Dortmund diskutiert: Soll aus der Zwischenlösung Peter Stöger eine langfristige Lösung werden? Was dafür und was dagegen spricht.
Stell‘ dir vor, es ist März — und niemand in Deutschland weiß, wer in drei Monaten bei den beiden größten Vereinen des Landes an der Linie stehen wird. Das hätte vor einem Jahr noch wahnwitzig geklungen. Derzeit ist es Realität. Bayern München und Borussia Dortmund fahnden bislang vergeblich nach einem neuen Trainer.
Während die Bayern alles darauf setzen, dass Jupp Heynckes auch noch mit 74 Jahren an der Seitenlinie agiert, stehen die Dortmunder vor einer kniffligeren Frage: Wollen sie überhaupt, dass ihr aktueller Trainer auch ihr zukünftiger ist? Die Debatte um Peter Stöger ist in vollem Gange. Zeit für eine kleine Entscheidungshilfe. Hier kommen die Gründe, die für und gegen eine Vertragsverlängerung mit Stöger sprechen.
Pro: Die Ergebnisse
Fußball ist ein Ergebnissport. Beim Fußball-Talkshows mag man dafür fünf Euro ins Phrasenschwein werfen müssen — die Aussage wird dadurch aber nicht weniger wahr. Stöger hat die Ergebniskrise unter Peter Bosz gestoppt und den Verein in sicheres Fahrwasser zurückgeführt.
In der Bundesliga ist der BVB unter Stöger noch ungeschlagen. In der Europa League führte er sie in die Runde der letzten 16. Die einzige Niederlage gab es gegen die übermächtigen Bayern im Pokal. Die Bilanz spricht klar für Stöger.
Kontra: Die Ergebnisse hinter den Ergebnissen
Ja, Stögers Dortmunder sind in 2018 noch ungeschlagen. In acht Spielen holten sie 14 Punkte bei 11:7 Toren. Aber: Gegen dieselben Gegner holte auch Bosz zu Saisonbeginn Punkte — sogar mehr als Stöger. Unter ihm startete der BVB mit 19 Punkten und 23:5 Toren in die Saison. Die schweren Gegner, an denen Bosz scheiterte, kommen erst noch. So muss Dortmund noch gegen sechs der acht übrigen Mannschaften aus der oberen Tabellenhälfte antreten.
Auch wenn man auf die Daten blickt, ergibt sich ein differenziertes Bild. Dortmund lässt unter Stöger zwar weniger Chancen zu als unter Vorgänger Bosz. Allerdings erarbeiten sie sich auch weniger Möglichkeiten. So lassen sie unter Stöger mehr Schüsse des Gegners zu, als sie selbst abgeben (89 zu 94 Schüsse, davon 25 zu 39 aufs Tor). Das gab es seit einem Jahrzehnt nicht mehr in Dortmund. Stöger profitiert auch von der schwachen Chancenverwertung der Gegner.
Pro: Defensive Stabilität und Kontergefahr
In einer Disziplin hat Stöger die Dortmunder klar verbessert: Die bereits erwähnten 94 zugelassenen Schüsse im Jahr 2018 sind ein überdurchschnittlich guter Wert. Unter Stöger mögen die Dortmunder weniger früh pressen. Sie ziehen sich häufiger in 4−1−4−1− oder 4 – 4‑1 – 1‑Staffelungen an den eigenen Strafraum zurück. Nur vereinzelt rücken sie vor, um den Gegner früh zu stellen. Gerade nach Führungen verharren sie über relativ lange Zeit am eigenen Strafraum.
Diese etwas passivere Spielweise führt im Dortmunder Fall aber zu höherer defensiver Stabilität. Die Spieler beteiligen sich an der eigenen Defensive, ziehen sich weit zurück. Dortmund forciert auch stärker das Konterspiel als in den vergangenen Jahren. Besonders einzelne Spieler profitieren von der neuen Ausrichtung: Andre Schürrle fühlt sich im Konterstil eines Stögers wesentlich wohler als unter Thomas Tuchels oder Peter Bosz‘ Ballbesitz-orientiertem Ansatz. Zuletzt band sich auch der pfeilschnelle Marco Reus gut in das Konstrukt ein.