würde. Dann wurde er für den verletzten Reus nachnominiert, flog nach Brasilien – und wurde im ersten Spiel eingewechselt. Wenn er jetzt noch den Kopfballtreffer von Mats Hummels flachlegt, können wir voller Überzeugung sagen: Der Mann lebt unseren Traum.
Lukas Podolski
Poldi wurde die Ehre zuteil, Thomas Müller zu ersetzen. Also blies er die Nüstern auf, wie ein gedoptes Rennpferd, ging in den letzten sieben Minuten noch in acht Laufduelle und eine Schubserei. Denn Mann muss man einfach lieben.