Omeed Ahmadi pfiff acht Jahre lang professionell in Afghanistan, bis er vor drei Jahren nach Deutschland fliehen musste. Nun bestand er als erster Flüchtling die Schiedsrichter-Prüfung.
Omeed Ahmadi, Sie waren in Herat, der drittgrößten Stadt Afghanistans, acht Jahre lang als als Schiedsrichter tätig. Wie professionell ist der afghanische Fußball?
Man kann ihn natürlich nicht mit Deutschland vergleichen. In Herat sind die Plätze tagsüber so verstaubt, dass wir noch nicht mal richtig den Ball sehen konnten. Das war schrecklich. Ich war oft beim Arzt, hatte Probleme mit den Augen. Manchmal wusste ich nicht, ob ein Ball aus war oder nicht. Es kam oft zu handfesten Streitigkeiten. Viele Schiedsrichter wurden nach dem Spiel verprügelt und mussten ins Krankenhaus. Ich kannte sogar zwei Schiedsrichter, die nach vermeintlichen Fehlentscheidungen umgebracht wurden. Die Angst war groß.
Wurden Sie auch angegriffen?
Zum Glück nicht. Ich habe selbst auch keine Angst, das ist mein großer Vorteil. Ich pfeife nicht so, wie andere es wollen. Vor den Spielen habe ich oft einen kleinen Zettel bekommen, wie das Spiel auszugehen hat. Den habe ich zerrissen und weggeschmissen. Irgendwann setzte der Verband mich immer öfter bei wichtigen Spielen ein, weil er sich auf mich verlassen konnte.
Wieso mussten Sie Ihr Land verlassen?
Ich habe in Afghanistan für verschiedene amerikanische NGOs gearbeitet, zum Beispiel „Shelter vor life“. Wir haben dort über 1000 Wohnungen für Flüchtlinge gebaut, die aus ärmeren Regionen nach Herat gekommen sind – aus Hunger und Wassermangel. Die Wohnungen waren provisorisch. Aber wir haben vielen Leuten geholfen. Und ich war zufrieden. Ab 2001 wurde das Klima im Land immer ungemütlicher. Wer mit den Amerikanern kollaborierte, geriet ins Visier der Taliban. Spätestens da sagten meine Frau und meine Mutter zu mir, dass es auch für mich zu gefährlich sei. Und so flüchtete ich vor drei Jahren mit meiner Frau und den fünf Kindern nach Deutschland.
Wie sind Sie in Deutschland wieder zum Pfeifen gekommen?
Erst nahm ein Freund aus dem Deutschkurs mich mit zum Fußballtraining des Projekts „Champions ohne Grenzen“ bei Hansa 07 in Kreuzberg. Dort trainierte ich mit vielen anderen Flüchtlingen und irgendwann bin ich auch als Schiedsrichter eingesprungen. So zum Beispiel bei einem Spiel gegen einen örtlichen Sechstligisten. Dessen Trainer kam nach dem Spiel zu mir und sagte, ich hätte perfekt gepfiffen. Das solle ich ausbauen. Ich sagte, das sei nur mein Hobby und ich spräche kaum Deutsch. Aber er ließ nicht locker. Meiner Trainer hat mich dann dazu gebracht, die Dokumente für den Schiedsrichter-Lehrgang auszufüllen.