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Seite 2: Heuchler und Wendehals?

Doch ist Mats Hum­mels das wirk­lich? Damit wären wir bei der ersten der vielen Fragen, die einen auf­se­hen­er­re­genden Transfer umgeben, der bei näherer Betrach­tung kei­nes­wegs so ruck­el­frei ist, wie er auf den ersten Blick wirkt. Da wäre zum Bei­spiel der Auf­schrei, der durch die Dort­munder Fan­szene ging, als die ersten Gerüchte die Runde machten. Es war kein Schrei der Freude. So vehe­ment lehnte ein nicht unbe­deu­tender Teil des Anhangs den Spieler ab, dass viele neu­trale Beob­achter sich ver­wun­dert am Kopf kratzten. Diese Irri­ta­tion war durchaus ver­ständ­lich, denn außer­halb von Dort­mund hatte man Hum­mels’ Transfer nach Mün­chen im Jahr 2016 als eher geräuscharm wahr­ge­nommen, jeden­falls ver­gli­chen mit dem Wechsel von Mario Götze.

In gewisser Weise saß der Sta­chel, den Hum­mels’ Abgang hin­ter­ließ, aller­dings tiefer als bei Götze. Letz­terer war als blut­junger Kerl dem Lockruf der Bayern erlegen (und erkannte das gerade als Fehler). Hum­mels hin­gegen war smart und reflek­tiert, wenn er auch zuneh­mend schnö­selig wirkte. Er war Gesicht und Wort­führer der ver­schwo­renen Gemein­schaft, die Jürgen Klopp irgendwie aus einer Gruppe von Berufs­fuß­bal­lern geformt hatte. Hum­mels’ Abschied war das end­gül­tige Ende einer Ära und zer­störte so manche Illu­sion, die sich in den acht Jahren davor auf der Süd­tri­büne breit­ge­macht hatte. 

Der Kapitän geht als Erster von Bord. Am besten sofort!“

So hielten (und halten) viele BVB-Fans Hum­mels ein Inter­view aus dem Juni 2013 vor, in dem er sich erstaun­lich direkt und deut­lich zu Götzes Abgang nach Mün­chen geäu­ßert hatte: Ich glaube ein­fach, dass es sport­lich wenig bis keine Gründe gibt oder gab, uns zu ver­lassen“, sagte Hum­mels damals und klang ebenso ver­letzt, wie die Fans es waren. Mario hat sich mit vielen super ver­standen. Des­halb hat es mich auch so geär­gert, dass er der Mei­nung war, so früh weg­gehen zu müssen.“ Plötz­lich schlug Hum­mels nun den­selben Weg ein. Auf der Süd­tri­büne nannten sie ihn flu­chend einen Heuchler und Wen­de­hals. Beim vor­letzten Heim­spiel der Saison 2015/16 zeigte die Ultra-Gruppe The Unity“ das Banner: Der Kapitän geht als Erster von Bord. Am besten sofort!“

Die Wogen haben sich seither nicht geglättet. Als Hum­mels’ Rück­kehr in tro­ckenen Tüchern war, ver­öf­fent­lichte das ein­fluss­reiche Online-Fan­zine Schwatz­gelb“ einen Kom­mentar, in dem es hieß: Letzten Sommer noch gab es die Mel­dung, dass man künftig mehr Wert auf Cha­rakter legen wolle. Nun, ent­weder han­delte es sich dabei schlicht um eine Ente oder man hat dieses Vor­haben nun end­gültig wieder in die Tonne gekloppt.“ Starker Tobak. Hum­mels wech­selte ja nicht drei Wochen oder drei Monate nach dem berühmten Inter­view zu den Bayern, son­dern volle drei Jahre später. Jahre, in denen sich in Dort­mund viel ver­än­dert hatte, nicht nur auf der Trai­ner­bank. Außerdem waren die­selben Dort­munder Anhänger, die sich im Juni ent­setzt über die Pläne ihres Klubs zeigten, noch wenige Wochen zuvor voll des Lobes über die Trans­fer­po­litik des BVB. Ver­mut­lich ohne groß dar­über nach­zu­denken, wie sich Glad­ba­cher Fans fühlen, wenn die schwarz-gelbe Borussia alle paar Jahre mit dem Scheck­buch wedelt und einen Marco Reus, Mah­moud Dahoud oder Thorgan Hazard vom Nie­der­rhein in den Ruhr­pott lockt.

Hum­mels – nicht refi­nan­zierbar

Aber natür­lich sind nicht alle Dort­munder Anhänger Hum­mels gegen­über so feind­selig ein­ge­stellt. Viele sehen die Sache prag­ma­tisch und halten es mit Watzke, der sagt: Wir sind wegen unserer Defen­sive nicht Meister geworden. Dieses Pro­blem haben wir gelöst.“ Aller­dings muss sich erst noch zeigen, ob das zutrifft. Denn es lassen sich auch kri­ti­sche Fragen zur Dort­munder Art der Pro­blem­lö­sung stellen, die nichts damit zu tun haben, ob man Mats Hum­mels nun mag oder nicht.

Da wäre zum Bei­spiel die nach dem Alter des Spie­lers und der im Ver­gleich dazu sehr hohen Trans­fer­summe. Noch nie hat der BVB mehr Geld für einen Neu­zu­gang in die Hand genommen – und im Gegen­satz zu allen Inves­ti­tionen der jün­geren Ver­gan­gen­heit ist diese nicht refi­nan­zierbar. Sogar Ralf Rang­nick, dessen Arbeit­geber nicht für Spar­sam­keit bekannt ist, zeigte sich Anfang Juli bei einer Ver­an­stal­tung in Leipzig ver­wun­dert über die früher so wirt­schaft­lich den­kende Kon­kur­renz aus West­falen. („Die Inves­ti­tion von rund 75 Mil­lionen ist allein auf die nächsten drei Jahre aus­ge­legt“, sagte Rang­nick und zählte dabei die maxi­male Ablöse von 38 Mil­lionen Euro plus Gehalt zusammen. So etwas würde es bei uns nicht geben.“)