Bei der Vorstellung des „What the Mercurial“-Schuhs von Nike in Mailand stand uns der große Ronaldo Rede und Antwort. Und verriet uns seinen WM-Tipp, welche deutschen Spieler er mag und warum er Sandro Wagner viel Glück für die WM wünscht.
Ronaldo, Sie als zweifacher Weltmeister müssen es wissen: Wer holt 2018 den Titel?
Schwer zu sagen, es gibt viele Mannschaften, die es schaffen können. Ich glaube, dass wir Brasilianer auch wieder eine gute Chance auf den Titel haben. Auch wenn Neymar jetzt verletzt ist und man abwarten muss, wann er fit wird. Auch Deutschland ist Favorit. Sie sind der Titelverteidiger und immer in der Lage, eine großartige Leistung abzurufen. Spanien und auch Argentinien sehe ich ebenfalls als Mitfavorit.
Neymar fällt derzeit mit einem Haarriss verletzt aus, auch Sie waren vor der WM 2002 lange verletzt. Haben Sie einen Tipp für Neymar?
Er sollte versuchen, sich vor dem Druck, der von außen gemacht wird, so gut es geht zu schützen. Viele Menschen in Brasilien vergleichen seine jetzige Situation mit meiner vor der WM 2002. Bei mir war es damals aber so, dass nicht klar war, wie lange ich ausfallen würde. Unter dieser Unwissenheit habe ich mehr gelitten als unter der Verletzung. Neymar wird nicht so lange ausfallen. Wichtig ist, dass er sich auf die Genesung fokussiert und sich auch die Zeit dafür nimmt.
Sie sagen, Deutschland sei Mitfavorit auf die WM. Mögen Sie die deutsche Mannschaft?
Natürlich. Die Rivalität zwischen Deutschland und Brasilien kommt nicht von ungefähr, es sind die beiden effizientesten Nationalmannschaften überhaupt. Und Deutschland macht eine Sache extrem gut: Sie bilden die Spieler ab einem sehr frühen Alter aus und geben sehr jungen Spielern die Chance, zu spielen. Auch in der Nationalmannschaft. Die Arbeit, die Deutschland im Nachwuchs leistet, setzt Maßstäbe. Sie machen das, was alle anderen Nationen auch machen sollten: Junge Spieler ausbilden und spielen lassen.
Gibt es einen deutschen Spieler, den Sie besonders schätzen?
Ich mag Spieler, die die Tore schießen (Lacht.) Deswegen mag ich Thomas Müller sehr gern. Er läuft viel, steht oft richtig, hat einen ausgeprägten Instinkt, wo er sich hinbewegen muss und was er zu tun hat. Und ich finde Toni Kroos großartig. Ich lebe in Madrid und sehe alle Spiele von Real. Kroos ist ein unglaublich intelligenter Spieler, dessen Art, Fußball zu spielen, ich sehr mag.
Kennen Sie Sandro Wagner?
Wagner? Ist er Brasilianer?
Er ist Mittelstürmer bei Bayern München und in der Deutschen Nationalmannschaft. Wagner sagt, dass eine Mannschaft einen klassischen Mittelstürmer braucht, um Erfolg zu haben. Aber davon gibt es nicht mehr so viele.
Erstmal wünsche ich Sandro Wagner viel Glück für die WM. Denn der klassische Mittelstürmer, die Nummer Neun, ist eine sehr schwierige Position. Und ja, es gibt nicht mehr so viele. Ich mag übrigens auch Bayerns andere Nummer Neun, Robert Lewandowski. Ein sehr schneller Spieler, das ist gut. Sowieso haben die Bayern einen außergewöhnlichen Kader. Bayern München ist stärker als die Deutsche Nationalmannschaft.
Und hat Wagner Recht?
Ja. Wenn ich Trainer wäre, würde ich darauf bestehen, einen guten Mittelstürmer im Team zu haben. Ein guter Neuner glaubt an jeden Ball, geht jeder Chance hinterher, muss immer da sein, muss immer an die Fehler der Defensive glauben. Jedesmal, wenn der Ball auf den Torwart kommt, muss die Neun draufgehen, in der Hoffnung, dass der Torwart den Ball noch fallen lässt. Viele Trainer verzichten mittlerweile aber auf so einen klassischen Mittelstürmer. Ich verstehe nicht, wie man ohne klassischen Mittelstürmer spielen lassen kann.
Ronaldo, wir müssen noch kurz über das 7:1 reden. Was passiert, wenn Brasilien bei der WM wieder auf Deutschland trifft?
Es wird ganz sicher kein 1:7 mehr geben, das war eine absolute Ausnahme. Was an diesem Tag passiert ist, war außergewöhnlich, weil einerseits die deutsche Mannschaft unglaublich stark war und andererseits mit dem brasilianischen Team etwas nicht stimmte. Alles lief schief. Käme es zu einem erneuten Aufeinandertreffen, würde sich sicherlich ein hartes, aggressives, sehr defensives Spiel entwickeln. Noch so ein 1:7 ist ausgeschlossen.