In England beanspruchen Hooligan-Memoiren im Buchhandel längst ebenso viel Platz wie gedruckte Indiskretionen aus dem Königshaus oder bunte Kochbücher von Jamie Oliver. Wer sich Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre besonders martialisch in Szene setzen konnte, lässt sich heute von den Tantiemen die Zähne restaurieren. In der Hochphase der Hooligans war es normal, dass junge Männer ihren Teams quer durch das Vereinigte Königreich folgten und am Ziel einer anderen, größeren Gruppe junger Männer gegenüberstanden, weshalb man alsbald aufeinander zurannte – natürlich auch eine Standardsituation in „Awaydays“.
Mischung aus „Stand By Me“ und „Trainspotting“
Trotzdem ist der Film keine Glorifizierung von Gewalt, sondern zeigt eher die raue Lebenswirklichkeit jener Zeit. Selten ist das spezielle Lebensgefühl so authentisch abgebildet worden wie in Pat Holdens Spielfilm. Basierend auf dem gleichnamigen Bestseller von Kevin Sampson erzählt der Film die Geschichte des 19-jährigen Paul Carty. „Awaydays“ ist eine Story über das Erwachsenwerden, eine gelungene Mischung aus „Stand By Me“ und „Trainspotting“.
Die Handlung ist im Nordwesten Englands angesiedelt, genauer in Wirral, einer Halbinsel gegenüber von Liverpool. Immer wieder sieht man die gleichen trostlosen Züge und Bahnhöfe, ein Zeugnis der frühen Thatcher-Jahre. Die Grundausstattung stimmt, auch bei den Mitgliedern der schlagenden Verbindung: Mindestens genauso wichtig wie der Zusammenhalt innerhalb der Gruppe waren seinerzeit die richtigen Sportschuhe, bevorzugt mit drei Streifen. Paul Carty gerät bei seiner Identitätssuche also an eine ebenso gewaltbereite wie modebewusste Horde. Die Wochenendtrips mit „The Pack“ aus dem Umfeld der drittklassigen Tranmere Rovers werden fortan zur Obsession.
Kundiger Soundtrack
Ebenso kundig wie die Frisuren der Schlachtenbummler ist der Soundtrack gestaltet, ähnlich vergleichbaren englischen Filmen wie „24 Hour Party People“ (2002), „This is England“ (2006) oder „Control“ (2007). Bands wie Gang of Four, Joy Division oder The Jam verkörpern die Post-Punk-Periode. „Anything goes where no-one knows your name“, heißt es in „Young Savage“ von Ultravox, das den Film eröffnet. Besser kann man nicht beschreiben, was eine Auswärtsfahrt jungen Männern verspricht, nicht nur im Jahr 1979.
Wann ihr den Film „Awaydays“ sehen könnt, erfahrt ihr beim 11mm-Filmfestival.