Zwölf Spiele, elf Punkte: Seit dem vergangenen Wochenende befindet sich Werder Bremen ganz offiziell im Abstiegskampf. Wäre es da nicht langsam mal Zeit, in Panik zu geraten?
Seinen Kapitän, den Finnen Niklas Moisander, erinnert Kohfeldt an einen prominenten Trainerkollegen. Der Coach, befand Moisander, habe viele Eigenschaften, die auch Louis van Gaal auszeichneten. 2008/09 hatte Moisander unter dem Niederländer die Meisterschaft mit AZ Alkmaar gewonnen, der Mann weiß also, wovon er spricht. Doch erstens musste auch Louis van Gaal schon einige sportliche Tiefschläge und Entlassungen verkraften und zweitens hat Werders sportliche Krise auch mit Moisander zu tun. Gemeinsam mit Fin Bartels, Niclas Füllkrug, Kevin Möhwald und Ömer Toprak gehört er zu jenen Langzeitverletzten, die in Werders Kader Lücken rissen, für die Kohfeldt einfach keine anständige Füllmasse gefunden hat. So eine lange Verletztenliste ist ärgerlich. Gehört aber zum Profifußball nun einmal dazu. Wer es in der Bundesliga unter die besten sieben, acht Mannschaften schaffen will, braucht doppelte Böden, um einen freien Fall, wie ihn die Bremer aktuell erleben, rechtzeitig aufzufangen.
In anderen Klubs hätte der Baum gebrannt
Es liegt also viel im Argen beim Deutschen Meister von 2004, der seine Anhänger doch eigentlich mal wieder mit dem Kampf um den Europapokal beglücken wollte, statt die Zuneigung der Fans erneut auf die Probe zu stellen. Am Montag fand in Bremen die Jahreshauptversammlung statt. In Gelsenkirchen oder Frankfurt hätte eine JHV zu diesem Zeitpunkt bei diesem Tabellenstand der Weihnachtsbaum gebrannt, bei Werder verkündeten sie stattdessen stolz einen Rekordumsatz und alle applaudierten artig. Was in Ordnung war. Und doch fragten sich hinterher viele, warum die Klubführung so vorsichtig das heikle Thema Abstiegskampf umschiffte, oder nicht ein Wort darüber verloren wurde, dass zwei Schalker – Vater und Sohn – am Rande des Punktspiels von Werder-Hools zusammengeschlagen wurden.
Werder versucht, Ruhe zu bewahren. Das muss man in diesen stürmischen Zeiten erstmal hinbekommen. Wenn am Ende doch noch alles gut wird, Bremen einen Lauf bekommt und die Saison unter den ersten Zehn beendet, wird man die Vereinsführung für so viel Eis in der Blutbahn loben und mal wieder auf die intakte Werder-Familie verweisen. Geht diese Taktik nicht auf, muss der Klub erneut eine Spielzeit im Tabellenkeller verbringen, haben es alle besser gewusst, die jetzt den vermeintlichen Kuschelkurs kritisieren und unter den besinnlichen Weihnachtskugelfotos Posts hinterlassen, in denen die Spieler aufgefordert werden, sich gefälligst im Training den Arsch aufzureißen, statt Zeit am Tischkicker zu verbringen.
Ein Geschenk aus Finnland
Weinachten ist bekanntlich die Zeit der Besinnlichkeit, der gemeinsam genossenen Ruhe und kuscheligen Pause vom harten Alltagsstress. Aber auch die Zeit, in der sich die meisten Familien zerstreiten, weil endlich mal Zeit ist, die Gründe für den harten Alltagsstress zu analysieren. So weit ist man in Bremen noch nicht, hier verpackt man erstmal die Geschenke: Am Montag gab der Verein die Vertragsverlängerung mit Kapitän Moisander bekannt. Bis Heiligabend sind es ja noch knapp vier Wochen.