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Bei den großen Fuß­ball­ver­bänden dauert es manchmal etwas länger, bis Dinge ins Laufen kommen. Gerade wenn es um die Gemenge­lage von Politik und Fuß­ball geht. Viel­leicht weil die Funk­tio­näre Sorge haben, Fehler zu machen. Viel­leicht weil die Pro­zesse unzäh­lige Geneh­mi­gungs- und Ent­schei­dungs­in­stanzen durch­laufen müssen.
 
Die Schalt­zen­tralen des Fuß­balls wirken, zumin­dest für Außen­ste­hende, oft­mals wie kaf­ka­eske Rie­sen­ap­pa­rate, bei denen am Ende eines Besuchs mehr Fragen als Ant­worten bleiben. So wie diese Woche, als die DFL in einer Pres­se­mit­tei­lung ver­kün­dete: Pro­fi­fuß­ball unter­stützt Flücht­linge“. Eine an sich groß­ar­tige Aktion, wenn da nicht dieser fade Bei­geschmack wäre.
 
Aber der Reihe nach.
 
Seit meh­reren Monaten tragen Fans wieder ver­mehrt poli­ti­sche Bot­schaften in die Sta­dien, sie prä­sen­tieren Refu­gees Welcome“-Banner oder Kein Mensch ist illegal“-Doppelhalter. Sie setzen sich in ihren Kurven mit dem Flücht­lings­thema aus­ein­ander, spontan und direkt, ohne große Firmen und Spon­soren im Rücken. Fuß­ball ist eben nicht nur Fuß­ball, son­dern auch Politik.

Mein Freund ist Aus­länder“
 
Viele Bun­des­li­ga­klubs haben in den ver­gan­genen Wochen eben­falls auf das Thema reagiert. Sie sam­melten Geld­spenden, orga­ni­sierten Bene­fiz­spiele oder riefen öffent­lich­keits­wirksam zur Soli­da­rität mit Flücht­lingen auf. Manchmal hechelten sie dem Thema wie einem PR-Trend hin­terher, oft aber waren die Aktionen durchaus löb­lich. Aus­sa­ge­kräf­tiger jeden­falls als vor 20 Jahren noch. Und ja, auch die DFL und der DFB waren nicht tatenlos. Die Ver­bände trugen in den ver­gan­genen Jahren mit zahl­rei­chen Anti-Dis­kri­mi­nie­rungs­kam­pa­gnen auch ihren Teil dazu bei, dass das stumpfe und frem­den­feind­liche Klima der acht­ziger und neun­ziger Jahre in den meisten Bun­des­li­ga­sta­dien einer bunten Kurve gewi­chen ist. In diesem Jahr etwa im März, als der 26. Spieltag unter dem Inte­gra­ti­ons­motto Mach einen Strich durch Vor­ur­teile“ statt­fand. Oder Anfang August, als die DFL die ersten Will­kom­mens­bünd­nisse für Flücht­linge ins Leben rief.
 
Das tat sie ohne großes Bohei, und man konnte diese Unauf­ge­regt­heit gut finden. Ande­rer­seits fragte man sich gerade zuletzt, ob es nicht sinn­voller sei, offen­siver auf die aktu­ellen Gescheh­nisse zu reagieren. Was es zum Bei­spiel für ein kraft­volles Zei­chen wäre, wenn die Liga ihre Klubs anhalten würde, einen Spieltag auf Tri­kot­wer­bung zu ver­zichten und statt­dessen ein expli­zites Zei­chen gegen Frem­den­hass zu setzen. So wie im Sommer 1993, als die Bun­des­li­ga­teams den Schriftzug des Spon­sors durch den Slogan Mein Freund ist Aus­länder“ ersetzten und so Stel­lung zu den frem­den­feind­li­chen Aus­schrei­tungen von Ros­tock-Lich­ten­hagen bezogen.

Hermes“ ver­zichtet auf eigenes Logo
 
Am Montag hat die DFL also reagiert. So wirkt es jeden­falls für Außen­ste­hende, denn die Liga infor­mierte in jener Pres­se­mit­te­lung Pro­fi­fuß­ball unter­stützt Flücht­linge“, dass die Bun­des­li­ga­teams am kom­menden Wochen­ende das Logo der Bild“-Aktion Wir helfen – #refu­gees­wel­come“ auf dem Tri­ko­t­ärmel tragen werden. Somit werde für eine aktive Will­kom­mens­kultur in Deutsch­land geworben“.
 
Aber die Sache ist natür­lich wieder ein wenig kom­pli­zierter. Auf Nach­frage ver­weist die DFL näm­lich auf ihren Pre­mi­um­sponsor Hermes“, dessen Logo nor­ma­ler­weise diesen Platz am Ärmel ein­nimmt. Am kom­menden Spieltag werde also Hermes“ für jenes Wir helfen“-Logo der Bild“-Zeitung auf die Abbil­dung des eigenen Logos auf dem Tri­ko­t­ärmel“ ver­zichten. So wie in der ver­gan­genen Saison, als das Logis­tik­un­ter­nehmen an einem Spieltag das eigene Logo durch das der Deut­schen Krebs­hilfe ersetzte.

Trotzdem bleiben meh­rere Unklar­heiten. Denn zum einen wirbt die DFL mit der Aktion, ande­rer­seits erklärt sie aber, dass die Hoheit über die Inhalte, die über den Wer­be­platz auf dem Ärmel prä­sen­tiert werden, alleine bei dem Sponsor liegt. So oder so stellt sich die Frage, ob die Ent­scheider nicht ein wenig mehr Fin­ger­spit­zen­ge­fühl bei der Wahl des Part­ners hätte beweisen müssen.

Ob also eine Zei­tung, die in den ver­gan­genen Jahren nicht gerade für eine herz­liche deut­sche Will­kom­mens­kultur stand, der rich­tige Partner für so eine Aktion ist. Eine Zei­tung, die noch vor wenigen Monaten mit Schlag­zeilen wie dieser Stim­mung machte: Sani­täter tragen Schutz­westen aus Angst vor Atta­cken im Asyl-Hotel“ (8. Sep­tember 2014). Oder dieser: Rentner raus, Flücht­linge rein“ (11. März 2014). Und die regel­mäßig voller Sorge fragt, wie viel Euro im Monat ein Asyl­be­werber von der Bun­des­re­pu­blik bekommt, wäh­rend die deut­schen Hartz-IV-Emp­fänger kaum noch Brot­krumen zum Leben haben. Nun hat sich die Bild“ also die Hilfe für Flücht­linge auf die Fahne geschrieben. Als wolle man mal eben schnell ein Feuer löschen, das man zumin­dest teil­weise selbst gelegt hat.

Alles ist geplant, powered by
 
Zuletzt zeigt die ganze Aktion, wie weit sich Prot­ago­nisten des Fuß­balls, die Spon­soren und auch die Liga, von so etwas wie Emo­tion, Spon­ta­neität oder Authen­ti­zität ent­fernt haben. Nichts, so scheint es, pas­siert mehr aus einem Gefühl heraus, aus einer Emp­fin­dung, dass etwas gut ist und man sich des­wegen ein­fach mal unge­fil­tert und unge­branded dafür enga­giert. Alles ist geplant, alles ist kal­ku­liert, powered by. Selbst ein Thema wie refu­gees wel­come“.
 
Und selbst wenn Hermes“ unab­hängig von der DFL die Bild“-Kooperation ein­ge­gangen ist, strahlt sie nach außen wie eine gemein­same Aktion. Kai Diek­mann bedankte sich jeden­falls am Diens­tag­morgen. Nicht bei Hermes“, son­dern bei der Liga: Was für eine groß­ar­tige Geste! Danke, liebe @bundesliga_de“, twit­terte der Bild“-Chefredakteur. Wobei man nicht so recht wusste, ob er sich bedankte, weil sich die Bun­des­liga für Flücht­linge ein­setzt – oder weil er es so toll findet, dass am Wochen­ende mehr als 400 Erst- und Zweit­li­ga­spieler Wer­bung für seine Zei­tung machen.