Im Iran durften im Oktober 2018 erstmals Frauen ein Fußballspiel besuchen. Doch sofort ruderte das Regime zurück: Die Ungerechtigkeit sollte auch zukünftig bestehen. Jetzt endlich schaltete sich die Fifa ein.
Und tatsächlich hatte sich mit der internationalen Aufmerksamkeit während der WM offenbar etwas getan. Zum Gruppenspiel des Irans gegen Spanien wurde ein Public Viewing im Azadi-Stadion veranstaltet, zu dem Frauen und Männer gemeinsam Einlass erhielten – wenn auch erst nach erneuten Protesten vor Ort. Mit den 100 Frauen, die in dieser Woche das Freundschaftsspiel gegen Bolivien im Stadion sehen durften, schien der nächste Schritt gemacht, zumal sich auch iranische Auswahlspieler mehrfach für eine Aufhebung des Verbots eingesetzt hatten. „Ich hoffe auf den Tag, an dem die Hälfte des Stadions euch gehört“, schrieb Verteidiger Hossein Mahini und postete ein Foto weiblicher Fans auf Twitter. Und Carlos Quiroz, der portugiesische Coach des Teams, sprach vom „Beginn einer neuen Ära“.
Mit angeklebten Bärten
Dabei war es streng genommen nicht das erste Mal seit 1981, dass Frauen bei einem Männerspiel anwesend waren. Bei internationalen Spielen finden sich regelmäßig weibliche Fans im Gäste-Block ein. Es ist eine der wenigen Möglichkeiten, wie sich auch iranische Frauen ins Stadion schmuggeln können. Manche haben noch ausgefeiltere Tricks in petto: Mit angeklebten Bärten und in weiten Kleidern versuchten es in der Vergangenheit immer wieder Frauen, als männliche Anhänger durchzugehen.
Anfang März 2018 probierten einige es, auf diese Weise das große Teheraner Derby zwischen Esteghlal und Persepolis zu besuchen. Außerdem protestierten zeitgleich Aktivistinnen vor den Toren des Azadi-Stadions. Insgesamt 35 Frauen wurden daraufhin von den Sicherheitsbehörden verhaftet. Beim Spiel zu Gast war auch Gianni Infantino. Der den iranischen Verband nach jahrelanger Untätigkeit in dieser Woche endlich dazu aufgefordert hat, Frauen den Zugang zu Fußballstadien zu gewähren. Infantino verweist auf Fifa-Statuten gegen Diskriminierung und erwartet bis zum 15. Juli Antwort.
Unaufhaltsame Veränderungen
Man darf gespannt sein, wie die Reaktion aussehen wird. Während etwa Staatspräsident Hassan Rohani einer Neuregelung nicht abgeneigt gegenüber stehen soll, sind es insbesondere die ultra-religiösen Teile der Gesellschaft, die sich immer neue Rechtfertigungen des Verbots ausdenken. Die Infrastruktur der Stadion sei gar nicht für weibliche Besucherinnen ausgelegt, so lautet eine der aberwitzigen Begründungen.
Umso wichtiger bleibt das Engagement von Sara sowie den anderen Frauen von „Open Stadiums“ und ihren Verbündeten. Mit ihrem unermüdlichen Einsatz zeigen sie der nationalen und internationalen Öffentlichkeit, wie sehr die weiblichen Fans in die Stadien drängen – und dass es nur eine Frage der Zeit sein kann, bis ihr Ausschluss endgültig Geschichte sein wird. „Die Autoritäten im Iran versuchen die Gleichbehandlung von Frauen und Männer zu verhindern“, sagt Hadi Ghaemi, der Direktor des „Centre for Human Rights in Iran“, „aber die iranischen Frauen geben nicht nach und demontieren Schritt für Schritt das Verbot ihrer Präsenz in den Stadien“.