Mohamed Salah zählt zu den einflussreichsten Fußballern der Welt – er hilft sogar nachweislich dabei, Islamfeindlichkeit abzubauen. Der Effekt birgt jedoch auch Gefahren.
Manchmal besteht Wissenschaft ja auch darin, das längst Offensichtliche mit belastbaren Zahlen zu belegen. Dass Mohamed Salah vom FC Liverpool zu den einflussreichsten Sportlern dieser Tage zählt, zum Beispiel. 28 Millionen Menschen folgen dem Flügelstürmer des FC Liverpool bei Instagram, fast zwölf Millionen bei Facebook, neun Millionen bei Twitter. Bei den Präsidenschaftswahlen in Ägypten erhielt er im Jahr 2018 mehr als eine Million Stimmen, obwohl er überhaupt nicht zur Wahl stand. Das „Time“-Magazin nahm ihn jüngst in die renommierte Liste der 100 einflussreichsten Personen der Welt auf.
In ihren Liedern bezeichnen die Fans der Reds ihren „Pharao“ als „Geschenk von Allah“. „In einer Moschee“ wollen sie sitzen und sogar zum Islam konvertieren, „wenn er noch ein paar (Tore) erzielt“. Dass diese Zeilen mehr sind als blanke Ironie und Mo Salah die Sicht der Liverpooler auf den Islam tatsächlich positiv beeinflusst hat, zeigt nun eine Studie von Wissenschaftlern der Stanford Universität und der Technischen Hochschule Zürich.
Die Forscher untersuchten die Anzahl islamfeindlicher Hassverbrechen in der Grafschaft Merseyside im Vergleich zu weiteren englischen Grafschaften. Zudem analysierten sie rund 15 Millionen Tweets von den Fans englischer Top-Klubs hinsichtlich antimuslimischer Inhalte und befragten Liverpool-Fans zu ihren Einstellungen zum Islam und zu Mohamed Salah.
Der Salah-Effekt
Die Ergebnisse deuten tatsächlich auf einen Salah-Effekt hin: So sank die Anzahl sogenannter Hassverbrechen gegen Muslime in Merseyside seit Salahs Wechsel zu den Reds um 18,9 Prozent. Die Tatsache, dass die Quote anderer Verbrechen im gleichen Zeitraum nicht sank, weisen darauf hin, dass Salah in der Tat die Einstellungen der Liverpooler zum Islam beeinflusst. Unterstützt wird diese Interpretation auch dadurch, dass der Anteil antimuslimischer Tweets bei den Liverpool-Fans um mehr als die Hälfte (53,2 Prozent) abnahm.
Welcher Mechanismus diesem Effekt zugrunde liegt, versuchten die Autoren der Studie mit ihrer Umfrage unter den LFC-Fans zu ergründen. Die Auswertung ergab, dass Salah dazu beiträgt Vorurteile abzubauen, indem er den Engländern die Praktiken des Islam näherbringt: Seine Tore feiert er in der muslimischen Gebetshaltung, seine Tochter ist nach Mekka benannt und auf Instagram lässt er seine Fans während des Ramadan am Fastenbrechen teilhaben.
Wie sehr Fremdenfeindlichkeit von Einzelpersonen abhängt, ist bedenklich
Der Effekt birgt jedoch auch durchaus Gefahren. Denn die Autoren konnten darüber hinaus zeigen, dass die antimuslimischen Tweets von Fans anderer Vereine nach Salahs Wechsel zum FC Liverpool zunahmen. Gut möglich also, dass Salahs positiver Einfluss verschwindet, sollte er die Reds einmal verlassen oder bei den LFC-Anhängern anderweitig in Ungnade fallen. Wie stark Fremdenfeindlichkeit und Islamophobie vom Wirken einzelner Personen abhängen, stimmt nachdenklich.