Gegen überragende Portugiesen scheidet Deutschlands U21 sang- und klanglos aus. Auch weil es an der Einstellung mangelt und taktische Experimente scheitern.
Während im Innenraum Portugals Nachwuchsstar William Carvalho mit seinem Teamkollegen Bernardo um die Wette grinste, fand Leonardo Bittencourt in der Mixed Zone deutliche Worte. „Das kann nicht sein. Fünf, sechs Spieler haben keine Normalform gezeigt“, meckerte der Hannoveraner, dem der Frust ins Gesicht geschrieben stand.
„Bei meinem Foul war eine Menge Frust mit dabei.“
Immerhin schloss sich Bittencourt, selber nach seiner Einwechslung zur Pause vom Platz gestellt worden, in die eigene Kritik mit ein: „Bei meinem Foul war eine Menge Frust mit dabei. Schon bei meiner Einwechslung hatte ich einen Puls von 300.“ Ein Frustfoul beim Stande von 0:5, und das auf der großen Bühne: Man kann sicherlich bessere Abende erleben als Fußballer.
Indes: Es hätte auch noch schlimmer kommen können. Gegen die herausragend starken Portugiesen liefen die Deutschen ausschließlich hinterher und wirkten wesentlich weniger frisch. Auch ein 0:7 wäre in Ordnung gewesen, DFB-Präsident Niersbach sprach hinterher von einer „Lehrstunde“. Erklären konnte die Lehrstunde niemand.
„Etwas ist in der Vorbereitung schief gelaufen“
Innenverteidiger Matthias Ginter, ähnlich angefressen wie Bittencourt, blieb im Gespräch mit der Presse vage: „Jeder Spieler muss sich an die eigene Nase fassen, ob er sich bei der Vorbereitung auf dieses Spiel professionell verhalten hat. Etwas ist in der Vorbereitung schief gelaufen. Wir hatten einen Tag mehr Zeit als die Portugiesen, doch sie waren deutlich frischer und aggressiver.“ Also ein Mangel an Einstellung? Bei Nachfragen biss sich der Dortmunder auf die Zunge.
Der Auftritt der an sich so spielstarken U21 legt den Gedanken jedenfalls nahe. Wobei auch die taktischen Maßnahmen Horst Hrubeschs völlig nach hinten losgingen. Den schwächelnden Max Meyer ließ er draußen, zog stattdessen Emre Can hinter die Spitzen und setze Johannes Geiß dafür im defensiven Mittelfeld ein. Can sollte Portugals Ausnahmespieler William Carvalho im Spielaufbau behindern, was nicht klappte. Hinzu war Can selbst einer seiner Stärken beraubt: eben des Spielaufbaus.
Nach 45 Minuten und 0:3 Toren korrigierte sich Hrubesch, nahm Geiß wieder runter und brachte Meyer, der erneut wirkungslos blieb. Alternativen zum Schalker hätte es gegeben. Aber Bundesliga-Stammspieler wie Yunus Malli oder Maximilian Arnold bekamen während des Turniers kaum oder gar keine Spielanteile. „Der Trainer hat nicht mit mir geredet, warum das so war. Natürlich bin ich enttäuscht, wie das Turnier für mich verlaufen ist“, sagte Maximilian Arnold nach der Partie, und schob hinterher: „Aber noch enttäuschter bin ich, dass wir ausgeschieden sind.“
Damit dürfte Arnold nicht alleine dastehen. Die als Mitfavorit ins Turnier gestartete U21 darf nach einer durchwachsenen Gruppenphase und einem desaströsen Halbfinale – samt der höchsten Niederlage, die je eine deutsche U21 kassiert hat – wieder nach Hause fahren. Der vor der EM angestellte Vergleich mit den U21-Europameistern von 2009 hat sich als mindestens eine Nummer zu groß erwiesen.
„Es gibt sicherlich bessere Gefühle, mit denen man aus einem solchen Turnier gehen kann“, ließ Arnold noch wissen. „Aber man muss es nehmen, wie es kommt. Jetzt geht es erstmal in den Urlaub“. Es scheint, dass dieser für manche Spieler bereits vor dem Halbfinale begonnen hatte.