1991 gewann Gianluca Vialli mit Sampdoria Genua den Scudetto – und sorgte zusammen mit seinem besten Freund Roberto Mancini dafür, dass sich halb Europa in die Mannschaft verliebte.
Es läuft der 31. Spieltag in der Serie A im Jahr 1991. Der Tabellenführer Sampdoria aus Genua hat drei Punkte Vorsprung auf den Verfolger Inter Mailand. Es ist ein Tag, an dem Träume platzen könnten. Doch heute spielen der Fußballgott und der Torwart mit dem sehr italienisch klingenden Namen Gianluca Pagliuca mit. In San Siro belagert Inter den Strafraum von Sampdoria. Die Mailänder schießen und schießen – Pagliuca rettet und rettet. Jürgen Klinsmann bringt sogar einen Ball im Tor unter, der Schiedsrichter erkennt den Treffer aber wegen einer Abseitsstellung ab. Und es kommt noch dramatischer für die Genueser: Kurz vor der Halbzeit wird Roberto Mancini, einer der wichtigsten Spieler im Team, zusammen mit Inters Verteidiger Giuseppe Bergomi vom Platz gestellt. Doch Sampdoria hält durch. Giueseppe Dossena erzielt in der 60. Minute den Führungstreffer. Die Entscheidung? Mitnichten. Wenige Minuten später gibt es Elfmeter für Inter. Ein gewisser Lothar Matthäus tritt an, schießt – und Torwart Pagliuca wehrt schon wieder ab. Zehn Minuten später baut Gianluca Vialli die Führung mit dem 2:0 aus. So geht das Spiel am Ende auch aus.
Das Spiel zeigt, welche Details die Fußballgeschichte entscheiden können. „In den kommenden Jahren werden Leute sagen: ‚Ich war da! Ich war beim Spiel‘ … erwachsene Männer, abgehärtete Fußballfans können fast nicht mehr zugucken“, flippt der sonst beherrschte Kommentator Martin Tyler, der das Spiel für den britischen Sender Sky Sports kommentiert, regelrecht aus. Ein verrücktes Spiel, das für Jahrzehnte unvergesslich bleiben wird. Zwei Spieltage später gewinnt Sampdoria seinen ersten und bis heute einzigen Scudetto. Und das zu einer Zeit, in der sich der italienische Fußball auf seinem absoluten Höhepunkt befindet: Da ist zum Beispiel Arrigo Sacchis AC Mailand mit unter anderem Marco van Basten, Ruud Gullit und Frank Rijkaard im Team, die drei Jahre zuvor die drei ersten Plätze des Ballon d’Or belegt haben. Viele halten Sacchis Mannschaft für eine der besten aller Zeiten. Da ist außerdem Inter Mailand mit seinen frisch gekrönten Weltmeistern Andy Brehme, Lothar Matthäus und Jürgen Klinsmann. Da ist Juventus Turin mit Roberto Baggio, Salvatore Schillaci und einem jungen Paolo Di Canio. Und da ist der amtierende Meister SSC Neapel mit Diego Maradona. Von großer Konkurrenz zu sprechen, wäre eine Untertreibung. Doch die Saison 1990/91 steht weder im Zeichen von van Basten, Matthäus, Baggio noch Maradona. Es ist die Saison des UC Sampdoria aus Genua.
Die UC Sampdoria entsteht 1946 durch eine Fusion zwischen den Vereinen Sampierdarnese und Andrea Doria – ergo Sampdoria. Ursprünglich dominiert der Rivale CFC Genua – mit dem sich Sampdoria übrigens das Stadion Luigi Ferraris teilt – den Fußball in der Hafenstadt. Die Rossoblu (Rotblauen) haben sogar neun Meisterschaften vorzuweisen – die letzte gewann der Verein allerdings 1924.
Die Geschichte von Sampdorias Meisterschaft beginnt aber nicht wirklich 1946, sondern mit einem Geschäftsmann Namens Paolo Mantovani. 1979 kauft sich der ehemalige Ölmagnat den Verein. Er beginnt, die besten jungen Spieler des Landes zu holen. Sein Plan: Zukünftig die besten Profis der Liga zu besitzen und so um die Meisterschaft mitspielen zu können. Schon 1980 kommt der Verteidiger Luca Pellegrini. 1982 ein 17-Jähriger Roberto Mancini, der als eines der größten italienischen Talente gilt. Zwei Jahre danach wechselt Gianluca Vialli von Cremonese zu Sampdoria, 1986 kommt Torwart Gianluca Pagliuca und 1989 Attilio Lombardo, der schon ein etablierter Profi ist.
So beginnen, Ende der Achtzigerjahre, Mantovanis Investitionen Früchte zu tragen. Die Blucherchiati (die Blauumringten) gewinnen 1985, 1988 und 1989 den italienischen Pokal. Während die Mannschaft im Finale des Europapokals der Pokalsieger 1989 scheitert, gewinnt sie im darauffolgenden Jahr das Finale gegen Anderlecht nach einem Tor in der Nachspielzeit von Vialli. Mit dem Finalsieg wird klar, dass die Mannschaft um die allergrößten Trophäen mitspielen können.