Pal Dardai hat Hertha BSC in einer schwierigen Situation erneut den Hintern gerettet. Dafür sollte er Cheftrainer der Profis bleiben dürfen.
Friedrich hat sich bereits dafür ausgesprochen, dass Dardai Cheftrainer der Profis bleibt. Dass darüber selbst nach dem Klassenerhalt überhaupt noch diskutiert wird, ist einerseits schwer zu verstehen. Es sagt andererseits aber auch viel über die Zustände bei Hertha. Über einen Verein, bei dem nicht nur die sportliche Führung entscheidet, sondern auch ein ehrgeiziger Investor mitreden will, und der dadurch die Bodenhaftung verloren hat.
Dardai hat Hertha wieder geerdet. Das ist die Basis, auf der sich lässt aufbauen lässt. Schon in seiner ersten Amtszeit hat der Ungar bewiesen, dass er eine Mannschaft, selbst mit geringen finanziellen Mitteln, entwickeln kann. Ihm diese Möglichkeit nun vorzuenthalten, wäre nicht nur eine mittelschwere Überraschung, es wäre auch ein schwer zu akzeptierender Affront.
„Ich kann die Fans beruhigen“, sagt Dardai. „Pal Dardai bleibt bei Hertha BSC.“ Aber das heißt nicht zwingend, dass er weiterhin die Profis trainiert; möglicherweise kehrt er in den Nachwuchs zurück. Kurz nachdem Dardai zum Cheftrainer ernannt worden war, hat der „Kicker“ enthüllt, dass sein Vertrag nur dann über den Sommer hinaus gültig ist, wenn er 24 Punkte mit der Mannschaft holt. Bisher sind es 18.
Hertha hat die Existenz einer solchen Klausel nie bestätigt. Demnach müsste gelten, was der Verein bei Dardais Einführung ins Amt per Pressemitteilung verkündet hat: „Die Vereinbarung gilt bis Sommer 2022.“ Andererseits hat Dardai selbst noch einmal gesagt: „Mein Vertrag hat eine Laufzeit.“ Was nur heißen kann: eine Laufzeit bis zum Ende dieser Saison.
Auch auf Nachfrage hat Dardai nie klar und deutlich gesagt, dass er bei den Profis weitermachen möchte. Aber er denkt längst über den Sommer hinaus. Nach inzwischen acht Spielen ohne Niederlage will er auch das letzte Spiel der Saison zumindest nicht verlieren, um mit einem positiven Gefühl in die neue Spielzeit zu starten. Und auch die Extremerfahrungen aus dem Abstiegskampf können durchaus hilfreich sein. „Die Mannschaft und der Verein werden davon profitieren“, sagt Dardai. „So eine Saison schweißt wieder zusammen.“
Auch in diesem Sommer wird es Veränderungen geben. Fredi Bobic kommt als Sportvorstand, von ihm wird die Entscheidung in der Trainerfrage maßgeblich abhängen, ebenso die Kaderplanung. Gibt es erneut einen Umbruch? Die vielen neuen Spieler und der Umbruch mit der Brechstange waren eines der Probleme bei Hertha, die überzogenen Ziele ein anderes. „Das Wichtigste ist eine realistische Zielsetzung“, sagt Dardai.
Von Hirngespinsten sollte Hertha erst einmal genug haben. Der Verein braucht daher auch keinen Trainer mit großem Namen, der solche Hirngespinste nur zusätzlich befeuert. Er braucht einen Trainer, der mit beiden Füßen auf dem Boden steht, gern auch ein bisschen breitbeinig. Wer das wohl sein könnte?
Dieser Artikel wurde ursprünglich bei tagesspiegel.de veröffentlich und erscheint an dieser Stelle im Rahmen einer Kooperation.