Hallenfußball lebt. Zum zehnjährigen Jubiläum des Traditionsmasters Anfang Januar sprachen wir mit Veranstalter Bernd Kühn über den Zauber von Legenden, Maschinen aus Madrid und die Unterschiede zwischen Ronaldinho und Heiko Scholz.
Bernd Kühn, Hallenfußball war mal eine große Sache in Deutschland. Irgendwann hatte die Bundesliga allerdings keine Lust mehr. Woran lag das?
Am mangelnden Interesse der sportlichen Leitung. Anfangs haben die Geschäftsführungen noch gesagt: „Wir müssen Geld verdienen, sonst können wir die Jungs nicht mehr bezahlen“. Irgendwann war die Einnahmequelle Hallenfußball allerdings unwichtig geworden.
Dafür gibt es jetzt schon im zehnten Jahr das von Ihnen organisierte Traditionsmasters. Was waren damals die Beweggründe, das zu starten?
Ich bin Fußballfan, habe eine Marktlücke gesehen und mir gedacht: Da kann ich mit Spaß Geld verdienen.
Für alle Nachwuchshoffnungen, die dieses famose Konzept kopieren wollen: Wie fängt man so etwas an?
Für mich lag der Schlüssel in meiner früheren Tätigkeit bei Hertha BSC. Das war zu der Zeit, als man in Berlin noch Champions League gespielt hat. Aus den Spielern haben wir eine Mannschaft gebaut. Mit der bin ich dann zu anderen Vereinen, habe erzählt, was ich vorhabe und gesagt: Das ist das Team, dass es zu schlagen gilt.
Hertha als Magnet – und das hat funktioniert?
Wir hatten ziemlich schnell die Zusagen von fünf weiteren Mannschaften und dann im ersten Jahr gleich über 6.000 Zuschauer. Wir hatten offiziell 5.550 als Ziel ausgerufen, damit der Unterrang der Max-Schmeling-Halle in Berlin schön voll ist. Aber in Wahrheit wären wir auch schon mit 3.500 Zuschauern ganz glücklich gewesen. (Lacht) Und ab dem zweiten Jahr waren wir dann immer ausverkauft.
Stets einer der besten bei Hertha ist die „Zaubermaus“, ist Dariusz Wosz. Trainiert er denn richtig auf das Turnier hin?
Nein, das nicht. Der braucht jetzt auch nicht die Pokale, um persönlich glücklich zu sein. Da gibt es ganz andere Kandidaten. Dariusz stellt sich in den Dienst der Mannschaft, aber wenn er nicht das leistet, was er kann, dann ist er richtig sauer. Es gab ein Jahr, da hat er einen entscheidenden Fehler gemacht, der direkt zum Gegentor und zum Ausscheiden führte. Das hat er sich persönlich krumm genommen. Keiner aus der Mannschaft, niemand sonst. Aber er selbst hatte fortan so schlechte Laune, dass er sogar die Players Party sausen ließ.
Wer war denn der schillerndste Spieler in zehn Jahren Traditionsmasters?
Ganz klar: Michel Salgado.
Die Rechtsverteidiger-Legende von Real Madrid.
Eine Kampfmaschine. Unglaublich.
Auch auf der Players Party.
Unbedingt. Vorher allerdings totale Askese. Gerade gelandet, erstmal ab in den Fitness-Raum. Dann hinlegen. Beim Essen keine Rippchen gegessen, wie alle anderen. Nur Fisch. Nach dem Turnier große Diskussionsrunde, warum der Schiedsrichter den Sieg von Madrid verhindert habe.
Ein Profi durch und durch.
Auch auf der anschließenden Feier. Ich habe noch einen Mitarbeiter abgestellt, der mit ihm in einen Club ist, bis 8 Uhr am nächsten Morgen. Dann erst kamen er und sein Mitspieler José Emilio Amavisca, nur im T‑Shirt, mitten im Januar, zurück ins Hotel. Beide mit einem McDonald’s‑Burger in der Hand.
Die beiden wussten offenbar, was es bedeutet, im Namen von Real Madrid unterwegs zu sein.
Das ist schon auch bei uns ein besonderer Klub. Die kommen komplett im gleichen Outfit und haben selbst mit der Traditionsmannschaft ein Auftreten wie ein ambitionierter Bundesligist. Das erwarte ich aber auch, wenn ich schon zwei Zeugwarte bezahle. (Lacht)
Wer kommt denn dieses Jahr?
Nach Berlin: Titelverteidiger Union Berlin, Hertha BSC, Borussia Dortmund, der Karlsruher SC, Bayer Leverkusen, Sparta Prag, Tottenham Hotspur und der FC Barcelona. Beim „Budenzauber Emsland“ (12. Januar 2019) treten Schalke, Nürnberg, Bremen, Meppen, Osnabrück und Leverkusen an.
Klingt nach Nostalgie und trotzdem großem Sport.
Ist es auch. Wer das gewinnt, hat ordentlich was geleistet. Bisschen Hacke, Spitze und Autogramme schreiben ist aber natürlich auch dabei.
Gab es denn in all den Jahren einen ausgewiesenen Stinkstiefel?
Einzelne Spieler nicht. Aber in den insgesamt 20 Turnieren, die ich in den vergangenen zehn Jahren veranstaltet habe, kam es drei Mal zu Schlägereien. Auf dem Platz. Und Immer war der 1. FC Köln beteiligt. (Lacht) Aber ist ja auch nicht schlecht, so sehen die Leute, dass die Spieler das Ernst nehmen.
Und der angenehmste Typ?
Eigentlich müsste ich jetzt 100 Namen nennen, aber herausragend war dann doch: Charly Körbel. Unglaublich, wie entspannt der ist. Trotz seines Legenden-Status.
Ein Verein, der absolute Phantasie-Summen als Antrittsgelder haben wollte?
Ronaldinho.
Was wollte der haben?
Habe ich vergessen. War zu viel. (Lacht)
Auch wenn der dicke Bauch ein Klischee ist: Wer hat das beste Verhältnis von Plauze zu Gefühl im Fuß?
Heiko Scholz.
Heiko Scholz? Der dauerlaufende Vokuhila in Diensten von Dresden, Leverkusen und Bremen?
Unbedingt. Und ein unglaublicher Typ. Bei dem kommst Du aus dem Lachen nicht mehr raus. Er kam auch mal auf die Idee, auf dem gemeinsamen Rückflug von seiner Mannschaft, Leverkusen, und dem 1. FC Köln, zum Kapitän zu gehen. Bayer hatte gewonnen, und Scholz den Piloten überredet, auf dem Rollfeld das Cockpit-Fenster zu öffnen und den Pokal Richtung Himmel zu stemmen. An der Kofferausgabe hat er ihn dann auf das Gepäckband gestellt – und das Teil ist vor den Kölner immer hin und her gefahren. Mehr geht nicht.
Wird Hallenfußball nochmal eine Renaissance erleben und wieder eine richtig große Nummer?
Ihr wart doch schon bei uns: Es ist richtig groß.
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