Bei seiner Ankunft war Michael Langer klar, dass er wohl niemals in einem Pflichtspiel das Schalker Tor hüten wird. Für die Königsblauen ist er in den aktuellen Chaoswochen wichtiger denn je.
Eigentlich hätte sich Alexander Nübel mächtig ärgern können, als der feiernde Luka Jovic an ihm vorbeirannte. Die neue Nummer Eins auf Schalke ist mit gerade einmal zwölf Bundesligaeinsätzen bereits für seine herausragenden Reflexe berüchtigt. Wie schon gegen Hannover zuckten Nübels Hände auch gegen die Frankfurter wieder und wieder in die richtige Richtung. Doch in der allerletzten Minute kam ihm eine andere Hand zuvor: Die von Daniel Caligiuri. Weshalb Schiedsrichter Sascha Stegemann gezwungenermaßen nur der Elfmeterpfiff blieb. Anlauf. Tor. Und der Jovic-Jubellauf.
Nie allein
In diesen Sekunden waren all die Glanzparaden Nübels egalisiert, Schalke stand zum 16. Mal in der Saison ohne Punkte da. Von Wut war im Gesicht des 22-Jährigen nichts zu sehen, vielmehr blickte er konsterniert seine Kollegen an. Wie konnte das noch passieren?
Nun heißt es oft, das Fußballgeschäft sei kalt und schnelllebig. Wer mit solchen Momenten hadere, könne direkt seine Torwarthandschuhe behutsam in seine Sporttasche legen und die letzten Spieltage vor dem Fernseher verbringen. Doch Alexander Nübel wird in solchen Momenten nicht allein gelassen. Dann wird ein, auf den ersten Blick, unscheinbarer Mann zu einem entscheidenden Faktor im Gelsenkirchener Mannschaftsgefüge: Schalkes dritter Torwart Michael Langer.
Kein Abwarten und Tee trinken
Noch bevor Langer nach solchen emotionalen Schlussminuten mit seiner Arbeit beginnen kann, muss er seine eigene Aufregung erst einmal herunterfahren. „Ich fiebere da extrem mit. Das hat bei mir nicht wirklich was mit genießen zu tun. Bei mir ist eher so, dass ich mehr leide, als wenn ich selber auf dem Platz stehe“, sagt Langer. Vor einigen Wochen gab Englands ehemaliger Nationaltorhüter Robert Green ein Interview über seine Dasein als dritter Torhüter des FC Chelsea. Er sprach darüber, wie er die meisten Spiele erlebe – nach dem gemeinsamen Aufwärmen verschwindet Green direkt in den Katakomben, um sich dann frisch geduscht bei einer Tasse Tee das Spiel anzuschauen.
Ganz anders bei Michael Langer, 34, der mit so viel Empathie das Geschehen verfolgt, dass jedes Heißgetränk in seiner Hand dauerhaft in Gefahr wäre, versehentlich über der gesamten Loge verschüttet zu werden. „Dann springe ich auf, da lebe ich mit. Das ist unser Ding in der Torwart-Gruppe, wir unterstützen uns, als hätten wir den Ball selber gehalten.“