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Seite 2: Stolz der türkischen Community

Schon die ganze Woche gab es kaum einen Later­nen­pfahl, der nicht mit einem Banner aus­ge­stattet war, der dem LOSC viel Glück für den End­spurt wünschte. Jetzt ist in der Stadt die Hölle los. Bis in die Mor­gen­stunden wird gehüpft (denn wer nicht hüpft, ist kein Lil­lois), gegrölt (Paris wird im wei­testen Sinne der Geschlechtsakt ange­boten) und geböl­lert.

Gegen 1 Uhr nachts skan­diert der ganze Platz: Burak, Burak, Burak!” Es scheint, als hätte dieser Burak wohl einiges richtig gemacht. In seiner ersten Saison für die Nord­fran­zosen ist der 35-jäh­rige Burak Yilmaz, der zuvor in der Türkei und in Fernost gegen den Ball trat, zum Fan­lieb­ling mutiert. Mit 19 Toren, dar­unter auch ein Kreuzeck-Hammer im Derby gegen den RC Lens und der ent­schei­dende Elf­meter zum 2:1 gegen Angers am letzten Spieltag, hat er einen erheb­lich Anteil daran, dass der LOSC sich nun Meister schimpfen darf.​„Ein echter Leader!”, hört man allent­halben. Oder:​„Der scheut nicht davor, sich die Hände schmutzig zu machen!” Er ist nicht weniger als das, was man im Volks­mund einen klas­si­schen Fuß­ball­gott nennt.

Ich kenne ihn von der tür­ki­schen Moschee. Manchmal kommt er sogar in mein Restau­rant zum Essen”

Necati

Neben Tor­wart Mike Maignan und dem von den Bayern geschassten Renato San­ches war es beson­ders das Trio aus Rechts­ver­tei­diger Zeki Çelik sowie den Angrei­fern Yusuf Yazici und eben Burak Yilmaz, das zu begeis­tern ver­mochte.

Sie sind unser ganzer Stolz”, feiert Necati, gehüllt in eine Türkei-Fahne. Sein Kumpel Emre trägt sogar ein hand­si­gniertes Trikot von Çelik.​„Ich kenne ihn von der tür­ki­schen Moschee. Manchmal kommt er sogar in mein Restau­rant zum Essen”, erzählt er mit einem Grinsen. Sie sind extra aus Rou­baix, wo die tür­ki­sche Com­mu­nity beson­ders prä­sent ist, nach Lille gefahren, um ihre Helden zu feiern. Die lokale Sport­zei­tung La Voix des Sports twit­terte sogar auf tür­kisch:​„LOSC şam­pi­yonu!”.

Party mit Ver­spä­tung

Und die Spieler? Sitzen im Pri­vatjet in Angers fest. Schlechte Wit­te­rungs­ver­hält­nisse machen eine Lan­dung in Lille unmög­lich. Erst um 5 Uhr in der Früh erreicht der Flieger den hei­ligen Boden – und prompt stehen 2000 Fans Spa­lier. Feiern geht in Nord­frank­reich auch bei schlechtem Wetter und unchrist­li­chen Uhr­zeiten.

Wäh­rend der obli­ga­to­ri­schen Meis­ter­schafts­pa­rade einige Stunden später wollen Tau­sende den Bus mit Spie­lern und Schale sehen. Die Polizei spricht von 15000 Teil­neh­mern, doch wer zwei Augen im Kopf hat, wird schnell zum Schluss kommen, dass die Fans heute auch ein ganzes Sta­dion hätten füllen können. An Aero­sole und Arm­längen denkt heute nie­mand. Schon um 15:30 Uhr, eine Stunde vor der geplanten Ankunft des Busses, herrscht eine Stim­mung wie auf dem Grand Place am Vor­abend.

Nun wartet die Cham­pions League

Ich war schon vor zehn Jahren hier, damals noch mit­ten­drin”, erin­nert sich Maxime, der mit seiner Frau und seinen drei Kin­dern gekommen ist.​„Jetzt will ich meinen Kin­dern die Stim­mung zeigen”. Sein Sohn Tom, 7 Jahre, scheint die Initia­tive seines Vaters zu begrüßen.​„Sowas habe ich noch nie gesehen”, schwärmt er mit weit auf­ge­ris­senen Augen.

Und nächste Saison dann gegen Bayern, Inter oder Real in der Cham­pions League?​„Egal, dabei sein ist alles. Und solange sich die Jungs rein­hängen, und das glaube ich, ist mir alles recht”, meint Teddy, 30, der nur für die Feier in die Stadt gekommen ist.

Wäh­rend sich Burak Yilmaz in seinem engen, weißen Hemd in der Menge feiern lässt, bahnt sich der Bus seinen Weg zum Rat­haus. Mitten in der Menge sitzt auf einer Ampel ein ein­samer Fan – natür­lich – im Burak-Trikot. In guter, alter Ribéry-Manier hat er sich die 17 und seinen Namen in die Haare rasiert.