Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Soweit ist es gekommen beim Deut­schen Fuß­ball-Bund (DFB): dass man sich nach Theo Zwan­ziger als Prä­si­denten zurück­sehnt. Der hatte nach dem schaurig-schönen Som­mer­mär­chen der WM 2006 den größten Sport­ver­band der Welt als gesell­schaft­li­chen Player eta­blieren wollen, ging gegen Homo­phobie und Ras­sismus vor und zeigte nach dem Suizid von Natio­nal­tor­wart Robert Enke staats­män­ni­sche Größe – die Zwan­ziger jedoch zu Kopf stieg, so dass er sich in eigenen Eitel­keiten ver­hed­derte.

Dann kamen die nach­ei­lenden Ent­hül­lungen, dass die vor­geb­lich sau­bere Ver­gabe der WM 2006 nur ein Mär­chen war – seitdem ist der DFB bloß noch mit sich selbst beschäf­tigt, ohne bei der Auf­klä­rung wirk­lich vor­an­zu­kommen. Selbst mitten in der Pan­demie ver­gisst sich der Ver­band in der Dau­er­krise selbst und seinen gemein­nüt­zigen Daseins­zweck: Fuß­ball zu för­dern und damit gesell­schaft­li­chen Zusam­men­halt.

Wen und was will der Ver­band reprä­sen­tieren?

Im Gegen­teil: Der DFB fliegt aus­ein­ander, DFB-Prä­si­dent Fritz Keller hat sein Amt zur Ver­fü­gung gestellt, weil er sich selbst selten im Griff hat und ihm mit einem Nazi-Ver­gleich die his­to­ri­schen und gesell­schaft­li­chen Koor­di­naten unent­schuldbar ver­rutscht sind. Der Ver­trag von Gene­ral­se­kretär Fried­rich Cur­tius soll auf­ge­löst werden. Aber wer kommt nach der internen Schlamm­schlacht? Und vor allem: Was?

Nach Theo Zwan­ziger, Wolf­gang Niers­bach und Rein­hard Grindel folgt mit Fritz Keller der nächste fol­ge­rich­tige Rück­tritt. Ihr Aus­wech­sel­kon­tin­gent hat die DFB-Spitze längst erschöpft. Und muss sich end­lich ehr­lich fragen, wen und was der Ver­band reprä­sen­tieren will.

Brenn­punkte gibt es genug

Brenn­punkte gäbe es genug: Kinder und Jugend­liche ver­sa­cken in der Pan­demie vor Bild­schirmen statt draußen einem Ball und ihrer Gesund­heit hin­ter­her­zu­jagen. Der Pro­fi­fuß­ball hat sich mit einem Kom­merz­zirkus, der für Geld Spiele in Corona-Hoch­ri­si­ko­ge­biete ver­legt, in eine Welt gebeamt, die mit der Lebens­wirk­lich­keit der Fans nichts zu tun hat.

Das Inter­esse an der Natio­nal­mann­schaft nimmt rasant ab, wäh­rend sich Bun­des­trainer Joa­chim Löw, dessen Rück­tritt eben­falls über­fällig ist, in eine Euro­pa­meis­ter­schaft schleppt, die im Juni trotz Reise- und Kon­takt­be­schrän­kungen über den halben Kon­ti­nent tin­geln soll. Der Fuß­ball hat jedes Maß ver­loren.

Die eigene Mitte wieder ernst­haft zu suchen, sich zu besinnen auf soli­da­ri­sche Werte des Sports, Ama­teur­ver­einen in Exis­tenznot zu helfen und damit wieder Vor­bild zu sein für eine Gesell­schaft auf Sinn­suche – all das sollte, ja muss ein Deut­scher Fuß­ball-Bund tun.

Dafür braucht es einen kom­pletten Neu­an­fang an der Spitze auch der Bun­des­liga – frei von der Gre­mien-Intri­gen­kunst des Vize­prä­si­denten Rainer Koch (der nun immerhin beim nächsten DFB-Bun­destag nicht mehr antreten wird) und der Pan­demie-Arro­ganz von Bayern-Vor­stands­chef Karl-Heinz Rum­me­nigge (der nicht weiß, wie man eine Maske richtig trägt, aber die Profis in der Impf­rei­hen­folge nach vorn schum­meln wollte).

Die Geis­ter­spiele sind dop­pelt Mah­nung

Der orga­ni­sierte Fuß­ball muss sich erst zurück­nehmen, bevor er wieder eine Rolle spielen kann im gesell­schaft­li­chen Leben. Nur wenn er mehr aus­wech­selt als seine füh­renden Gesichter, werden ihn die Men­schen nach der Pan­demie wieder in ihren Alltag ein­wech­seln.

Die geis­ter­haft leeren Bun­des­liga-Sta­dien sind eine dop­pelte Mah­nung: Dass Spit­zen­sport in der Pan­demie noch so viel mehr darf als etwa die Kultur. Und dass Fuß­ball ohne die Men­schen, die in ihm ein Stück Leben sehen und in ihn viel Lebens­zeit inves­tieren, kein schönes Spiel ist.

Was der Fuß­ball im Spiegel sieht

Sport ist ein Spiegel der Gesell­schaft. Einer Gesell­schaft, die sich in schwie­rigen Zeiten in Demut üben muss, soli­da­risch und mit­füh­lend. Wenn der im DFB orga­ni­sierte Fuß­ball heute in den Spiegel guckt, sieht er nur sich selbst und eine Menge gelie­henes Geld. Doch die Gesell­schaft hat mehr zu ver­leihen: Ver­trauen, Hoff­nung.

Die nächste Prä­si­dentin des DFB oder auch ein nächster Prä­si­dent muss sich Ver­trauen neu erar­beiten. Darin, dass Fuß­ball sich als Teil einer Welt im Umbruch sieht und Werte für die Gesell­schaft schafft. Noch sieht es im DFB nicht danach aus.

Dieser Artikel wurde zuerst beim Tages­spiegel ver­öf­fent­licht und erscheint an dieser Stelle im Rahmen einer Koope­ra­tion.

_