Heute vor 15 Jahren lieferten sich die Schweiz und die Ukraine im WM-Achtelfinale das vielleicht schlechteste Fußballspiel aller Zeiten. Die Schweizer verschossen einen Elfmeter nach dem anderen – und danach wurde alles noch schlimmer.
„Hallo, hier ist Radio 100,6 Motor FM“, sagte die Stimme am anderen Ende der Leitung. Häh? „Radio 100,6 Motor FM.“ Das konnte nicht sein, ich musste noch schlafen. „Heute ist Schaar dran“, nuschelte ich und wollte schon auflegen. „Schaar geht aber nicht ans Telefon“, sagte der Typ, „und du bist in 30 Sekunden auf Sendung. Ich leg dich mal gerade auf Leitung zwei.“
Mich durchfuhr ein Adrenalinstoß, als würde ich im Juni 1944 über einem Strand in der Normandie abgeworfen. Normalerweise ist es keine gute Idee, wenn man morgens vor dem zweiten Kaffee das Wort an mich richtet, aber jetzt war da wohl nichts mehr zu machen. Mit dem Telefon in der Hand sprang ich aus dem Bett, warf mich aufs Sofa und schlug mir ungefähr ein Dutzend Mal mit der flachen Hand ins Gesicht. Dann gab ich das Interview, und bereits in der Sekunde, als ich aufgelegt hatte, konnte ich mich an kein Wort erinnern.
Hatte ich mich um Kopf und Kragen geredet? Natürlich hatte ich mich um Kopf und Kragen geredet. Mein einziger Trost war, dass diese komischen Spartensender ja doch kein Schwein hört. Als ich wenig später die Wohnung verließ, traf ich im Treppenhaus meinen Nachbarn. Er grinste nur scheel und sagte: „Reibekuchen, so, so…“
Mein Gesicht wurde so tiefrot wie das meines Mitbewohners, nachdem er sich einst schlafwandelnd aus dem Bett erhoben und im Beisein seiner Freundin über den Fernseher hinweg auf den Heizkörper gepinkelt hatte. „Was tust du da?“, hatte die Freundin entgeistert gefragt. „Ich pisse“, hatte der schlafende Mitbewohner erwidert. „Du pinkelst auf deinen Fernseher“, hatte die Freundin gesagt. „Ich kann tun, was ich will, Mama“, lautete die Antwort des Mitbewohners.
Dann erwachte er und wünschte augenblicklich, er wäre niemals geboren worden.