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Dass Spieler für Summen jen­seits der 100 Mil­lionen Euro den Verein wech­seln, ist inzwi­schen Nor­ma­lität geworden. So wäre der Transfer von Joao Felix zu Atle­tico Madrid für 126 Mil­lionen Euro vor einigen Jahren wohl noch eine Eil­mel­dung wert gewesen. Heute nicken viele einen sol­chen Transfer ein­fach nur ab. Der nächste Bitte. Dabei ist die Ver­pflich­tung von Joao Felix anders. Felix gehört nicht zu den Spie­lern, denen seit Jahren eine Welt­kar­riere vorher gesagt wird – ganz im Gegen­teil.

Erst im April dieses Jahres wird Joao Felix dem Publikum in Deutsch­land wirk­lich bekannt. In der Europa League trifft Ben­fica Lis­sabon auf Ein­tracht Frank­furt. Für den por­tu­gie­si­schen Verein, der sich ins­ge­heim nach der Cham­pions League sehnt, ein Spiel, wel­ches im Ver­gleich zur Liga für viele Fans nur von geringer Rele­vanz ist. Joao Felix steht bei diesem Spiel in der Startelf. Im Vor­feld der Partie wird viel über das Jahr­hun­dert­ta­lent“ gespro­chen. Nach 54 Minuten ist klar, dass es nach dem Spiel nur um Joao Felix gehen wird. Drei Tore hat er zu diesem Zeit­punkt erzielt, ein wei­teres vor­be­reitet. Bei seinem dritten Tor umarmt er einen Ball­jungen, bricht in Tränen aus. Der Ball­junge ist sein Bruder und die Tränen zeigen, wie uner­wartet und unvor­be­reitet der Durch­bruch Felix trifft.

Kein vor­ge­fer­tigter Weg 

Dabei sah es ein paar Monate zuvor noch nicht nach einer großen Kar­riere aus. Wenn man ehr­lich ist, sah es nicht mal danach aus, dass er den Durch­bruch im Män­ner­be­reich über­haupt schaffen könnte.

Joao Felix wird 1999 in Viseu geboren, einer kleinen Stadt im Norden Por­tu­gals, 124 Kilo­meter ent­fernt von Porto. 2008 wech­selt er zum FC Porto, bleibt dort sechs Jahre und durch­läuft die Jugend­mann­schaften, bis er 2014 den Verein ver­lassen muss. Die Begrün­dung: zu klein, zu dünn. Felix hat keine Per­spek­tive in Porto und landet über den Umweg Padroense FC schließ­lich in Lis­sabon. Seit dem Wechsel zu Ben­fica geht es mit seiner Kar­riere wieder auf­wärts – Zweifel an seiner Durch­set­zungs­fä­hig­keit bleiben aber bestehen.

Mit 17 spielt er für die zweite Mann­schaft Lis­sa­bons, kann mit sechs Toren in zehn Spielen auch bei der U19 in der Youth League über­zeugen. Ein Jahr später gehört er zwar dem Kader der Pro­fi­mann­schaft an. Aller­dings stellt sich Trainer Rui Vitoria nicht als För­derer heraus, setzt ihn nur sieben Mal ein. In der Cham­pions League steht er zumeist nicht einmal im Kader. Erst als im Januar Bruno Lage neuer Chef­trainer der Mann­schaft wird, kommt Felix zu regel­mä­ßigen Ein­sätzen und wird schnell zum Fix­punkt des gesamten Spiels. In 19 Ein­sätzen stehen 13 Tore zu Buche, etliche Vor­lagen kommen hinzu. In Lis­sabon“, sagt Felix, habe ich den Spaß am Fuß­ball wie­der­ge­funden.“

Sein Spiel ver­eint alles, was ein Offen­siv­spieler gebrau­chen kann: Er ist schnell, beid­füßig, trotz seiner Größe erstaun­lich kopf­ball­stark und ver­fügt über eine unfass­bare Technik. Schon mit dem ersten Ball­kon­takt ver­schafft er sich meist einen großen Vor­sprung. Instinkt­fuß­baller“ nennen das die Experten. Ver­gleiche mit Lands­mann Cris­tiano Ronaldo, schwirren seit Monaten durch die Gazetten, ergeben aber wenig Sinn. Zu unter­schied­lich die Spiel­stile, zu ver­schieden die kör­per­li­chen Vor­aus­set­zung der beiden. Auf­grund seiner Statur stehen ihm in seiner bis­he­rigen Kar­riere viele skep­tisch gegen­über. Eine Kör­per­größe von 1,80 Meter ist zwar weder groß, noch son­der­lich klein – die dazu­ge­hö­rigen 62 Kilo lassen ihn aber sehr schmal und schwach wirken. Die Zahn­spange, die mar­kant sein Grinsen ziert, lässt ihn noch jugend­li­cher wirken.

Dass die Redu­zie­rung auf seine kör­per­li­chen Vor­aus­set­zungen falsch ist, zeigt er ein­drucks­voll: Schließ­lich reichten 26 Spiele und 15 Tore für die erste Mann­schaft von Ben­fica Lis­sabon, um zum begehr­testen Trans­fer­ob­jekt Por­tu­gals seit Cris­tiano Ronaldo zu werden – zumin­dest an dieser Stelle ist der Ver­gleich ange­bracht. Es gibt kaum einen Top-Verein, der nicht mit ihm in Ver­bin­dung gebracht wurde.

Zu schnell gewachsen

Dabei wirkt es, als sei dem 19-Jäh­rigen selbst noch nicht ganz bewusst, wie schnell sein Auf­stieg vom Bank­drü­cker zur Ronaldo-Nach­folge eigent­lich ging. Etwas beschämt spricht er dar­über, wie sich sein Ansehen ver­än­dert habe: Der Erfolg hat mir mit den Mäd­chen sehr geholfen. Auf den sozialen Medien schi­cken sie mir oft Fotos, auch nackt.“ Wie er das so erzählt, wirkt es, als wisse er gar nicht genau, was er damit anfangen solle. Mit all der Auf­merk­sam­keit und den Nach­richten.

Auch des­halb könnte der Schritt zu Atle­tico Madrid genau der rich­tige sein. Der Verein ist einer der besten in Spa­nien, Dau­er­gast in der Cham­pions League und wird von Diego Simeone trai­niert. Der von außen zwar oft leicht irre wirkt, aber nach­haltig bewiesen hat, dass er jungen Spie­lern Zeit gibt, sich zu ent­wi­ckeln. Hinzu kommt, dass es bei Atle­tico deut­lich ruhiger zugeht als bei Stadt­ri­vale Real oder bei Bar­ce­lona. Doch die mediale Auf­merk­sam­keit wird nicht weniger werden. Jetzt, wo Atle­tico ihn mit einem Sie­ben­jah­res­ver­trag aus­ge­stattet hat. Sieben Mil­lionen Euro netto soll er ver­dienen. Trotzdem könnte sich Madrid als genau der Ort ent­puppen, an dem Felix in Ruhe reifen, kon­stant seine Leis­tungen abrufen und das letzte biss­chen Schüch­tern­heit ablegen kann, bevor er den Schritt zu einem der ganz großen Teams macht. Und dass Joao Felix zu schmächtig ist, glaubt spä­tes­tens seit dem Spiel gegen Ein­tracht Frank­furt eh nie­mand mehr.