Vor sieben Jahren verließ der Drittligaprofi Andy Nägelein Deutschland und suchte in Zypern und Asien sein Glück. Mittlerweile ist er Nationalspieler Hongkongs.
Momentan spielen Sie für Eastern AA in Hongkong. Wie läuft es dort für Sie?
Wir sind vor knapp zwei Wochen Meister der Premier League geworden. Man kann den Fußball, der in Hongkong gespielt wird, nicht wirklich mit dem chinesischen vergleichen. Der Unterschied liegt vor allen Dingen darin, dass in Hongkong mehr Ausländer spielen dürfen. Ich spiele in einer Mannschaft mit Serben, Kroaten, Engländern und Brasilianern. Von daher habe ich auf dem Feld manchmal das Gefühl, in Europa zu spielen.
Wie läuft es denn generell mit der Kommunikation untereinander?
In Hongkong ist es definitiv einfacher als in China. Die meisten Leute hier sprechen Englisch. Auf dem Fußballfeld kommunizieren wir auch über Englisch, genauso unsere Trainerin, wenn sie uns Anweisungen gibt.
Ihre Trainerin?
Wir werden von einer Frau trainiert. Vor ein paar Tagen war ein Team vom Guinness Buch der Rekorde bei uns auf dem Vereinsgelände, weil unsere Trainerin die erste Frau der Welt ist, die eine professionelle Männer-Mannschaft zu einem Titel geführt hat. Sie war lange Zeit unsere Co-Trainerin. Als unser Trainer vor ein paar Monaten nach China gegangen ist, wurde sie befördert.
Wie ist es, von einer Frau an der Seitenlinie Anweisungen zu bekommen?
Zu Beginn fand ich es ein bisschen schwierig. Als Spieler schaust du immer, was dein Trainer vorzuweisen, wo er schon gespielt und welche Titel er in seiner Karriere geholt hat. Da unsere Trainerin selbst nicht aktiv war, gab es anfangs eine gewisse Skepsis, und ich war mir nicht sicher, ob sie tatsächlich das Vertrauen der Spieler gewinnt. Es war gewöhnungsbedürftig. Trotzdem war von Anfang an klar, dass sie der Boss ist. Du musst akzeptieren, was gesagt wird. Durch die Meisterschaft hat sie sowieso alle Skeptiker verstummen lassen.
Ihr deutscher Name ist Andreas Nägelein. Wie sieht das in Hongkong aus?
Meine Mutter ist Hongkonesin und mein Vater stammt aus Deutschland. Mein Opa mütterlicherseits heißt Ling Fung und dies ist gleichzeitig mein chinesischer Name. Mein deutscher Großvater heißt Hannes. Daher heiße ich hier in Hongkong Andy Hannes Ling Fung Nägelein.
2013 gaben Sie im Alter von 32 Jahren Ihr Debüt für die Nationalmannschaft Hongkongs. Was war das für ein Gefühl?
Eigentlich hatte ich nicht mehr damit gerechnet, noch mal für die Nationalmannschaft aufzulaufen. Ich habe mir im Alter von 31 Jahren in Hongkong das Schienbein gebrochen und dachte für einen kurzen Moment, dass es das mit der Karriere gewesen sein könnte, weil ich ein Jahr pausieren musste. Nach meiner Genesung bin ich zurück nach China, zu Guizhou Zhicheng, gewechselt und feierte ein starkes Debüt. Als defensiver Mittelfeldspieler konnte ich in den ersten zehn Spielen nach meiner Verletzung sechs Tore schießen. Durch die ansprechenden Leistungen ist der Nationaltrainer auf mich aufmerksam geworden. Dabei hätte es eigentlich schon früher zu einem Einsatz kommen können.
Inwiefern?
Ich stand bereits 2010 in Kontakt mit der Nationalmannschaft. Damals war das Ganze aber recht schwierig, weil ich noch nicht in Hongkong gespielt hatte und der damalige Nationaltrainer ausschließlich auf „Local Player“ setzte – auf Chinesen. Zu meinem Glück gab es vor einiger Zeit einen Trainerwechsel zu Kim Pan-gon. Er sagte gleich zu Beginn seiner Amtszeit, dass es für den Erfolg wichtig sei, auch auf Spieler mit ausländischen Wurzeln zu setzen. Falls Hongkong etwas erreichen wolle, müsse man neue Wege gehen. 2013 gab ich mein Debüt in der Asien-Qualifikation gegen die Emirate.
Jogi Löw hat also nicht versucht, Sie zu erreichen?
Für Deutschland hat es leider nicht gereicht. (Lacht.) Von daher war ich sehr froh, dass ich es in die Nationalmannschaft Hongkongs geschafft hatte. Mein Vater saß auf der Tribüne und war richtig stolz. Viele waren am Anfang skeptisch und fragten sich, ob ich der Mannschaft weiterhelfen würde. Schließlich war ich zum Zeitpunkt meines Debüts 32 Jahre jung. Auch mein Nationaltrainer stand nach meiner Nominierung ganz schön unter Druck, aber wir wurden beide belohnt, weil ich ein sehr ordentliches Spiel machte.
Wie geht es in nächster Zeit für Sie weiter?
Mein Vertrag bei meinem Verein Eastern AA läuft Ende dieses Monats aus. Ich bin generell offen für alles, kann mir vieles vorstellen. Auch ein Engagement in einem anderen Land fände ich sehr interessant, da ich mich gerne auf Abenteuer einlasse. Ende Mai werde ich aber erst mal ein paar Wochen in Deutschland und Europa verbringen. Die Rücktickets sind noch nicht gebucht, da ich nicht weiß, wo es mich danach hinverschlägt. Ob China, Hongkong oder was anderes werden wir sehen.