Southampton schlägt den amtierenden Meister aus Liverpool und steht überraschend auf Platz 6. Doch in der zweijährigen Amtszeit von Ralph Hasenhüttl gab es auch ganz andere Zeiten. Über den Glauben der Saints an ihren leidenschaftlichen Trainer und den Southampton Way.
Durch die Systemumstellung blühte insbesondere James Ward-Prowse auf, der ins Zentrum rückte, wo er seine spielgestalterischen Fähigkeiten nun besser einsetzen kann. Seine Freistöße gehören mittlerweile zu den gefürchtetsten in der Premier League. Im Sommer verlängerte das Eigengewächs, das seit 2003 und damit seit seinem achten Lebensjahr für Southampton spielt, seinen Vertrag mit den Saints vorzeitig bis 2025. Doch so selbstverständlich ist diese Entwicklung nicht.
Als Ralph Hasenhüttl bei Southampton anfing, war Ward Prowse gewissermaßen auf dem Abstellgleis gelandet. Unter Vortrainer Mark Hughes spielte er einzig in einem Ligaspiel über die volle Spielzeit. „Bevor er (Hasenhüttl, d. Red.) hierherkam, befand ich mich in einer schwierigen Situation […]. Er kam herein und führte ein gnadenloses Gespräch mit mir, in dem er ansagte, was er von mir erwartet und was ich leisten muss, um in der Mannschaft zu spielen.“ Hasenhüttls feinsinniges Gespür für die diffizilen Situationen einzelner Spieler haben schon andere vor Ward-Prowse hervorgehoben. „Das hat mir wirklich sehr geholfen, es war klar, was er wollte“, wird Ward-Prowse auf der Vereinsseite nach seiner Vertragsverlängerung zitiert.
James Ward-Prowse steht exemplarisch für die berühmte Nachwuchsarbeit der Saints. Das englische Eigengewächs ist im Begriff, sich in eine Liste von Spielern einzureihen, die Southamptons Ruf als erfolgreiche Nachwuchs- und Jugendakademie begründet. Spieler wie Gareth Bale, Theo Walcott und Alex Oxlade-Chamberlain stiegen bereits aus dem Nachwuchsbereich zu den Profis auf und von hier aus auf die große Fußballbühne auf. Hasenhüttl hat es verstanden, diese Tradition, die strategische Arbeit und Mut bedeutet, erfolgreich fortzuführen und hierüber einen langfristigen und nachhaltigen Plan zu verfolgen. Einen, der Southampton seit jeher auszeichnet: Spieler zu entwickeln und sich zu keinen wahnwitzigen Ausflügen auf dem Transfermarkt hinreißen zu lassen.
Seit seinem Amtsantritt integriert Hasenhüttl junge Talente aus dem Nachwuchs in den Profikader. Nathan Tella, Dan N’Lundulu, Yan Valery und Will Smallbone stammen allesamt aus der eigenen Jugend und werden vom Österreicher langsam an die erste Mannschaft herangeführt, indem er ihnen gezielt Einsatzminuten gibt. Dabei achtet er streng darauf, die jungen Spieler nicht dem Haifischbecken der gefräßigen Medien auszusetzen. Stattdessen verfolgt er mit Southampton einen anderen Weg, der die konsekutiven Schritte auf dem Weg zum Profi-Dasein im Blick behält und damit auch die Psyche der Heranwachsenden berücksichtigt.
Ralph Hasenhüttl hat den FC Southampton wieder zu einer Mannschaft gemacht, die in der Premier League für Furore sorgt. Damit hat der Österreicher unweigerlich die Scheinwerfer auf sich gerichtet. Auf Fan-Pages und Social-Media-Kanälen wird der Trainer aus der Steiermark gefeiert. Nicht zuletzt aufgrund seiner ehrlichen und emotionalen Art, wie sie am Wochenende nach dem Schlusspfiff im St Mary’s Stadion zu sehen war. „Er ist sehr leidenschaftlich“, sagte auch Stürmer Danny Ings nach dem Spiel. Der Klub aus der südbritischen Hafenstadt hat mit Hasenhüttl einen Trainer, der wie kaum zweiter vor ihm den Southampton Way versteht und lebt. Das kann einen schon einmal zu Tränen rühren.