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Seite 3: „Unsere Trainerin kommt ins Guinness-Buch“

Momentan spielen Sie für Eas­tern AA in Hong­kong. Wie läuft es dort für Sie?
Wir sind vor knapp zwei Wochen Meister der Pre­mier League geworden. Man kann den Fuß­ball, der in Hong­kong gespielt wird, nicht wirk­lich mit dem chi­ne­si­schen ver­glei­chen. Der Unter­schied liegt vor allen Dingen darin, dass in Hong­kong mehr Aus­länder spielen dürfen. Ich spiele in einer Mann­schaft mit Serben, Kroaten, Eng­län­dern und Bra­si­lia­nern. Von daher habe ich auf dem Feld manchmal das Gefühl, in Europa zu spielen.

Wie läuft es denn gene­rell mit der Kom­mu­ni­ka­tion unter­ein­ander?
In Hong­kong ist es defi­nitiv ein­fa­cher als in China. Die meisten Leute hier spre­chen Eng­lisch. Auf dem Fuß­ball­feld kom­mu­ni­zieren wir auch über Eng­lisch, genauso unsere Trai­nerin, wenn sie uns Anwei­sungen gibt.

Ihre Trai­nerin?
Wir werden von einer Frau trai­niert. Vor ein paar Tagen war ein Team vom Guin­ness Buch der Rekorde bei uns auf dem Ver­eins­ge­lände, weil unsere Trai­nerin die erste Frau der Welt ist, die eine pro­fes­sio­nelle Männer-Mann­schaft zu einem Titel geführt hat. Sie war lange Zeit unsere Co-Trai­nerin. Als unser Trainer vor ein paar Monaten nach China gegangen ist, wurde sie beför­dert.

Wie ist es, von einer Frau an der Sei­ten­linie Anwei­sungen zu bekommen?
Zu Beginn fand ich es ein biss­chen schwierig. Als Spieler schaust du immer, was dein Trainer vor­zu­weisen, wo er schon gespielt und welche Titel er in seiner Kar­riere geholt hat. Da unsere Trai­nerin selbst nicht aktiv war, gab es anfangs eine gewisse Skepsis, und ich war mir nicht sicher, ob sie tat­säch­lich das Ver­trauen der Spieler gewinnt. Es war gewöh­nungs­be­dürftig. Trotzdem war von Anfang an klar, dass sie der Boss ist. Du musst akzep­tieren, was gesagt wird. Durch die Meis­ter­schaft hat sie sowieso alle Skep­tiker ver­stummen lassen.

Ihr deut­scher Name ist Andreas Näge­lein. Wie sieht das in Hong­kong aus?
Meine Mutter ist Hong­ko­nesin und mein Vater stammt aus Deutsch­land. Mein Opa müt­ter­li­cher­seits heißt Ling Fung und dies ist gleich­zeitig mein chi­ne­si­scher Name. Mein deut­scher Groß­vater heißt Hannes. Daher heiße ich hier in Hong­kong Andy Hannes Ling Fung Näge­lein.

2013 gaben Sie im Alter von 32 Jahren Ihr Debüt für die Natio­nal­mann­schaft Hong­kongs. Was war das für ein Gefühl?
Eigent­lich hatte ich nicht mehr damit gerechnet, noch mal für die Natio­nal­mann­schaft auf­zu­laufen. Ich habe mir im Alter von 31 Jahren in Hong­kong das Schien­bein gebro­chen und dachte für einen kurzen Moment, dass es das mit der Kar­riere gewesen sein könnte, weil ich ein Jahr pau­sieren musste. Nach meiner Gene­sung bin ich zurück nach China, zu Guizhou Zhi­cheng, gewech­selt und fei­erte ein starkes Debüt. Als defen­siver Mit­tel­feld­spieler konnte ich in den ersten zehn Spielen nach meiner Ver­let­zung sechs Tore schießen. Durch die anspre­chenden Leis­tungen ist der Natio­nal­trainer auf mich auf­merksam geworden. Dabei hätte es eigent­lich schon früher zu einem Ein­satz kommen können.

Inwie­fern?
Ich stand bereits 2010 in Kon­takt mit der Natio­nal­mann­schaft. Damals war das Ganze aber recht schwierig, weil ich noch nicht in Hong­kong gespielt hatte und der dama­lige Natio­nal­trainer aus­schließ­lich auf Local Player“ setzte – auf Chi­nesen. Zu meinem Glück gab es vor einiger Zeit einen Trai­ner­wechsel zu Kim Pan-gon. Er sagte gleich zu Beginn seiner Amts­zeit, dass es für den Erfolg wichtig sei, auch auf Spieler mit aus­län­di­schen Wur­zeln zu setzen. Falls Hong­kong etwas errei­chen wolle, müsse man neue Wege gehen. 2013 gab ich mein Debüt in der Asien-Qua­li­fi­ka­tion gegen die Emi­rate.

Jogi Löw hat also nicht ver­sucht, Sie zu errei­chen?
Für Deutsch­land hat es leider nicht gereicht. (Lacht.) Von daher war ich sehr froh, dass ich es in die Natio­nal­mann­schaft Hong­kongs geschafft hatte. Mein Vater saß auf der Tri­büne und war richtig stolz. Viele waren am Anfang skep­tisch und fragten sich, ob ich der Mann­schaft wei­ter­helfen würde. Schließ­lich war ich zum Zeit­punkt meines Debüts 32 Jahre jung. Auch mein Natio­nal­trainer stand nach meiner Nomi­nie­rung ganz schön unter Druck, aber wir wurden beide belohnt, weil ich ein sehr ordent­li­ches Spiel machte.

Wie geht es in nächster Zeit für Sie weiter?
Mein Ver­trag bei meinem Verein Eas­tern AA läuft Ende dieses Monats aus. Ich bin gene­rell offen für alles, kann mir vieles vor­stellen. Auch ein Enga­ge­ment in einem anderen Land fände ich sehr inter­es­sant, da ich mich gerne auf Aben­teuer ein­lasse. Ende Mai werde ich aber erst mal ein paar Wochen in Deutsch­land und Europa ver­bringen. Die Rück­ti­ckets sind noch nicht gebucht, da ich nicht weiß, wo es mich danach hin­ver­schlägt. Ob China, Hong­kong oder was anderes werden wir sehen.