Plötzlich war er da: Superstar Raúl auf Schalke. Heute vor zehn Jahren wechselte der spanische Weltstar ins Ruhrgebiet. Über einen Transfer, der nicht nur die Fans von Schalke 04 verzaubern sollte.
Als Anhänger des FC Schalke 04 fällt es einem wirklich schwer, positive Gefühle für die Arbeit des Trainer-Manager-Vorstands Felix Magath zu empfinden. Doch eines muss man ihm lassen: Er hat Gott nach Gelsenkirchen geholt! Bei seiner Vorstellung trug Gott die Haare ungewöhnlich kurz, statt wallendem Gewand hatte er sich ein weißes Hemd, schwarzes Sakko und schlichte Jeans übergestreift. Fast schon schüchtern stand er zwischen zwei Bergmännern eingeklemmt, er schmunzelte und hielt ein Stück Kohle in der Hand. Bei der Pressekonferenz vorab hatte er sekundenlang ein Wasserglas angeschaut. Wie durch ein Wunder verwandeltet sich der Inhalt nicht in Wein. Gott, so schien es, war in all den Jahren auch nur ein Mensch geworden. Mittlerweile hatte Gott sogar einen bürgerlichen Namen: Raul Gonzalez Blanco.
Absurd wie eine Platte von Andrea Berg
Als Tage zuvor das Gerücht aufkam, dass der chronisch klamme S04 an einer Verpflichtung des alternden Superstars Raul von Real Madrid interessiert sei, hielt ich das für eine wunderbare Ente aus dem Reich der Fabeln. Ich witzelte mit den Kollegen über den Transferwahnsinnigen Felix Magath, Freunde schrieben mir auffällig oft hämische SMS und benutzen dabei bizarre Varianten des Grinsesmileys, die ich zuvor noch nie gesehen hatte. Und alle hatten sie Recht: Dass Raul eines Tages im Trikot des FC Schalke auflaufen sollte, klang so absurd wie eine Platte von Schlagerqueen Andrea Berg.
Raul, die lebende Legende von Real Madrid, würde wohl nicht einmal für ein dreistelliges Millionengehalt in die Niederungen des Ruhrgebiets absteigen, um sich auf der Zielgeraden seiner Monsterkarriere den Ruf zu versauen. Und doch erwischte ich mich, wie ich heimlich Best-Of-Videos von Raul bei Youtube suchte und zu träumen begann: Sollte dieser feinfüßige Superstürmer – immer bescheiden, immer korrekt, ein Strafraum-Beamter mit der Abgeklärtheit eines Elitekillers – wirklich den Weg nach Gelsenkirchen finden? Unvorstellbar! Außerdem würde sich dieser ältere Herr am Ende sowieso nur auf einem königlichen Gehalt ausruhen. Ganz bestimmt. Die Zweifel blieben. Bis zum 28. Juli 2010.
Denn dann stand er auf einmal wirklich da. Raul Gonzales Blanco. Neben ihm grinste Felix Magath wie ein Honigkuchenpferd. Er hatte es mal wieder allen gezeigt. Der Transferkönig hatte den Coup des Sommers gelandet. Und auch Raul zeigte es schnell all seinen Kritikern, die nicht mehr an die Leistungsfähigkeit der Altstars geglaubt hatten. Mich eingeschlossen. Er ackerte für drei, dribbelte wie ein 18-Jähriger und schoss, lupfte, hämmerte, streichelte, stolperte den Ball ins Tor. Immer genau so, wie es die Situation erforderte.