Seit der Mkhitaryan-Affäre steht die Uefa wegen des Finalorts Baku in der Kritik. Doch nach der politischen Misere kommt ein weiteres Problem hinzu. Warum Sponsoren und Vereine ihre Tickets zurückgeben.
Im Elfmeterschießen gegen Chelsea war zwar Schluss, trotzdem spielt Eintracht Frankfurt vor dem Europa-League-Finale eine Hauptrolle. Genauer, die Fans der Eintracht, die hoffnungsfroh vorzeitig mit Karten für das Endspiel eingedeckt hatten – und nun ohne Beteiligung der eigenen Mannschaft nach Aserbaidschan reisen müssten.
„Wie ihr euch vorstellen könnt, gibt es dort etliche Kinder, für die ein Europa-League-Finale eine riesige Erfahrung wäre, die normalerweise relativ unerschwinglich sein dürfte“, beginnt deshalb ein Aufruf im Fan-Forum der SGE, die Karten an das SOS-Kinderdorf in Baku zu spenden. 16 Zusagen gäbe es schon, nach ein paar Tagen sollten die Tickets zu einem Betreuer in Baku geschickt werden. Das verfrühte Weihnachtswunder: Nach nur wenigen Stunden hatte die Initiative über 100 Karten gesammelt.
Rücksendung von tausenden Tickets
Nicht weiter verwunderlich, dass viele deutsche Fans eher den mittellosen Kindern in Aserbaidschan eine Freude machen wollen, als sich selbst auf die beschwerliche Reise ans Kaspische Meer zu machen, um zwei englischen Teams im Finale zuzusehen. Allein, die Frankfurter sind längst nicht die einzigen, die aktuell ihre Karten zurückgeben.
Wie die englische „The Times“ berichtet, steht die Uefa vor einer ihrer größten Peinlichkeiten. Denn das Nationalstadion in Baku könnte am kommenden Mittwoch viele leere Plätze aufweisen. Sponsoren und die beiden beteiligten Klubs Arsenal und Chelsea schicken derzeit tausende Tickets zurück an den Verband.
Schon im Vorfeld hatte es rege Kritik am Austragungsort gegeben. Nicht nur, dass das Spiel am äußersten östlichen Rand Eurasiens stattfindet. Auch der Anstoß um 23 Uhr Ortszeit ist grenzwertig. Schon vorab soll der Uefa bewusst gewesen sein, dass Flughafen und Infrastruktur in Baku nicht auf das Massenevent mit tausenden westeuropäischen Fußballtouristen vorbereitet gewesen sei. Die Folge: Flüge von London nach Baku, die entweder bis zu 27 Stunden dauern, oder etwa 1.000 Euro kosten.
Leere Ränge in Baku?
Probleme, die der Uefa nun teuer zu stehen kommen könnten. Zwar hatte der Verband nur jeweils 6.000 Tickets an die beiden Londoner Vereine vergeben – der Rest verteilt sich auf übrige Zuschauer und vor allem Sponsoren -, doch beide Klubs geben nun je zwischen 2.000 und 3.000 Tickets zurück. Es finden sich laut Informationen der „The Times“ schlichtweg keine Abnehmer.
Und auch erste Firmen, die für ihre Mitarbeiter mit Eintrittskarten bedacht wurden, geben ihre Karten nun freiwillig zurück. Bei der weiten Anreise bzw. den hohen Kosten sei niemand an dem Trip nach Aserbaidschan interessiert. Weitere 2.000 Karten dürften in der Verbandszentrale in Nyon zurücktrudeln. Bliebe es dabei, wären etwa 15 Prozent aller Sitzplätze am Mittwochabend frei.
Kritik nicht erlaubt
Für die Uefa vielleicht gar kein Problem. Schließlich warnten die Organisatoren vorab, dass verbandskritische Banner am Einlass beschlagnahmt werden und auch keine kritischen Gesänge akzeptiert würden. Eine Gefahr, die von aserbaidschanischen Kindern nicht ausgehen dürfte. Und schließlich gibt es in Gandscha, der zweitgrößten Stadt des Landes, ein weiteres SOS-Kinderdorf. Abnehmer für die ungenutzten Tickets gibt es also. Und gesammelt wurde schon.