Aufgrund von Verbindlichkeiten in Höhe von 1,8 Millionen Euro musste der 72. der ewigen 2. Liga-Tabelle den Weg in die unterste aller Spielklassen antreten. Auch die Neugründung des Vereins konnte das Desaster nicht abwenden. So wurde der eigene Seniorenbereich eingestampft, die Kreisliga D war keine Option.
Mit dem Schicksal des Niederganges ist die Viktoria nicht allein. In den vergangenen Jahren mussten gleich mehrere Vereine in Köln die Segel streichen. Prominentestes Beispiel ist Fortuna Köln, immerhin ehemaliger Zweitliga-Rekordhalter. Als 2005 mit Jean Löring der Mäzen des Verein starb, verschwand die Fortuna prompt in der Versenkung. Bis man im Süden der Stadt auf die Idee des Online-Mach-Mit-Vereins kam. Mit deinfußballclub.de wurde eine neue interessante Initiative aus der Taufe gehoben. Dennoch verblasst der Verein, auch angesichts der dominanten Herrschaft des 1. FC Köln über die Stadt.
Die Großmacht FC beschneidet alle Gehversuche der kleinen Klubs
Der FC schwebt als Fixpunkt über allen Kontrahenten, seine reine Existenz bedrängt und beschneidet die Gehversuche anderer Klubs. Schon mehrfach wurden kritische Stimmen laut, dass die Stadt Köln nur den Erstligisten unterstütze. In Köln kommt der FC, dann lange nichts mehr. Die Domstadt hatte letztmals 2000 zwei Vereine im Profifußball – damals tummelten sich der FC und Fortuna in Liga 2 herum.
Was wird aus deinfussballclub.de?
Doch neben der einverleibenden Rolle des FC spielt beim Niedergang der weiteren Traditionsklubs in Köln auch ein anderer Faktor eine Rolle. Sowohl die Fortuna als auch Viktoria hatten den Selbstzerfleischungs-Knopf betätigt. Beide Vereine wollten hoch hinaus, stürzten jedoch tief. Die Verbindlichkeiten in Millionenhöhe sind nun einmal nicht nur Folgen fehlender städtischer Unterstützung.
Die finanzielle und sportliche Schieflage, die im August vergangenen Jahres fast noch das Aus für den FC Viktoria Köln bedeutet hätte, konnte im Winter im letzten Moment abgewendet werden. Der Mittelrheinligist FC Junkersdorf gliedert für die kommende Saison seine Senioren in den Verein Viktoria Köln um. Die Visionen im Osten Kölns haben bereits im März diesen Jahres weitere Nahrung erhalten, denn der FC Junkersdorf hat den Aufstieg in die NRW-Liga erreicht, da sie sich als einziges Team für die höhere Spielklasse gemeldet haben.
Statt Kreisliga D 250.000 Euro für die Stadion-Renovierung
Mit dem Aufstieg in die NRW-Liga muss auch die Spielstätte, der Höhenberger Sportpark, saniert werden. 250.000 Euro soll die Renovierung kosten, ein Batzen Geld für einen Klub, der eigentlich durch Kreisliga D tingeln müsste.
Mit Franz-Josef Wernze steht aber schon ein zahlungskräftiger Investor parat. Der Steuerberater und ETL-Chef verdingt sich bereits als Mäzen bei Germania Windeck und greift nun zum wiederholten Male auch der notleidenden Viktoria unter die Arme. Der kölsche Abramowitsch hat seine Finger auch im Erstligafußball, er hält Transferrechte u.a. an Lukas Podolski und Pedro Geromel.
Klotzen statt Kleckern
Und Wernze hat große Ziele. In einem Interview mit dem Bonner General-Anzeiger sagte er jüngst: „Wohin wir wollen? In den bezahlten Fußball, also in die 3. Liga. Auch im Stadion wird bald was passieren. Es wird alle Anforderungen für die 3. Liga erfüllen.“ Klotzen statt Kleckern, das ist die Devise. Letztmals war man 1994/95 drittklassig. Seitdem ist jedoch viel Wasser den Rhein heruntergeflossen – und viele Geldscheine wurden verbrannt. Die Erfolge der Viktoria, wie die Halbfinalteilnahme um die Meisterschaft 1949/50, die Teilnahme am Messepokal von 1962 oder der Achtelfinal-Einzug im DFB-Pokal aus dem Jahre 1991 gehören schon lange der Vergangenheit an. Dennoch wird wieder fabuliert im rechtrheinischen Köln. Der träumerische Größenwahn ist beileibe kein singuläres Phänomen in Köln. Neben der Viktoria zieht es auf lange Sicht auch Fortuna Köln in höhere Gefilde. Und beim FC schnuppert man gerne nach zwei Siegen in Folge am Europacup.
Was aber soll Fans in Zukunft wieder zur Viktoria ziehen? Neben dem kommerzialisierten FC könnte Viktoria eine Anlaufstelle für Anhänger bieten, die sich auf die Wurzeln des Fußballs in romantischer Hinsicht besinnen wollen. Auch das würde allerdings zur Gratwanderung werden. Der Verein bewegt sich zwischen archaisch-urigem Ambiente und Träumereien nach mehr Professionalität und Profifußball.
Urzeitkrebse in der NRW-Liga
Den Kampf um die Spitzenposition hinter dem allmächtigen FC können Viktoria und Fortuna in der kommenden Spielzeit in der NRW-Liga austragen. Von Fortuna-Seite wurden schon einige Giftpfeile in den Osten Kölns geschossen. Letztendlich kommt es 2011/12 zum Showdown auf dem Platz, wenn zwei Dinosaurier der Bundesligageschichte aufeinandertreffen. Als würden Urzeitkrebse mit dem Träumen beginnen…