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Was war zuerst da? Das Ei oder die Henne? Der Ruf »Schie­bung!« oder die Schie­bung selbst? Diese Frage ist nun obsolet. »Schie­bung!« und Schie­bung meinen ein und das­selbe.

Spiel­ma­ni­pu­la­tionen unge­kannten Aus­maßes, gegen die der Fall Hoyzer wie ein Kava­liers­de­likt und der Bun­des­li­ga­skandal von 1971 wie ein Laus­bu­ben­streich anmuten, euro­pa­weit, bis hin zur Cham­pions League, erschüt­tern unseren Glauben an das, was wir sehen. Was ist echt? War dieses Tor wirk­lich unhaltbar? War jener Fehl­pass viel­leicht Absicht? Ist die Form­krise eine Form­krise oder eine »Form­krise«?



Seit je her ver­muten Fans und Spieler im Falle einer Nie­der­lage die Benach­tei­li­gung ihres Ver­eins durch eine dunkle Macht. Diesen Ver­schwö­rungs­theo­rien wohnt ein unernster Ernst inne. Man fühlt sich ver­arscht, am Samstag, am Sonntag viel­leicht noch, doch schon am Mitt­woch ahnt man: Das gleicht sich wieder aus. Der par­ti­elle Volks­zorn ist ein Reflex der Ver­lierer eines Fuß­ball­wo­chen­endes, zum Auf­stand reicht er nicht. Man weiß, wo des Schiris Auto steht. Aber man zündet es nicht an.

Sich auf­zu­regen über Fehl­ent­schei­dungen und ‑leis­tungen, das gehört ein­fach dazu. Ein Spiel als Ver­län­ge­rung des eigent­li­chen Spiels, ganze TV-For­mate kreisen darum, Stamm­tisch­brüder erhitzen sich lust­voll.

Gibt es wirk­lich Gespenster?

Doch auch wenn man bei Her­ren­ge­deck und Ziga­rette die Exis­tenz einer dunklen Macht tat­säch­lich in Erwä­gung zieht, glaubt man nur solange an sie, wie es noch Spaß macht. So wie man an Gespens­ter­ge­schichten erzählt, um sich ein biss­chen zu gru­seln. Aber dass es wirk­lich Gespenster gibt… Dass es wirk­lich Schieds­richter und Spieler gibt, die Geld dafür nehmen, dass sie Ergeb­nisse mani­pu­lieren… Jetzt hör aber auf!

»Schie­bung!« – jetzt ist dieser Vor­wurf auf einmal wahr. Und wir erschre­cken. Das war doch nur so dahin­ge­sagt! Eigent­lich haben wir doch gewusst, dass sie alle ihr Bestes geben, die Spieler, sogar der Schiri (auch nur ein Mensch). Wenn nur einer absicht­lich lang­samer rennt, was ist dann noch ein Lauf­duell? Ein Luft­kampf, wenn nur einer mit Vor­satz zu spät hoch­springt? Was ist das alles, wenn nur einer dieser Ath­leten, die wir dafür bewun­dern, dass sie an ihre Grenzen gehen, es nicht tut?

Miss­trauen durch­wirkt die Fuß­ball­ge­schichte

Der Pakt, dass Elf gegen Elf spielen und der Bes­sere oder wenigs­tens der Glück­li­chere gewinnen möge, droht wertlos zu werden. »Schie­bung!« – in min­des­tens 200 Fällen soll das nun zutreffen. Und es weitet sich aus, auf so viele Spiele. Miss­trauen durch­wirkt die Fuß­ball­ge­schichte. Warum irr­lich­terte XY im Z‑Finale durch den Straf­raum? War seine Zer­knir­schung hin­terher nur vor­ge­täuscht? Und es weitet sich aus auf das, was kommen wird. »Schie­bung!« – das wird kein Stoß­seufzer mehr gegen die Unge­rech­tig­keit des Schick­sals sein, es mar­kiert im Zweifel fortan einen kri­mi­nellen Tat­be­stand.

Wir haben alle »Schie­bung!« gerufen. Und haben doch an das Gute geglaubt. Nicht, weil wir gut­gläubig wären, son­dern weil das Spiel doch sonst sinnlos gewesen wäre. Jetzt stehen wir als gut­gläubig da. Und sinnlos ist das Spiel oben­drein geworden. Schöne Scheiße.

Dass sich ein paar Ganoven bereich­tert haben – geschenkt. Dass Spieler betei­ligt waren, darin besteht das Uner­träg­liche. Wir dachten, wir hätten die Liebe zum Fuß­ball mit ihnen geteilt. Sie müssen ihn ver­achtet haben.

Nun wird kein Lynchmob los­ziehen. Auch werden keine Schi­ri­autos brennen. Viel­mehr wird der Ruf »Schie­bung!« ver­stummen. Wor­über soll man sich ent­rüsten, wenn man an nichts mehr glaubt?