St. Pauli, Darmstadt, Hertha BSC: Schon desöfteren sprang der FC Bayern München in die Bresche, wenn anderen Klubs das Wasser bis zur Unterlippe stand. Nicht zuletzt Uli Hoeneß gilt dabei als Triebfeder für die zahllosen Benefiz- und Spenden-Aktionen für einen guten Zweck. Besonders löblich ist jedoch, dass weder der Klub noch sein Präsident großes Aufsehen um ihr Engagement für die gute Sache machten. Grund genug, dass Fußball-Deutschland erfährt, an welchen Stellen der Rekordmeister Hilfebedürftigen unter die Arme griff.
1995
Hertha BSC
Es wirkte, als sei ein Raumschiff im kargen Sportforum in Berlin-Hohenschönhausen gelandet. Mitten zwischen den frisch-wiedervereinigten Menschen Berlins tummelten sich plötzlich braungebrannte Gelfrisuren aus Italien. Ihre Namen: Doni, Weah, Baggio. Der Grund: Tags zuvor hatten sich der FC Bayern München und der AC Mailand auf Wunsch des gemeinsamen Hauptsponsors zum Testspiel im Olympiastadion getroffen. Jetzt stand eine Autogrammstunde im Osten an. Die insgesamt zweitägige Veranstaltung lief natürlich unter dem Deckmantel „Benefiz“.
Dumm nur, dass Tage später die nackten Zahlen bekannt wurden. Die insgesamt vier Millionen D‑Mark Einnahmen wurden zu fünfzig Prozent unter beiden Großklubs aufgeteilt, der Rest des Geldes wurde clever abgewickelt. Und um ja nicht den Eindruck zu erwecken, man habe sich an diesem PR-Spektakel bereichern wollen, wurde dem maroden Berliner Fußballverband auch noch eine halbe Million D‑Mark gespendet. Davon flossen allerdings allein 300.000 Mark an den einzigen noch halbwegs funktionierenden Klub Hertha BSC. Doch anstatt das Geld in die nachhaltige Entwicklung in diesen wilden Jahren zu stecken, tönte Präsident Manfred Zemaitat nach Erhalt des unverhofften Geldsegens: „Unser Verein hat einen Etat von zehn Millionen Mark, da fließt das Geld ein. Beispielsweise ist jetzt die Ablösesumme für Jolly Sverrisson fällig!“
2003
FC St. Pauli
„Wenn es einem Klub schlecht geht, ruft er als erstes bei uns an“, brummte Hoeneß einst einem Boulevard-Journalisten in den Block. Und als der FC St. Pauli im Jahr 2003 nur Millimeter vor der Insolvenz stand, halfen dem Punkklub ausgerechnet ausgemachte Klassenfeinde wie Hamburgs CDU-Bürgermeister Ole von Beust und der FC Bayern München aus der Patsche. Höhepunkt des sogenannten „Retterspiels“: Uli Hoeneß drehte im braun-weißen Retter-Shirt eine Ehrenrunde durchs Millerntor und bekam statt blankem Hass eine warmen Applaus entgegen gebracht. Das Spiel gegen endete 0:1 für den Retter, den Geretteten wurden im Gegenzug über 200.000 Euro in die Kasse gespült.
2008
Darmstadt 98
Am Böllenfalltor begann man im Jahr 2008 schon mit den Nachrufen auf den hiesigen Klub Darmstadt 98. Dabei hatte der Klub noch 30 Jahre zuvor mit seinen Feierabendfußballern die Bundesliga aufgemischt. Mit Gesamtverbindlichkeiten von weit über einer Million Euro suchte man schließlich die Hilfe beim Branchenprimus aus München. Glücklicherweise war Bayern-Aufsichtsratsmitglied Helmut Markwort nur unweit von Darmstadt aufgewachsen und kabelte das Anliegen der „Lilien“ direkt an Uli Hoeneß. Dessen erste Reaktion „Die große deutsche Fußballgemeinschaft muss zusammenstehen“ führte zu einem Freundschaftspiel zwischen Pleiteklub und Rekordmeister. Endstand: 5:11. Alles egal, durch die 200.000 Euro Einnahmen des Freundschaftskicks konnte Darmstadt die Insolvenz abwenden. „Lilien“-Präsident Hans Kessler jubilierte anschließend: „Ohne Uli Hoeneß hätte der SV Darmstadt 98 nicht überlebt!“
2000
Lothar Matthäus
Eigentlich sollte man meinen, ein Lothar Matthäus hätte bei seinen Stationen in Gladbach, München und Mailand ausreichend Kleingeld verdient. Denkste! Denn um die Einnahmen seines Abschiedsspiels entbrannte schlussendlich ein erbitterter Streit zwischen dem Ex-Leitwolf und Uli Hoeneß. Matthäus bezichtigte den FC Bayern, ihm Geld unterschlagen zu haben, der Klub wiederum blieb stur und verwies auf die an Matthäus überwiesenen Einnahmen in Höhe von 3.927.671,16 D‑Mark! Eine massive Spende, die der Rekordmeister da an seinen seinen Altstar überwies. Doch Lothar wollte eine Million mehr. Der Fall landete vor Gericht und Fußball-Deutschland lernte: Beim Geld hört die Freundschaft auf. Ein Lothar Matthäus kann seit diesem Vorfall übrigens nicht einmal mehr Greenkeeper bei seinem Ex-Klub werden.
2001
Karsten Bäron
Auch der karitative Einsatz des FC Bayern für den legendären HSV-Angreifer Karsten Bäron wurde zum Eigentor. Das als „Benefiz-Spiel“ angekündigte Schaulaufen zwischen FCB und HSV sorgte für einen Sturm der Entrüstung. Tausende aufgebrachte Fans fragten sich: „Warum kriegt ein gut bezahlter Ex-Profi ein Benefiz-Spiel?“ und inszenierten ihrerseits eine Benefizaktion für hilfsbedürftige Kinder.
„Wir haben uns beim Begriff Benefizspiel nichts Böses gedacht, wollten einfach etwas für Karsten tun. Denn von knapp neun Jahren, die er beim HSV unter Vertrag stand, hat er ja nur vier gespielt. Er ist sicher kein Gehaltsmillionär geworden“, gab daraufhin der verdatterte HSV-Sportchef Holger Hieronymus zu Protokoll. Die Hamburger reagierten dennoch und nannten den letzten Auftritt von „Air Bäron“ fortan Abschiedsspiel. Der Protest verstummte umgehend und Bäron bekam anschließend zum Abschied etwa 250.000 D‑Mark der Einnahmen.
2003
Krysztof Nowak
Der polnische Mittelfeldregisseur Krysztof Nowak ging als „Die Nummer 10 der Herzen“ in die Fußballgeschichte des VfL Wolfsburg ein. Mit nur 25 Jahren erkrankte er an der unheilbaren Nervenkrankheit ALS (amyotrophen Lateralsklerose) und konnte sich ein Jahr später nur noch mit einem Rollstuhl fortbewegen. Ergriffen vom Schicksal des hochtalentierten Mittelfeldmanns, sagte Hoeneß im Anschluss an die Verabschiedung Nowaks im April 2002 ein Benefizspiel zu. Am Ende erspielte man knapp 400.000 Euro, für die „Krzysztof Nowak-Stiftung“ zukamen, einer wohltätigen Einrichtung für Menschen mit Nervenkrankheit. Krysztof Nowak verstarb am 26. Mai 2005 im Alter von 29 Jahren.
1992
Jerzy Hawrylewicz
Die Geschichte von Jerzy Hawrylewicz liest sich wie ein einziger Albtraum: Als Spieler des VfB Oldenburg sackte der Stürmer am 20. April 1992 im Spiel gegen den HSC Hannover zusammen. Diagnose: Herzinfarkt. In der Folge lag Hawrylewicz 17 Jahre lang im Wachkoma. Unterstützt wurde die Familie in all den Jahren immer wieder vom FC Bayern: Benefizspiele, Geld- und Sachspenden – es war ein großer Verdienst von Uli Hoeneß, einem Spieler, zu dem er nie persönlich Kontakt hatte, dermaßen zu unterstützen. Am 13. Februar 2009 starb Hawrylewicz in Oldenburg.
1999
Bayern-Fans
„Wir wollen die Fans entlasten, die bei Wind und Wetter ins Stadion kommen!“ Mit diesen großen Worten kündigte Uli Hoeneß im Juni 1999 eine einmalige Aktion an: Der Klub verschenkte 10.000 Dauerkarten an die treuesten Anhänger, weitere 10.000 Fans erhielten 100 Euro Rabatt auf ihre Jahreskarte. Gesamtkostenpunkt für den Klub: 2,2 Millionen Mark. Schöner Nebeneffekt: Das ungemütliche Olympiastadion füllte sich auch gegen weniger attraktivere Gegner. Heute wird es diese Aktion aber wohl nicht mehr geben. Der Hightech-Tempel von München-Fröttmannig ist komplett überdacht.
2003
Flutopfer
Trotz des extrem engen Spielplans durch die Dreifachbelastung von Meisterschaft, Pokal und Champions League, trieb Manager Uli Hoeneß seine Bayern in der Saison 2002/03 zu insgesamt sieben Benefizspielen – allein für die Opfer der Flutkatastrophe erspielten Kahn und Co. in jender Zeit über 500.000 Euro und legten zudem noch eine Spende von 100.000 Euro aus der Mannschaftskasse obendrauf. Respekt.