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Kopie von QUADRAT 1 1 für Hochformate 10

An vielen tra­di­tio­nellen Fuß­ball­stand­orten reagieren Ver­lags­häuser auf die Print­krise mit Ein­spa­rungen, zuletzt beim Weser-Kurier in Bremen. Zugleich kennen wir aber so viele Kol­legen, die dem Job des Fuß­ball­re­por­ters mit so unbän­diger Lei­den­schaft nach­gehen, dass wir der gras­sie­renden Melan­cholie etwas ent­ge­gen­setzen wollten. Also baten wir alt­ge­diente Reporter und Repor­te­rinnen, von ihrem Traumjob zu erzählen. Die Ergeb­nisse lest ihr in 11FREUNDE #230. Ab Don­nerstag am Kiosk und schon jetzt hier bei uns im Shop.

Ich hatte schon immer eine Sport­meise. Trotzdem fing ich bei der Zei­tung zunächst als Feuil­leton-Jour­na­list an. Ich konnte näm­lich auch ganz gut Kla­vier spielen. Durch einen Zufall ergab es sich aber, dass bei uns der Fuß­ball besetzt werden musste. Ein Glücks­fall! Denn so konnte ich alles ver­einen: Die Begeis­te­rung für den Sport, meine Neu­gier und meine Bega­bung, den Leuten etwas zu erzählen.

Beson­ders gerne habe ich Inter­views gemacht. Rede und Gegen­rede, das war immer mein liebstes Format. Der beste Gesprächs­partner war Willi Fischken“ Mult­haup, der Trainer von Wer­ders erster Meis­ter­mann­schaft. Von ihm habe ich unglaub­lich viel über Fuß­ball gelernt. Er hatte die Ange­wohn­heit, die Jour­na­listen in einer Kneipe zu ver­sam­meln, ihnen Bier aus­zu­geben und stun­den­lang mit ihnen zu schna­cken.

Auch Fritz Langner war ein guter Typ. Der wohnte prak­tisch im Weser­sta­dion. Abends nach dem Trai­ning lud er uns noch in sein Zim­mer­chen ein und zeigte uns, wie man den Ball auf dem Knie tanzen lässt. Es waren gol­dene Zeiten. Wir konnten im Grunde machen, was wir wollten.

Reh­hagel war am schlimmsten“

Nur mit Otto Reh­hagel war es schwierig. Wir konnten uns über­haupt nicht leiden. Als es unter ihm um Werder schlecht stand, war ich Gast in einer Fern­seh­runde. Dort sagte ich, ich könnte mir nicht vor­stellen, dass die Mann­schaft gegen den Trainer revol­tiert, weil sie intel­lek­tuell gar nicht in der Lage wäre, diesen starken Mann in Bedrängnis zu bringen. Das brachte mir großen Ärger ein. Vor allem vom Vor­stand, aber Reh­hagel war am schlimmsten. Er atta­ckierte mich: Ich hätte seine Mann­schaft als zu doof“ und als Befehls­emp­fänger“ hin­ge­stellt. Ich sollte mich dann bei der Mann­schaft ent­schul­digen. Da sagte ich: Nur, wenn Reh­hagel nicht dabei ist, den habe ich schließ­lich gar nicht belei­digt! 

Rune Bratseth, der dama­lige Kapitän, beor­derte mich dann in die Kabine. Ich unter­hielt mich dort eigent­lich seht nett mit den Spie­lern. Bis auf einmal die Tür auf­ging und Otto her­einkam. Er schrie wie ein abge­sto­chenes Schwein: Uner­hört!“ Unge­fähr fünf Minuten lang brüllten wir uns gegen­seitig an. Denn auch ich schmierte ihm aufs But­ter­brot, was er sich gegen­über Kol­legen geleistet hatte. Er hat so einige Jour­na­listen in die Ver­zweif­lung getrieben, einige sind unter ihm regel­recht zusam­men­ge­bro­chen.

Rudi Assauer war einer der anstän­digsten und fairsten Men­schen, die ich je ken­nen­ge­lernt habe“

Doch ich wurde für mein Durch­hal­te­ver­mögen auch belohnt: Ich durfte lange in der Bremer Alt-Herren-Mann­schaft spielen, mit Leuten wie Horst-Dieter Höttges, Pico Schütz und Rudi Assauer. Assauer! Der hat mich über­haupt erst in diesen Kreis hin­ein­ge­holt. Er war ein großes Vor­bild für mich, von ihm habe ich im Umgang mit Leuten und in Sachen Läs­sig­keit viel gelernt. Er war einer der anstän­digsten und fairsten Men­schen, die ich je ken­nen­ge­lernt habe. Er hat nie schlecht über Leute geredet, wenn es nicht ange­bracht war. Er war immer kor­rekt, auch im Umgang mit Jour­na­listen. Wenn er einem ver­traute, konnte man mit ihm Pferde stehlen. Ihm habe ich sogar Ten­nis­spielen bei­gebracht, denn darin war ich besser als er.

Fan von Werder Bremen war ich wäh­rend meiner beruf­li­chen Lauf­bahn aller­dings nie. Ich habe den Verein ver­lieren sehen, ich habe ihn siegen sehen. Absteigen und wieder auf­steigen. Aber ich habe stets die Distanz gewahrt. Ich habe mich immer als Partner ver­standen, nicht als Fan. Zu meinem Abschied habe ich aller­dings von Werder eine Dau­er­karte auf Lebens­zeit erhalten. Die nutze ich häufig. Seitdem ich kein Jour­na­list mehr bin, kann ich sagen: Ich bin Fan geworden. In der ver­gan­genen Saison habe ich so richtig mit­ge­litten.

Im ersten Jahr meines Ruhe­standes bin ich aus alter Gewohn­heit noch zu den Pres­se­kon­fe­renzen gegangen. Irgend­wann habe ich aber gemerkt, dass ich dort nicht mehr hin­ge­höre. Das wurde dann immer weniger. Jetzt bin ich nur noch Fan. Nur den Kaffee und Kuchen im Pres­se­raum, den gönne ich mir noch.