Glückliches Bielefeld: Innerhalb eines Jahres verlor die Arminia fast 30 Millionen Euro Schulden. Wie das passieren konnte? Mit der „ostwestfälischen Antwort auf 50+1“.
Die Fans von Arminia Bielefeld wissen derzeit nicht, ob sie lachen oder weinen sollen. Wenn der Zweitligist an diesem Spieltag gegen den MSV Duisburg antritt, dann werden die skeptischen Mienen in der Überzahl sein. Schließlich sind die Bielefelder seit sieben Pflichtspielen ohne Sieg, haben sechs davon verloren, sind sang- und klanglos aus dem DFB-Pokal ausgeschieden und in der Liga von Platz 6 auf Platz 14 durchgereicht worden. Jenseits der sportlichen Krise jedoch hat sich in den letzten Wochen auf der Alm eine Art vorzeitiges Weihnachtswunder ereignet. Denn mit dem Verkauf des traditionsreichen Stadions hat der Verein sein Sanierungskonzept zum Abschluss gebracht und ist nach Aussage seines Geschäftsführers Markus Rejek nunmehr „netto-finanzschuldenfrei“.
Dabei sah es noch vor einem Jahr so aus, als gingen beim seit vielen Jahren chronisch klammen DSC endgültig die Lichter aus. 29 Millionen Euro Bilanzschulden, dazu ein drohender Fehlbetrag von über 4,5 Millionen Euro in der laufenden Saison: Das sind Zahlen, die schon den Verantwortlichen größerer Klubs den Angstschweiß auf die Stirn treiben können. Für die Bielefelder schien es, nach einer längeren Zeit des Darbens am Existenzminimum, das endgültige Aus zu sein. Eine Insolvenz und der damit verbundene Lizenzentzug waren kurz vor Weihnachten 2017 jedenfalls mehr als wahrscheinlich.
„Die ostwestfälische Antwort auf 50+1“
Seitdem jedoch hat in Ostwestfalen, nahezu unbemerkt von der überregionalen Öffentlichkeit, eine der spektakulärsten Entschuldungen im deutschen Profifußball stattgefunden. Während ein ostdeutscher Traditionsverein wie Rot-Weiß Erfurt gerade wegen eines vergleichsweise moderaten sechsstelligen Fehlbetrages vor die Hunde zu gehen droht, befreiten sich die Bielefelder mittels des klubintern „Projekt Hermann“ genannten Schuldenabbaus innerhalb eines Jahres von fast ihrer gesamten Finanzlast – insgesamt annähernd 30 Millionen Euro. Da werden sich fortan bestimmt auch alle anderen Vereine, denen das Wasser bis zum Hals steht, hoffnungsvoll fragen: Wie zum Geier haben die Arminen das gemacht?
Ja, wie haben sie? Des Rätsels Lösung nennt Geschäftsführer Rejek nicht weniger als „die ostwestfälische Antwort auf 50+1“. Dazu muss man wissen, dass die Region, aus der der permanent unterfinanzierte DSC Arminia kommt, wirtschaftlich durchaus prosperiert. Nun formierten sich einige der dort ansässigen Global Player – darunter bekannte Namen wie der Oetker-Konzern, Melitta und der Spielhallenbetreiber Gauselmann – zum „Bündnis OWL“, um dem Verein aus der Patsche zu helfen: ungeachtet der Tatsache, dass der sich, vor allem durch einen größenwahnsinnigen Tribünenneubau, selbst dort hineinmanövriert hatte.