Best of 2018: Fassungslosigkeit, Schock, Entsetzen: Nach dem schlimmen Anschlag auf Neymars Knöchel muss sich die Fußballwelt neu sortieren. Kann man solche Tragödien künftig verhindern?
Bestürzt zeigte sich auch Neymars engeres Umfeld. Seine Laientheatergruppe „Los Simulantes del Toque“ führte spontan ein Trauerspiel auf, in Neymars Geburststadt Mogi da Cruzes zogen erschütterte Fans in einem Trauermarsch zur Statue des berühmtesten Sohns der Stadt zogen, die derzeit allerdings wegen Statikproblemen des Fundaments abgesperrt ist.
Und die Weltmeisterschaft? Dem bislang so erfolgreich verlaufenden Turnier wird die Extraklasse des Brasilianers sicherlich fehlen, Neymar spielte bis dato ein Turnier auf absolutem Top-Niveau. Bereits in der Gruppenphase hatte er seine herausragende Klasse wieder und wieder unter Beweis gestellt. Nach einer Grätsche im Vorrundenspiel gegen die Schweiz kam Neymar auf atemberaubende 28 463 Drehungen und stellte damit einen neuen WM-Rekord auf. Auch seine formvollendete Schwalbe sowie die absolut überhaupt nicht übertriebenen oder gekünstelt wirkenden Freudentränen beim 2:0 gegen Costa Rica werden den Fans in wohliger Erinnerung bleiben.
Augen aus der Höhle gekratzt?
Der brasilianische Verbandspräsident kündigte eine umfassende Untersuchung an. Denn auch wenn es bislang Gerüchte sind, wird diskutiert, ob Neymar im Achtelfinale überhaupt hätte spielen dürfen. So gab es anscheinend bereits vor der Partie in der Kabine große Aufregung, als Neymar sich aus Versehen ein wenig Hautcreme ins Auge gerieben hatte. Erste Meldungen, wonach sich der Superstar das Auge vor lauter Schmerzen kurzerhand selbst aus der Höhle gekratzt hatte, erwiesen sich glücklicherweise als falsch.
Die notärztliche Versorgung griff, und nur Neymars einmaligem Kämpferherz ist es zu verdanken, dass er tatsächlich spielen konnte. Doch dann der nächste Schock: Beim Warmmachen flog Neymar eine Fliege vor die Brust, eine schwere Rippenprellung war die Folge. Und auch beim Mannschaftsfoto gab es Probleme: Der Fotograf hatte vergessen, den Blitz auszustellen, die Druckwelle schleuderte Neymar mehrere Meter nach hinten, wo er bewusstlos liegen blieb. War es nicht unverantwortlich, Neymarderart lädiert spielen zu lassen?
Fahnen auf Halbmast
Obschon es auch stimmt, dass Neymar im Spiel selbst wie so oft eine tadellose Leistung zeigte. Für viele Beobachter, vor allem aus der Theaterszene, war der Brasilianer mal wieder der beste Spieler auf dem Platz. Auch die Statistiker sahen ihn in den wichtigen Kategorien wie etwa „Diskussionen mit dem Schiedsrichter pro Minute“, „Selbstverliebtheit“, „unnötige Übersteiger“ und „Umfall-Schnelligkeit“ vorne.
Sportliche Sternstunden, die nun vorerst der Vergangenheit angehören. Aus dem engsten Umfeld Neymars hieß es, dass er so schnell es geht in ein Krankenhaus in der Heimat überstellt werden soll. Es sei allerdings nicht so leicht, ein Krankenbett zu finden, das die ständigen Dreh- und Wälz-Bewegungen des 26-Jährigen aushalte. Auch habe man die brasilianische Regierung gebeten, die auf Halbmast wehenden Fahnen abzuhängen. Ihre im Wind zitternde Bewegung, so hieß es, erinnere die Familie zu sehr an ihren geliebten Neymar.