Während beim konstant siegenden FC Bayern sportliche Meldungen oft nur noch Gähnen hervorrufen, sorgt wenigstens das Geeier um Pep Guardiolas Vertragsverlängerung für Unruhe.
Selbst der Nikolaus konnte sich ein Sticheln nicht verkneifen. Obwohl man sich Nachfragen zur Vertragssituation von Vereinsseite verbeten hatte, überreichte ein kostümierter Sprecher der „Bayern Bazis Vilsbiburg“ dem Coach beim traditionellen Fanklub-Treffen zur Weihnachtszeit einen Blanko-Arbeitsvertrag. „Pep“, so der Fan-Nikolaus, „du musst nur noch dein Gehalt eintragen und unterschreiben.“ Hohoho! Der FCB weiß einfach, wie man im Unterhaltungsbusiness des Fußballs Spannung kreiert. Wenn es sein muss auch künstlich. Mit einer Meldung, die eigentlich gar keine ist. Nämlich: Tut er’s oder tut er’s nicht!
Ein bisschen Gossip
Sportlich taugt eine Hinrunde der Bayern nun schon längere Zeit für kaum mehr als eine Splittermeldung. Auch Menschen ohne Interesse an der Bundesliga wissen, dass dem Starensemble von der Säbener Straße keiner das Wasser reichen kann und echte Spannung frühestens im Halbfinale der Champions League wieder aufkommt. Was bleibt also in einem Verein, der sich einst das Attribut „FC Hollywood“ redlich verdiente? Richtig! Ein bisschen Gossip, ein bisschen Spekulation. Grabenkämpfe, die es nicht gibt.
40 Minuten hat Karl-Heinz Rummenigge auf der Jahreshauptversammlung gesprochen. Und nicht ein einziges Mal die Vertragsverlängerung seines Trainers erwähnt. Huuuih, was ist denn da los? Wie tief sitzt der Hass bereits? Es ist bekannt, dass es die Vorstandsetage der Münchner liebt, mediale Bamm-Effekte zu erzeugen. Früher sahen diese Effekte so aus, dass nach Miro Klose und Franck Ribery auch noch Luca Toni verpflichtet wurde. Oder unmittelbar nach dem EM-Finale 2012 die Bekanntmachung erfolgte, dass Matthias Sammer neuer Sportdirektor würde. Heute rummst es schon in den Boulevardblättern, wenn „Killer-Kalle“ eine Vertragsverlängerung nicht verkünden kann – und deshalb auch nichts darüber sagt.
Die Furcht vor der Premier League
Aber dokumentiert die Reaktion der Medien auf die unbeantwortete Frage bei der Personalplanung nicht auch die Verunsicherung der Journalisten? Wenn der steinreiche Liga-Krösus es schafft, jedes Jahr neue Rekordzahlen zu verkünden, wieso in drei Teufels Namen gelingt es denen nicht auch, ihren genialischen Übungsleiter zur Vertragsverlängerung zu überreden? Zwischen den Zeilen spürt man die Furcht vor den neuen Möglichkeiten in der Premier League, wo die Vereine ab nächster Saison etwa drei mal so viel TV-Geld erlösen wie die Bundesligisten.
Der Fall Guardiola ist auch ein Lakmustest, wie wertig und attraktiv die deutsche Eliteliga auf Sicht für internationale Spitzenkräfte des Fußballs erscheint. So wie seine Verpflichtung im Jahr 2013 für die gesamte Spielklasse ein Selbstbewusstseinsschub war, so sehr verunsichert nun das Zögern des Katalanen. Man fürchtet offenbar, auf internationalem Parkett eben doch nicht ganz die Strahlkraft zu besitzen, die sich hierzulande die Liga und sein Branchenprimus gerne zuspricht. Frei nach dem Motto: Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen auch die Zwerge Schatten.