In der Nacht zum Donnerstag will Flamengo aus Rio de Janeiro Geschichte schreiben. Und mit dem ersten internationalen Titel seit fast zwei Jahrzehnten ganz nebenbei den Mythos des Maracana wieder auferstehen lassen.
Auch die Betreiber des Maracanas dürften die jüngste Entwicklung mit Erleichterung verfolgen. Die Stadionmiete ist durch einen Korruptionsskandal mit einer völlig überteuerten Renovierung für WM und Olympia nahezu unbezahlbar geworden, so dass Flamengo nur noch zu absoluten Top-Spielen in das einst so mythische Stadion umzieht. Ein Erfolg im Finale gegen die Argentinier könnte der Arena endlich wieder etwas von der Magie von vor der WM-Renovierung zurückgeben. Bis heute fremdeln die „Cariocas“, wie Rios Einwohner genannt werden, ein wenig mit dem Maracana. Der brasilianische Sieg im Olympia-Finale 2016 über Deutschland hat das Eis erstmals etwas brechen lassen, ein Finalsieg Flamengos würde die Akzeptanz der Arena in der Stadt deutlich erhöhen.
Auf dem Zahnfleisch ins Ziel
Sportlich wird das allerdings eine große Herausforderung. Flamengos kolumbianischer Trainer Rueda, der das dritte kontinentale Finale in Folge erreichte, hat seine Mannschaft auf dem Zahnfleisch ins Saisonfinale kriechen sehen. Erst mit einem verwandelten Elfmeter durch den Ex-Bremer Diego in der Nachspielzeit am letzten der 38 Spieltage gelang Flamengo ein 2:1‑Auswärtssieg bei Vitoria. Der war deshalb so wichtig, weil sich der Klub dadurch doch noch für die Copa Libertadores qualifizierte. Das sorgt für finanzielle Planungssicherheit. Und Flamengo profitierte ohnehin vom Copa-Libertadores-Gewinn durch Gremio Porto Alegre, ohne den Flamengo als Sechtsplazierter in die Play-Offs hätte gehen müssen.
Neben dem Verletzungspech platzte kurz vor dem Finale auch noch die Nachricht von der Dopingsperre von Paolo Guerrero in die Vorbereitung. All das aber hat Fans und Verein wieder etwas näher zusammengebracht. Denn Rueda machte aus der Not eine Tugend und baute Kräfte aus der eigenen Jugend in die Mannschaft ein. Die nicht ganz freiwillige Rückkehr zu den Wurzeln kommt bei den Fans gut an. Auch deshalb könnte ein Sieg im Finale eine wichtige Weichenstellung für die Zukunft des schlafenden Riesen sein.
Eine einmalige Chance
Flamengos Kicker um Juan und den ehemaligen Bremer und Wolfsburger Diego haben eine einmalige Chance. Ein Finalsieg brächte ihnen einen Platz im vereinseigenen Museum, da dürften auch die Strapazen der vorangegangenen 82 Pflichtspiele im Kalenderjahr 2017 vergessen werden. Darauf hofft auch Supertalent Vincius Junior, das bereits an Real Madrid verkauft ist. Die Zeiten, dass Spieler wie Zico in Rio gehalten werden konnten, sind schon lange vorbei. Dass trotzdem noch internationale Titel möglich sind, dürfte dem zuletzt nicht klug gemanagten Klub dringend notwendige Stabilität verleihen.
Und um den Trainer zu halten: Nach Medienberichten aus Santiago steht Rueda ganz oben auf der Wunschliste des chilenischen Verbandes, um „La Roja“ um Arturo Vidal aus der Krise nach der verpassten WM-Qualifikation zu führen. Es geht deshalb am Mittwoch nicht nur um den ersten internationalen Titel seit fast zwei Jahrzehnten, es geht um die Zukunft des populärsten Klub Brasiliens.