Der Deutsche Fußball-Bund fliegt auseinander und vergisst seinen gemeinnützigen Daseinszweck. Das Vertrauen wird er sich neu erarbeiten müssen.
Die eigene Mitte wieder ernsthaft zu suchen, sich zu besinnen auf solidarische Werte des Sports, Amateurvereinen in Existenznot zu helfen und damit wieder Vorbild zu sein für eine Gesellschaft auf Sinnsuche – all das sollte, ja muss ein Deutscher Fußball-Bund tun.
Dafür braucht es einen kompletten Neuanfang an der Spitze auch der Bundesliga – frei von der Gremien-Intrigenkunst des Vizepräsidenten Rainer Koch (der nun immerhin beim nächsten DFB-Bundestag nicht mehr antreten wird) und der Pandemie-Arroganz von Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge (der nicht weiß, wie man eine Maske richtig trägt, aber die Profis in der Impfreihenfolge nach vorn schummeln wollte).
Der organisierte Fußball muss sich erst zurücknehmen, bevor er wieder eine Rolle spielen kann im gesellschaftlichen Leben. Nur wenn er mehr auswechselt als seine führenden Gesichter, werden ihn die Menschen nach der Pandemie wieder in ihren Alltag einwechseln.
Die geisterhaft leeren Bundesliga-Stadien sind eine doppelte Mahnung: Dass Spitzensport in der Pandemie noch so viel mehr darf als etwa die Kultur. Und dass Fußball ohne die Menschen, die in ihm ein Stück Leben sehen und in ihn viel Lebenszeit investieren, kein schönes Spiel ist.
Sport ist ein Spiegel der Gesellschaft. Einer Gesellschaft, die sich in schwierigen Zeiten in Demut üben muss, solidarisch und mitfühlend. Wenn der im DFB organisierte Fußball heute in den Spiegel guckt, sieht er nur sich selbst und eine Menge geliehenes Geld. Doch die Gesellschaft hat mehr zu verleihen: Vertrauen, Hoffnung.
Die nächste Präsidentin des DFB oder auch ein nächster Präsident muss sich Vertrauen neu erarbeiten. Darin, dass Fußball sich als Teil einer Welt im Umbruch sieht und Werte für die Gesellschaft schafft. Noch sieht es im DFB nicht danach aus.
Dieser Artikel wurde zuerst beim Tagesspiegel veröffentlicht und erscheint an dieser Stelle im Rahmen einer Kooperation.
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