Hamburgs Toni Leistner lässt sich nach dem Pokal-Aus gegen Dynamo Dresden derart provozieren, dass er auf die Tribüne stürmt und den beleidigenden Fan zur Rede stellt. Nicht das erste Mal, dass Spieler und Fans aneinandergeraten. Hier kommen die zehn denkwürdigsten Duelle zwischen Spielern und Zuschauern.
Es ist der schmale Grat zwischen Genie und Wahnsinn, der den Mythos um Eric Cantona bildet. Er schoss Traumtore und beleidigte seinen Nationaltrainer. Er gewann Titel und warf einem Balljungen das Spielgerät an den Kopf. Ebendieser schmale Grat machte ihn am 25. Januar 1995 weltberühmt. Der französische Stürmerstar von Manchester United war im Spiel gegen Crystal Palace kurz nach der Halbzeit vom Platz geflogen und wehrte sich gegen die Anfeindungen der Palace-Fans, nun ja, auf die wahnsinnige Art.
Nachdem ihn ein Zuschauer nach dem Platzverweis rassistisch beleidigt hatte, sprang Cantona in Kung-Fu-Manier über die Bande in die Brust des Fans. Sofort rappelte er sich auf und schlug weiter zu, ehe ihn Trainer Alex Ferguson zurückhalten konnte. Cantona entging nur knapp einer zweiwöchigen Haftstrafe, musste Sozialstunden leisten und wurde für acht Monate gesperrt.
Ein Anhänger von Dynamo Dresden hätte am Montagabend vieles machen können. Er hätte zum Beispiel auf der Couch ein Buch lesen können. Er hätte auch das DFB-Pokal-Spiel gegen den Hamburger SV im Fernsehen verfolgen können. Und er hätte auch danach die hervorragende Leistung seines Teams feiern können. Einer stand auf der Tribüne und entschied sich dagegen. Er beleidigte den Ex-Dresdner Toni Leistner und dessen Familie heftig, während dieser ein Fernsehinterview gab.
Es lief die neunte Spielminute des Birmingham-Derbys zwischen Aston Villa und Birmingham City, als Jack Grealish einen zu lange geratenen Einwurf seines Teamkollegen Anwar El Ghazi nicht mehr erreichte. Plötzlich stürmte ein Fan von Birmingham City aufs Feld, sprang Grealish von hinten an und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. „Ich habe in diesem Moment einfach nicht aufgepasst und plötzlich fühlte ich einen Schlag an der Seite meines Gesichts. Natürlich gibt es Rivalität im Fußball, aber für so etwas ist hier meiner Meinung nach kein Platz“, sagt Grealish nach dem Spiel.
Später bezeichnete der frisch gebackene englische Nationalspieler den Tag als den besten seines Lebens. Denn Grealish hatte nach dem Schlag weiterspielen können, den einzigen Treffer erzielt und so seine Villans zum Derbysieg geführt.
An diesem Ostersonntag hatte sich Paolo Guerrero ein dickes Ei gelegt. Das Nordduell zwischen dem Hamburger SV und Hannover 96 endete 0:0 – kein Erfolgserlebnis für Guerrero. Ein Treffer gelang dem HSV-Stürmer allerdings doch noch. Auf dem Weg in die Kabinen wurden die Hamburger von den Fans gnadenlos ausgepfiffen und zum Teil auch rassistisch beleidigt. Der Peruaner verlor die Nerven und warf die Trinkflasche auf einen der Fans.
Der Ausraster wurde für Guerrero richtig teuer: 20.000 Euro Strafe vom DFB-Sportgericht plus fünf Spiele Sperre. 100.000 Euro Strafe (an eine gemeinnützige Einrichtung) vom Amtsgericht Hamburg-Altona und zwei Jahre auf Bewährung. Der Hamburger SV verdonnerte seinen Angreifer zu einer Geldstrafe in Höhe von geschätzten 60.000 Euro.
32 Punkte nach 38 Spielen. Das war die magere Ausbeute des 1. FC Saarbrücken nach der Drittligasaison 2013/14. Damit stiegen die Saarländer sang- und klanglos in die Regionalliga ab. Dass das für große Enttäuschung bei den eigenen Anhängern sorgt, war allen Beteiligten klar. Abwehrspieler Tim Knipping ebenfalls. Nach dem letzten Spiel gegen Rot-Weiß Erfurt (0:1) gelangten einige Fan in den Kabinentrakt des Saarbrücker Ludwigsparkstadions. Dort gerieten sie mit Knipping aneinander und der Streit eskalierte. Ein Fan schlug mit der Faust ins Gesicht des Spielers. Der sagte daraufhin der Saarbrücker Zeitung, er glaube nicht, „dass die Aktion gegen mich persönlich gerichtet war. Ich stand halt gerade da.“ Außerdem habe ihn der Schlag ohnehin im Herzen mehr weh getan als im Gesicht.
Ähnlich wie Toni Leistner machte auch Tottenhams Eric Dier im März dieses Jahres einen Ausflug auf die Tribüne. Nach dem bitteren Pokalaus gegen Norwich City stürmte Dier auf die Ränge und legte sich lautstark mit Zuschauern an. Diese sollen zuvor seinen Bruder beleidigt haben, den der englische Nationalspieler verteidigen wollte.
Auf der Pressekonferenz nach der Partie zeigte Spurs-Trainer José Mourinho Verständnis für seinen Spieler. „Wenn der Verein eine Strafe gegen ihn verhängt, dann bin ich damit nicht einverstanden, auch wenn das, was er gemacht hat, falsch war“, sagte der Portugiese. Zumindest die Liga bestrafte Dier und sperrte ihn für vier Spiele. Außerdem musste er 40.000 Pfund (rund 44.400 Euro) Strafe zahlen.
Das 153. Manchester-Derby am September 2009 ging in die Geschichte ein. Immerhin befindet sich auf YouTube ein Highlightclip von dem 4:3 für Manchester United mit der Beschreibung „Greatest Manchester Derby of all time!“ Craig Bellamy erzielte für die Citizens zwei Treffer – in die Schlagzeilen geriet er aber auch wegen einer Auseinandersetzung mit einem Flitzer.
Ein 21-jähriger Fan war nach Abpfiff auf das Spielfeld gestürmt und wurde von den herbeieilenden Ordnern ordentlich niedergestreckt. Während ihn die Sicherheitsleute dann fest im Griff vom Feld führen wollen, stürmte Craig Bellamy auf ihn zu und schlug ihm ins Gesicht. Weder Verein noch die FA bestraften Bellamy für dessen Ausraster.
Im Halbfinale der Playoffs um den Aufstieg in die zweite englische Liga 2019 lief die 61. Minute zwischen dem AFC Sunderland und dem FC Portsmouth, als sich Sunderlands Luke O’Nien gegen seinen Gegenspieler Tom Naylor durchsetzte, den Ball abspielte und dann mit ihm aneinander geriet. Daraufhin fiel O’Nien über die Werbebande und landete direkt vor dem Portsmouth-Block.
Die Fans empfingen ihn nicht gerade herzlich und brüllten auf den Abwehrspieler ein. Einem Fan reichte das jedoch nicht. Er trat den auf dem Boden liegenden Spieler, der danach entspannt zurück auf das Spielfeld kletterte und mit seiner Aussage überraschte: „Die Polizei hat gefragt, ob ich Anzeige erstatten will, aber so etwas gehört zum Fußball dazu. Wenn ein Spiel angepfiffen wird, geben zwei Teams und zwei Fan-Lager alles. Und das ist einfach ein Teil davon. Kein Problem.“ Nach dem gewonnen Halbfinale hatte O’Nien auch noch lachen können – den Aufstieg verpasste Sunderland allerdings trotzdem.
Paris Saint-Germain ist in Frankreich seit Jahren das Maß aller Dinge. Überraschend verlor PSG 2019 allerdings das Pokalfinale gegen Stade Rennes im Elfmeterschießen. Das sorgte bei der von Stars gespickten Mannschaft von Thomas Tuchel für schlechte Laune. Auf dem Weg zu Siegerehrung ließ sich Neymar von einem filmenden Fan provozieren und schlug zu. Der Fan beteuerte gegenüber L’Equipe, den Brasilianer nicht beleidigt zu haben. Er soll ihm allerdings empfohlen haben, das Fußballspielen zu lernen. Neymar habe dem Mann daraufhin ins Gesicht gegriffen. Der Französische Fußballverband (FFF) verurteilte den Stürmer zu einer Sperre von vier Spielen.
Im Jahr 2011 empfing in der schwedischen ersten Liga Verfolger Malmö FF den Spitzenreiter Helsingborgs IF zum Spitzenspiel. Nach nur 30 Minuten kniete Helsingborgs Torhüter Pär Hansson gerade an der Strafraumkante, als von hinten ein Fan angestürmt kam und ihn niederstreckte. Prompt eilten Mitspieler zu Hilfe und Sicherheitskräfte führten den Täter ab. Ein Schlag mit Folgen: Der Schiedsrichter bat beide Mannschaften in die Kabinen und entschied 20 Minuten später, die Partie nicht mehr wieder anzupfeifen. Am Ende der Saison bejubelte Hansson mit seinem Team das schwedische Triple aus Meisterschaft, Pokal und Supercup.