Der CF Reus wurde aus Spaniens Profi-Fußball ausgeschlossen, weil er Spielern monatelang Gehälter schuldig blieb – oder doch, weil er aus Katalonien stammt?
Insbesondere Spaniens mächtiger Ligaverbands-Boss Javier Tebas stellt sich seit Jahren gegen jegliche Kundgebungen katalanischer Vereine pro Unabhängigkeit. Tebas drohte sogar, im Falle einer Loslösung von Spanien „könnte Barcelona nicht mehr in La Liga spielen“. Und dann schickte der bekennende Madrilene noch ein persönliches politisches Statement hinterdrein: „Ich möchte nicht über Unmögliches spekulieren, Katalonien wird immer zu Spanien gehören.“ In Reus gehen die Menschen derweil auf die Straße – wie so viele zuletzt in Katalonien. Rund 1.000 Fans versammelten sich am Samstagabend im Stadtzentrum, um gegen den Zwangsabstieg und die dreijährige Verbannung zu protestieren. Motto der Aktion: „Niemand wird uns unsere Träume rauben!“ Das bezog sich auf das sportliche Gedeihen des Klubs.
Doch Fußball und Politik sind dieser Tage kaum zu trennen in der Region. Schließlich wittern die Katalanen nicht nur Benachteiligungen auf dem Rasen und am grünen Tisch, sondern auch in der Bildung, in der Steuerpolitik oder beim Straßenbau. Und so mischten sich schon bald wütende Rufe nach „Unabhängigkeit von Madrid“ in die Kundgebung. Fans und Aktivisten waren nicht mehr auseinanderzuhalten, wobei: Viele Menschen in Reus sind eh beides.
Wieder so ein Verrat aus Madrid!
Kurz vor Weihnachten hatte ihr lokaler Verein, der erst 2016 via Relegation gegen Racing Santander in die 2. Liga aufgestiegen war, den Zwangsabstieg noch in letzter Minute abwenden können. Sechs Spieler, die ihre Gehalts-Rückstände öffentlich gemacht hatten, durften den Verein damals ablösefrei verlassen. Am 21. Januar schien die Schulden-Affäre schließlich bereinigt: Eine US-amerikanische Investmentfirma gab den Kauf des mit rund fünf Millionen Euro belasteten CF Reus bekannt. Nun würde alles gut und sämtliche Außenstände beglichen. Dachte man. Doch scheinbar sind die Investoren um einen gewissen Curtis Onalfo nicht so geldschwer wie zunächst angenommen. Oder sie sind knausrig. Jedenfalls wollten sie die Schulden nicht auf einen Schlag tilgen und womöglich auch nicht zu hundert Prozent. Stattdessen setzten sie auf Gespräche und Verhandlungen.
So, wie es schon x‑mal im spanischen Fußball vonstatten gegangen war. Doch um einen Termin mit Ligaverbands-Boss Tebas bat Onalfo vergeblich. Stattdessen nun das Hammer-Urteil: Abstieg und Ausschluss. Adiós! Dabei hatte kein Geringerer als Spaniens Sport- und Kulturminister José Guirao noch vor wenigen Tagen gönnerhaft erklärt: „Wir werden uns genau anschauen, was die neuen Eigentümer in Reus vorhaben. Und wenn der Klub überlebensfähig ist, darf er in der Liga bleiben.“ Wieder so ein Verrat aus Madrid!, toben nun viele CF-Reus-Fans und erhalten Zuspruch aus ganz Katalonien.
Damit entwickelt sich die Affäre Reus endgültig zum Politikum in dieser zerrissenen und aufgewühlten Provinz im Norden Spaniens. Curtis Onalfo versucht derweil, die Wogen zu glätten und stellt mittelfristig den Wiederaufstieg in Aussicht: „Wir sind gekommen, um zu bleiben. Ich verspüre eine große Hingabe zu diesem Klub, und wir werden alles tun, um ihn wieder dorthin zu bringen, wo er hingehört.“ Vielleicht meint es ja wenigstens der Investor gut mit dem CF Reus.