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Nanda Lal Subedi

Fünf Jahre habe ich in Katar für eine Firma in ver­schie­denen Jobs gear­beitet, etwa als Sicher­heits­mann oder als Maurer. Die Sicher­heits­vor­keh­rungen waren schlecht. Einmal sah ich einen ben­ga­li­schen Arbeiter, der unge­si­chert aus dem zweiten Stock eines Hauses fiel, das im Bau war. Viele Arbeiter wurden nicht mal mit der nötigsten Sicher­heits­aus­rüs­tung aus­ge­stattet. Ich bekam für meh­rere Jahre einen Helm, und ich wusste, wenn ich den ver­liere, gibt es keinen neuen. Also bewahrte ich ihn auf wie ein Hei­ligtum, an einem sicheren Ver­steck in meinem Zimmer. Die Situa­tion für viele Arbeits­mi­granten ver­schlech­terte sich wäh­rend Corona und der Katar-Blo­ckade. Die Preise für das Nötigste stiegen stark an, unsere Unter­nehmen ergriffen kaum Schutz­maß­nahmen gegen das Virus. Viele ver­loren auch ihre Jobs oder wurden über Monate nicht bezahlt. Die Stim­mung in den Lagern spannte sich an. Bei uns waren fünf bis sieben Arbeiter in einem kleinen Raum unter­ge­bracht. Ein Bett musste man sich mit einer anderen Person teilen. Ständig fiel der Strom aus, flie­ßendes Wasser gab es nur zu bestimmen Uhr­zeiten. Es war schlimm, und ich beschloss heim­zu­kehren. Was aber nicht so ein­fach war ohne Geld. Das PNCC (Pra­vasi Nepali Co-ordi­na­tion Com­mittee), eine Orga­ni­sa­tion für nepa­le­si­sche Arbeits­mi­granten, hat mir schließ­lich dabei geholfen, zurück nach Nepal zu kommen. Seit Januar 2020 bin ich wieder zu Hause und arbeite auch hier als Maurer. Ich warte aller­dings immer noch auf aus­ste­hende Bonus­zah­lungen, die mein Arbeit­geber mir ver­wei­gert. Ich würde nie wieder nach Katar gehen.

Die Akte Katar

Wie der Wüs­ten­staat sich eine WM kaufte und Wan­der­ar­beiter dafür teuer bezahlten

Maya Devi Chaud­hary

In Nepal gab es keine Jobs für meinen Mann Bindi, des­halb ging er erst für zehn Jahre nach Saudi-Ara­bien und im Januar 2020 nach Katar. Dort war er anfangs auf Bau­stellen tätig, später arbei­tete er als Elek­triker. Wir tele­fo­nierten täg­lich mit­ein­ander. Aber im Juni konnte ich ihn nicht mehr errei­chen, und nach drei Tagen bekam ich es mit der Angst zu tun. Weil ich kein Eng­lisch spreche, bat ich seinen jün­geren Bruder Debar, ihn zu finden. Debar flog nach Doha und fand heraus, dass Bindi in ein Kran­ken­haus ein­ge­lie­fert wurde, die Ärzte sagten aber, es gebe keinen Grund zur Sorge. Debar durfte ihn trotzdem nicht auf der Sta­tion besu­chen. Am 17. Juni 2020 sagten die Ärzte dann plötz­lich, er sei gestorben. Ich weiß bis heute nicht, wo er war, als er seinen letzten Atemzug gemacht hat. Ver­mut­lich starb er durch einem elek­tri­schen Schlag. Ich habe keine Ahnung, wie es wei­ter­gehen soll. Wir leben in Nawal­pa­rasi, im Westen von Nepal. Wir sind stark von der eigenen Land­wirt­schaft abhängig. Ich habe zwei Söhne, die helfen mir mit der Arbeit, aber sie müssen ja auch zur Schule.

Wenn wir krank wurden, mussten wir uns selbst pflegen, Kran­ken­häuser lehnen Migranten aus Dritt­welt­län­dern ab, sie unter­suchten uns nicht und gaben uns keine Medi­ka­mente.“

Raj­nesh Pokhrel (Name geän­dert)

Ich bin 25 Jahre alt und komme aus dem Distrikt Dolakha in Zen­tral­nepal. 2015 ent­schied ich mich, für fünf Jahre nach Doha zu gehen. Ich nahm einen Kredit über 100.000 nepa­le­si­sche Rupie (730 Euro) auf und über­wies es an einen Arbeits­ver­mittler. Für fünf Jahre habe ich danach für den Bau­zu­lie­ferer Qatar Kuwait gear­beitet. Das Geld konnte ich kaum zurück­zahlen, denn ich erhielt nur den Min­dest­lohn von 1000 kata­ri­schen Riyals (230 Euro), und das Leben in Katar ist sehr teuer. Wir bekamen zwar zehn Kilo Reis pro Monat, aber wenn wir was anderes essen wollten, mussten wir es uns selbst kaufen. Wir waren zu viert in einem Raum unter­ge­bracht, in Hoch­betten. Weil die Matratzen durch­ge­legen waren und stanken, mussten wir neue kaufen. Wenn ich mor­gens duschen wollte, musste ich um 4 Uhr auf­stehen, weil dann die Gemein­schafts­ba­de­zimmer noch frei waren. Auf der Bau­stelle haben wir acht Stunden durch­ge­ar­beitet – ohne Pause, ohne Schatten. Wenn wir krank wurden, mussten wir uns selbst pflegen, Kran­ken­häuser lehnen Migranten aus Dritt­welt­län­dern ab, sie unter­suchten uns nicht und gaben uns keine Medi­ka­mente. Ich habe immer wieder erlebt, dass Arbeits­mi­granten aus Nepal, Sri Lanka, Ban­gla­desch, den Phil­ip­pinen und Indien ver­bale und phy­si­sche Gewalt erlebt haben. Und wenn wir uns doch ent­schieden, ein Kran­ken­haus auf­zu­su­chen oder mal einen Tag zu fehlen, wurden uns direkt zwei Tage abge­zogen. Das wollte kaum jemand ris­kieren, also schuf­teten die meisten immer weiter, auch wenn sie krank oder erschöpft waren. Das ist auch eine Ursache, warum viele der Gast­ar­beiter in Katar sterben. Es ist die Angst.