Hoffenheims Torwart Heurelho Gomes weint und wir finden das rührend. Marc-André ter Stegen wütet und wir finden das richtig. Matthias Sammer grantelt und wir finden das verstörend. Unsere 11 des Spieltags.
Heurelho Gomes
Einleitend gibt es an dieser Stelle lobende Worte für den Keeper der TSG Hoffenheim. Der brasilianische Torhüter war von Ex-TSG-Manager und Shopping-Queen Andreas Müller im Winter von der Ersatzbank Tottenhams nach Sinsheim gelockt worden und hat so viel Bezug zum Verein wie ein russischer Tanzbär zur Quantenphysik. Sollte man meinen. Aber bereits in seinem ersten Spiel für die TSG fiel Gomes positiv auf, als er ein Tor seiner neuen Mannschaft außerordentlich empathisch bejubelte. Nun brach sich Gomes im Spiel gegen Düsseldorf die Hand, musste ausgewechselt werden – und weinte. So viel Identifikation in so kurzer Zeit, und das auch noch bei einem Verein, der nicht eben für seine bodenständigen und mit dem Verein verwachsenen Spieler bekannt ist, finden wir wirklich rührend. Und wünschen gute Besserung.
Marc-André ter Stegen
Irgendwann reichte es Marc-André ter Stegen. Das Wetter war schlecht, es war kalt und seine Mannschaftskameraden taten sich im Heimspiel gegen wacker kämpfende aber quasi schon abgestiegene Fürther nervig schwer. Alles in allem kein wirklich angenehmer Nachmittag. Als dann nach nur zehn Minuten die Zuschauer vergessen hatten, dass die Borussia vor gerade erst anderthalb Jahren selbst noch quasi das Fürth der Liga war und ob der dürftigen Vorstellung des Teams pfiffen, was das Zeug hielt, platzte ter Stegen der Kragen. Gestenreich beschwerte sich der Keeper beim Publikum und legte anschließend im Interview nach. „Das ist eine Bestrafung. Wir stehen so weit oben, das hätte vor zwei Jahren niemand gedacht. Und jetzt wird gepfiffen, wenn wir Fürth nicht mal eben im Vorbeigehen abschlachten. Das macht mich traurig und ich bin enttäuscht“, maulte der oliverkahnhafteste unter den deutschen Jungtorhütern. Nicht ganz zu Unrecht.
Per Nilsson
Wir sind nicht sicher, ob Per Nilsson unsere 11 des Spieltags liest, aber der Verdacht liegt nahe. Letzte Woche reüssierte hier ein gewisser Timmy Simons, solide, verlässlich, haudegig – und plötzlich mit einem Fantasie-Weitschusstor im Fokus. Nilsson schein das mitbekommen und sich gedacht zu haben: „Das will ich auch“, und so machte der Nürnberger im Spiel gegen Mainz kurzerhand zwei Tore. Nilsson ist eigentlich Innenverteidiger und schießt ansonsten in etwa so häufig Tore wie der Komet Hale Bopp an der Erde vorbeizieht. Jetzt also gleich ein Doppelpack – Wir sagen: Herzlich willkommen in dieser illustren Liste.
Dante
Herzlichen Glückwunsch zur ersten Deutschen Meisterschaft, Dante. Kleiner Wermutstropfen war der nicht gegeben Handelfmeter im Spiel der Bayern gegen Frankfurt. In der Schlussphase hatte Dante den Ball im Strafraum an die Hand bekommen, der Pfiff war aber ausgeblieben. Als sich die Frankfurter lautstark beschwerten, fragte Schiri Florian Meyer Abwehrkante Dante, ob er Hand gespielt habe, woraufhin dieser den Unschuldsengel mimte und von absolut gar nichts wusste. „Hand? Wer? Ich? Niemals.“ Den Frankfurtern fehlt der etwaige Punkt nun im Kampf um die internationalen Plätze und die mahnenden Zeigefinger schwingen sammernd durch die Redaktion. Was Oliver Held wohl gerade macht?
Julian Schieber
Seit er beim BVB ist, hat sich Julian Schieber nicht sonderlich häufig über ein eigenes Tor freuen können. Sein Jubel nach dem erzielten Doppelpack gegen den FC Augsburg war dann umso kurioser. Schieber ahmte mit der Hand eine Scherenbewegung nach und erklärte anschließend: „Ich habe mir vor dem Spiel die Spitzen geschnitten – mit einer Tape-Schere. Das war nicht so professionell.“ Daher der kleine Spaß in Richtung der Kollegen. Erfolg dank neuer Friese? Klingt logisch. Weshalb wir uns in der Redaktion bereits gegenseitig die Rückenhaare stutzen, zumindest die Spitzen, um demnächst auf dem Bolzplatz vielleicht mal wieder ins Tor zu treffen. Mit einer Tape-Schere, klar.
Markus Gisdol
3:0 hieß es am Ende für Hoffenheim gegen Düsseldorf und nicht wenige verknüpfen den Erfolg der TSG direkt mit Ehemals-Co-und-nun-Cheftrainer Markus Gisdol. „Ich orientiere mich nicht am Ziel Klassenerhalt, in erster Linie wollen wir unseren Fußball wieder entwickeln“, sagte Gisdol. „Aha“, sagen wir. Gisdols erste Amtshandlung war übrigens die im Kraichgau mittlerweile fast traditionelle Demontage des Tim Wiese, obschon man meinen könnte, dass sich Trainer und Keeper eigentlich hervorragend verstehen müssten – schließlich haben sie ganz offensichtlich den selben Friseur. Ob Gisdol nun tatsächlich ein Rangnick 2.0 ist und den Erfolg zurück in den Kraichgau bringt, bleibt abzuwarten. Sicher ist: Langweilig wird es dort nicht mehr.
André Schürrle
Die Qualitäten des André Schürrle sind absolut unbestritten. Schnell wie ein Rennpferd, einen ebensolchen Huf und obendrauf eine ganz feine Technik. So richtig glücklich wurde der Ex-Bruchwegboy in Leverkusen bisher aber trotzdem nicht, weshalb sich hartnäckig Wechselgerüchte halten. Seit etwa zwei Wochen wird Schürrles Flirt mit Chelsea ernst, und prompt spielt er beschwingt alles in Grund und Boden. Nach seinem Doppelpack vergangene Woche trug sich der Stürmer am Samstag erneut in die Torschützenliste ein. Wenn er so weitermacht, lassen die Bayer-Bosse den Transfer noch platzen und der ganze Ärger beginnt von vorn.
Matthias Sammer
Okay, wir hatten ihn schon letzte Woche in der 11 des Spieltags. Aber es ist einfach sensationell, wie Matthias Sammer den FC Bayern zum Erfolg grantelt. Kaum waren die Münchner in Frankfurt Meister geworden, mahnte der Ex-Feuerkopf mit Blick auf die Champions League, wer jetzt feiere, sei kein Top-Profi. Und gab so den Startschuss zur wahrscheinlich traurigsten Meisterfeier aller Zeiten. Laut „Bild“ gab es eine (!) Kiste Weißbier für die ganze Mannschaft, also umgerechnet ein Bier pro Spieler. Udo Latteck wäre erschüttert und auch wir halten die Bier-Spieler-Quote für zu niedrig. Wenn nur ein Bier pro Meisterschaft getrunken wird, habe ich heute schon acht Meisterschaften gefeiert. Und am Wochenende 42. Ob Sammer wenigstens ein bisschen mitgefeiert und mit einem großen Becher Lebertran oder einem Glas frisch gepresstem Sauerkrautsaft angestoßen hat, ist leider nicht überliefert. Wir gehen aber davon aus.
Jens Keller
Eine Zeit lang musste man sich ernsthafte Sorgen um Jens Keller machen. Die Leistung seiner Mannschaft, die er interimsweise übernommen hatte, war mäßig, die Presse prügelte wie besinnungslos auf Keller ein und seine Züge hatten irgendwann etwas bedenklich Michael-Skibbe-haftes. Nie ein gutes Zeichen. Mittlerweile hat Schalke aus den letzten sieben Bundesligapartien fünf Siege geholt, ist auf Champion-League-Kurs und Kellers Sorgenfalten, auf denen man zeitweise Käse hobeln konnte, sind ein wenig geglättet. Und wer weiß: Vielleicht heißt ja der neue Cheftrainer auf Schalke in der nächsten Saison: Jens Keller.
Raffael
Dass das vielleicht so kommt, ist dann zum Teil auch der Verdienst von Raffael. Der brasilianische Zauberfuß war nach seiner Zeit bei Hertha BSC in der Tretmühle der ukrainischen Liga gefangen – nicht sein natürliches Umfeld. Seit Januar spielt Rafael nun bei Schalke, tänzelt sich so langsam die Kälte aus den Gliedern und beginnt, eine Verstärkung für die Knappen zu sein. Am Samstag war Raffael an beiden Toren beteiligt – mindestens so sehr wie Gegenspieler Lukimya. Aber das ist eine andere Geschichte.
Jupp Heynckes
Don Jupp ist Meister, was zu erwarten war. Er ist es auch nicht zum ersten Mal, weshalb er den Titel mit einer gewissen Coolness entgegennimmt. Und dennoch dürfte es ihm auch eine besondere Genugtuung gewesen sein, wie dominant seine Mannschaft den Titel errungen hat. Denn seine Idee, den Rekordmeister nach der Saison zu verlassen, war es nicht. Viel eher sind die Bosse der Münchner der Idee verfallen, einen großen Namen wie Pep Guardiola an die Isar zu holen. Der wahrscheinlich schon irgendwo sitzt uns sich verzweifelt Gedanken macht, wie er die Bayern um Gottes Willen überhaupt noch verbessern soll. Ein Unterfangen, das fast schon schief gehen muss. Ganz leise vernimmt man schon die ersten Unkenrufe in Bayern, die bei einem holprigen Start unter Guardiola Don Jupp zurückhaben wollen.