Das Spiel zwischen Moskau und München fand vor leeren Rängen statt. Die apokalyptische Kulisse zeigte: Die Fans sind nicht nur für ihre eigene Stimmung verantwortlich, sondern auch für die der Spieler. Eine Lektion in Demut? Hoffentlich.
Im SKY-Studio machte sich in der Halbzeitpause Ratlosigkeit und Beklemmung breit. Was soll man dazu noch sagen? Wie soll man sich aus dem Nichts heraus ereifern? Und dann auch noch über nichts? Das gelingt selbst den routiniertesten Meinungsveteranen kaum.
Ottmar Hitzfeld hatte, was sonst gar nicht seine Art ist, vor lauter Ödnis in der ersten Halbzeit sein Salzstangenglas halb leer geknabbert, Bernd Schuster döste am Pult wie ein sehr großer, sehr alter Hund, den nichts noch weniger interessieren könnte als dieses Spiel, irgendwelche Fragen dazu und die Gründe, warum er überhaupt eingeladen worden war. Einzig seine Gelassenheit war es, die einen an dem Glauben festhalten ließ, dass dieser Abend doch noch irgendwann zu Ende gehen würde.
„Die Welt ohne Fans“ auf Pro7
Das aber dauerte dann noch die längste zweite Halbzeit aller Zeiten. Oder war es eine „Galileo“-Sendung auf Pro7 zum Thema „Die Welt ohne Fans“, in die man da geraten war? Trickbilder einer postapokalyptischen Welt, in der Fußball nicht nur unter Ausschluss, sondern ohne jegliche Existenz der Öffentlichkeit stattfindet. Und eine Handvoll Überlebender spielt noch immer, in leeren Stadien. Eine trübe Reminiszenz an das Untergegangene, argwöhnisch beäugt von mutierten Ratten, die die Herrschaft längst an sich gerissen haben.
Eine Welt, in der man nicht leben möchte. Nicht mal für einen Abend. Die Fans, die – kein Geringerer als der ehemalige Bayern-Präsident Uli Hoeneß hat es uns gelehrt – für ihre Stimmung selbst verantwortlich sind, sind eben auch für die Stimmung der Spieler verantwortlich, für die Stimmung der Fernsehzuschauer, des Kommentatoren, der Experten, ja: für die Temperatur des Fußballs schlechthin. Ohne sie würde tatsächlich überall Permafrost herrschen.
So betrachtet, war das Geisterspiel eine Lektion in Demut. Thomas Müller erkannte das als einer der ersten, wenn es auch noch wie ein Alibi für die rumpelige Darbietung seiner Mannschaft klang: Daran seien „die Fans, die nicht da waren“, schuld, sagte er im SKY-Interview. Vielleicht war es auch seine knorrige Art zu sagen: Ich vermisse euch ganz schrecklich.
Es wäre doch schön, wenn die Spieler des FC Bayern beim ersten Training nach dem Spiel gegen Moskau die Fans an der Säbener Straße allesamt in den Arm nehmen und jedem Einzelnen sagen würden: „Es ist schön, dass es dich gibt. Danke für alles.“ Und herzliche Grüße auch von uns, den Fernsehzuschauern.