Southampton schlägt den amtierenden Meister aus Liverpool und steht überraschend auf Platz 6. Doch in der zweijährigen Amtszeit von Ralph Hasenhüttl gab es auch ganz andere Zeiten. Über den Glauben der Saints an ihren leidenschaftlichen Trainer und den Southampton Way.
Erst in der 92. Minute beginnt Ralph Hasenhüttl, daran zu glauben. Wenige Sekunden später wird der Traum wahr. Southampton schlägt Liverpool mit 1:0 zuhause im St. Mary’s Stadion. Erst in der 92. Minute habe er gedacht: „Okay, das kann etwas für uns werden“, sagt er nach dem Spiel. Der österreichische Trainer von der britischen Südküste fällt auf die Knie, ihm schießen Tränen in die Augen. Im Anschluss führt er die Reaktion augenzwinkernd auf äußere Umstände zurück: „Because of the wind!“ Co-Moderator Alan Smith von Sky Sport resümiert: “It’s been blood, sweat and tears for Southampton tonight.” Churchills paraphrasierte Redewendung von Blut, Schweiß und Tränen brachte nicht nur jenes Spiel auf den Punkt, in dem Southampton eine vor allem defensiv starke Leistung zeigte. Diese Formel könnte auch die bisherige Amtszeit von Ralph Hasenhüttl bei den Saints betiteln.
Die Saints, das ist der Spitzname für den FC Southampton, den Klub von der britischen Südküste. Der Name geht auf die Gründungsmitglieder der St. Mary’s Church of England Young Men’s Association zurück. Und etwas Religiöses hat sich der Klub seither bewahrt. Der Glaube an den Verein, an die Tradition, an den eigenen Weg und nicht zuletzt der Glaube an bessere Zeiten, auch wenn vordergründig nichts darauf hinzudeuten scheint. Weniger pathetisch in die Neuzeit übersetzt würde man das vielleicht Vertrauen nennen und dieses war Ralph Hasenhüttl auch in den schwierigsten Zeiten sicher – von der Klubführung bis zu den Fans.
Am 6. Dezember 2018 trat der österreichische Coach sein Engagement bei den Saints an. Unter den Fans kannten ihnen die wenigsten, die meisten haderten schon mit der Aussprache seines Namens. Schnelle Beliebtheit erlangte Hasenhüttl, als er den Fans beim ersten Heimspiel 19.000 Freibier versprach. Doch bestechen musste er die Anhänger der Saints beileibe nicht. Von Anbeginn begeisterte Hasenhüttls Auftritt und sein aggressiver Spielstil, der viele an Jürgen Klopp erinnerte. Mit diesem aufgestülpten Image konnte er sich nicht anfreunden. Ralph Hasenhüttl würde seinen eigenen Weg gehen.
Die Premierensaison beendete der Österreicher mit seinem Team auf Platz 16 und hielt damit die Klasse. Die neue Saison startete dürftig, was am 25. Oktober 2019 zu allem Überfluss in eine historische Niederlage gipfelte. Der FC Southampton kassiert gegen Leicester City mit 0:9 die höchste Heimniederlage in der englischen Premier League-Geschichte. Nach diesem 10. Spieltag hatten die Saints gerade einmal acht Punkte und standen damit auf Platz 18 in der Tabelle. Den Glauben verloren sie trotzdem nicht. Bemerkenswert ist, dass die Klubführung auch nach dieser Schmach weiterhin auf den österreichischen Trainer setzte. Doch vielmehr als das Heimdebakel verdeutlicht die Reaktion auf die darauffolgenden drei Niederlagen, wie sehr der Verein dem Mann aus der Steiermark vertraut. Ralph Hasenhüttl sollte eine nachhaltige Entwicklung im Klub vorantreiben: The Southampton Way.
Hasenhüttl stellte sein System von einer Dreierkette auf ein klassisches 4−4−2 um. Southampton begann nun, den Fußball zu spielen, für den Hasenhüttl schon zu seinen Zeiten in Leipzig und Ingolstadt gefeiert wurde. Aggressives Pressing und schnelles Umschaltspiel. Die Mannschaft spielte furios auf, schlug in der Folge unter anderem Leicester, Chelsea und Tottenham und beendete die Saison auf Platz 11.